Girlfriends 04 - Kuess Weiter, Liebling!
sie im Krankenhaus lag. Wahrscheinlich war es viel eher so, dass Sherilyn es noch viel mehr verabscheute, die Liste nicht abarbeiten und Mädchen für alles spielen zu können, als Adele es hasste, genau das zu tun. Trotzdem musste Adele jedes Mal, wenn Sherilyn einen neuen Auftrag auf die Liste setzte, gegen das Bedürfnis ankämpfen, ihr den Bleistift zu entreißen und wie einen trockenen Zweig durchzubrechen. Worauf sie sich wieder schuldig und egoistisch fühlte.
Für heute klappte Adele ihren Laptop zu und betrachtete seufzend die Kartons mit den Babymöbeln und die Tüten mit Babyklamotten und Windeln und Baby ...kram, die das Zimmer verschandelten. An fünfter Stelle auf Sherilyns immer länger werdender Liste stand: Kinderzimmer streichen und einrichten. Adele hoffte, noch monatelang Zeit dafür zu haben, denn momentan brauchte sie ihre ganze Kraft, um sich auf die alltäglichen Bedürfnisse einer Dreizehnjährigen zu konzentrieren. Auch wenn sie sich alles andere als sicher war, woraus diese Bedürfnisse bestanden, weil sie sich von Tag zu Tag änderten. Manchmal sogar von einer Minute zur anderen.
Gestern Morgen erst hatte Adele zum Frühstück getoastete Waffeln gemacht, worauf Kendra vom Teller aufgeblickt hatte, als hätte man ihr frisch getoastete Scheiße serviert, und steif und fest behauptet hatte, dass sie Waffeln hasste und ausschließlich Knuspermüsli wollte. Um dann heute Morgen einen
Anfall zu kriegen, weil sie zu spät aufgestanden war, um noch in Ruhe eine getoastete Waffel zu essen.
»Ich dachte, du hasst Waffeln«, hatte Adele sie erinnert.
Kendra schüttelte stirnrunzelnd den Kopf. »Nein. Ich liebe Waffeln.«
Adeles Stirn hatte ein stechender Schmerz durchzuckt, als sie ihre Nichte fassungslos anstarrte, die zwar wie ein normales Mädchen aussah, aber offensichtlich einen Alien in ihrer Körperhülle beherbergte, der aus einer anderen Welt geschickt worden war, um Adele in den Wahnsinn zu treiben.
Du bildest dir schon ein, unter einem Fluch zu stehen, rief sie sich ins Gedächtnis. Okay, dann eben, um sie noch wahnsinniger zu machen! Ratlos rieb sie sich das Gesicht und atmete tief durch. Sie fühlte sich völlig deplatziert. Kendra und sie waren sich immer noch nicht viel näher gekommen als an dem Tag, als Sherilyn sie am Flughafen abgeholt hatte, und Adele hatte auch keine klare Vorstellung, wie sie die Situation verbessern konnte. Vermutlich hätte sie ihre Schwester um Rat fragen können, aber Sherilyn sollte sich wegen ihr und Kendra nicht aufregen. Und es war ja auch nicht so, als kämen sie nicht klar miteinander. Das taten sie ja; sie waren eher wie zwei Menschen, die im selben Haus nebeneinanderher lebten und sich nichts zu sagen hatten. Aber Adele wollte Kendra besser kennenlernen, bevor sie wieder abreiste, und ihr fiel nur eine Methode ein, wie ihr das gelingen konnte. Da sie beim Kofferpacken vor einem Monat nicht damit gerechnet hatte, länger als zwei Wochen wegzubleiben, hatte sie nicht so viele Kleider eingesteckt und war die Sachen, die sie dabeihatte, langsam leid. Sie musste dringend einkaufen und hatte sich überlegt, dass Kendra und sie gemeinsam shoppen gehen könnten. Das machten Teenies doch gern, oder nicht? Vielleicht konnten Kendra und sie sich beim Klamottenkauf in der City besser anfreunden.
Adele stand auf und lief in Sherilyns Schlafzimmer, wo sie ihre Sachen deponiert hatte. Da ihre Schwester noch bis zur Niederkunft im Krankenhaus bleiben musste, sah Adele keinen Grund, bis dahin auf dem Klappsofa zu schlafen. Auf Sherilyns schmalem Doppelbett lag eine schlichte rote Steppdecke aus Baumwolle. In ihrem Bett zu Hause hatte Adele eine bauschige silberne Seidendecke, in die echte Silberfäden verwoben waren. Adele hielt sich nicht für materialistisch, aber schönes Bettzeug war ihr wichtig.
Sie sammelte die schmutzigen Klamotten zusammen und war wieder einmal baff, wie viel Schmutzwäsche ein Teenager in einer Woche so produzierte. Um drei fuhr sie los, um ihre Nichte von der Schule abzuholen. Als sie an der üblichen Stelle hielt, kam Kendra mit Tiffany im Schlepptau zum Toyota gelaufen.
»Kannst du Tiffany zu Hause absetzen?«, fragte Kendra, die die Tür aufriss und den Kopf hineinsteckte. »Ihr Daddy kann sich nicht vom Football-Training in der Highschool loseisen.«
»Klar«, antwortete Adele, und die Mädchen stiegen ein. Als sie losfuhren, schnallte sich Tiffany an und fragte vom Rücksitz aus: »Hätten Sie was dagegen, mich auch den Rest
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