GK0080 - Das Höllenheer
wasserklaren Flüssigkeit füllten, die zu zwei riesigen Augen wurde.
Dann bewegte sich der Schnabel. Der Stein veränderte sich, wurde weich und geschmeidig. Die Götzenfigur lebte. Zwei riesige Flügel breiteten sich aus. Die Schwingen hoben sich auf und ab. Die Schreckensgestalten wichen zurück, fielen vor der Göttin auf die Knie. Der einzige, der dem Blick standhielt, war Mandra Korab, Er beobachtete die grauenvolle Verwandlung der Göttin weiter. Der Vogelkopf war auf einmal verschwunden, hatte sich innerhalb von Sekunden aufgelöst. Etwas Anderes trat an seine Stelle.
Ein riesiges Gesicht!
Das Gesicht einer Frau. Dem Inder stockte der Atem. Was er sah, ging über seinen Verstand. Hier war ein Geschöpf entstanden, das es nicht geben durfte. Halb Vogel – halb Frau. Eine grauenvolle Bestie, die sich von Menschenopfern ernährte. Ein Geschöpf, das Jahrtausende alt war, und nun wieder zum Leben erwachte.
Die Göttin Kalhori!
Das Gesicht der Göttin schwebte jetzt dicht über dem wehrlosen Opfer. Mandra Korab wußte, was kommen würde. Dieser gräßliche Menschenkopf würde diesen Mann verschlingen und hinterher das Skelett ausspeien. Aber durfte er, Mandra Korab, es soweit kommen lassen? War er nicht verpflichtet, einem Geschöpf seiner Rasse beizustehen? Mandra überlegte nicht mehr länger. Die Zeit drängte. Er wollte sich der Göttin zum Kampf stellen. Die Finger des Inders umklammerten die Kugel. Würde sie ihm helfen? Reichte ihre Kraft aus, um gegen die Göttin zu bestehen? Ein gräßliches Fauchen drang aus dem Mund des Frauenkopfes. Die Lippen öffneten sich. Ein unheimlicher Schlund wurde sichtbar.
Jetzt! Mandra Korab sprang hinter seiner Deckung auf.
»Halt!«
Seine Stimme hallte in dem Dämonentempel wider. Kalhori stockte. Das Gesicht verzerrte sich, wandte sich dem zu, der es gewagt hatte, sie zu stören. Mandra Korab stand dicht vor dem Altar. Er hatte die Hände über den Kopf gehoben. Das kalte rote Feuer der Kugel brannte zwischen seinen Fingern. Hinter seinem Rücken stimmten die Diener der Göttin ein schreckliches Geheul an. Sie spürten bereits die magische Kraft der Kugel, wichen zurück. Aber würde die Kraft auch ausreichen, um die Göttin zu vernichten? Das riesige Gesicht schwebte über dem Inder. Es hatte sich verzerrt.
Wut, Angst und Haß spiegelten sich in den Zügen. Die überdimensionalen Vogelschwingen peitschten die Luft. Mandra Korab wurde von einem plötzlichen Sog erfaßt. Er taumelte. Du mußt die Kugel festhalten! Schrie es in ihm. Du mußt…
Seine Gedanken stockten. Er fühlte plötzlich wie eine dämonische Kraft auf ihn einströmte, wie die Göttin alles mobilisierte, um den Kampf zu gewinnen. War die Kugel stärker? Das Kristall wurde spröde, begann zu bröckeln. Angst umklammerte den Inder. Plötzlich tauchten überall gläserne Dolche auf, rasten auf ihn zu. Wenn die Kraft der Kugel jetzt nicht stark genug war…
Die Dolche prallten an dem unsichtbaren Schutzschild, der sich um den Inder gelegt hatte, ab. Wieder stießen sie gegen ihn vor. Kalhori setzte sämtliche Höllenkräfte ein. Das Kristall der Kugel knirschte – aber es hielt. Die Göttin heulte auf. Sie kam gegen die Kraft der Kugel nicht an, stand dicht vor ihrer Niederlage. Mandra Korab leistete Übermenschliches. Der magische Körper in seiner Hand schillerte in allen Farben, hatte den ersten großen Ansturm überstanden. Mandra Korab hatte die erste Schlacht gewonnen. Die Göttin zog sich zurück, verwandelte sich innerhalb von Sekunden wieder zu der Steinfigur. Mandra Korab wandte sich um. Wie eine undurchdringliche menschliche Mauer standen ihm die Diener der Göttin gegenüber. Im gleichen Augenblick bildeten die Höllenknechte eine Gasse. Eine Prozession bewegte sich durch den Tempel. Mandra Korab sah, wie sechs dieser schrecklichen Wesen ein weiteres Opfer trugen. Man hatte über den Kopf des Mannes eine Kapuze gezogen. Die Spitzen der gläsernen Dolche schwebten über seinem Körper. Eine furchtbare Ahnung stieg in dem Inder hoch. Die Gestalten blieben stehen. Eine faulige schwarze Hand griff nach der Kapuze, zog sie weg! Mandra Korab sah seine Ahnung bestätigt. Das zweite Opfer war John Sinclair!
***
Der Inspektor war völlig hilflos der dämonischen Übermacht ausgeliefert. Ein höllisches Gelächter schallte durch die Unendlichkeit der Tempelhalle, Kalhori hatte es ausgestoßen. Die finstere Göttin hatte doch noch gesiegt, wußte, daß der Inspektor ein Druckmittel gegen den
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