GK0089 - Horrorfest am Galgenhügel
was er wirklich von Beruf war.
Die Frau reichte John die Hand. »Es freut mich, Sie kennenzulernen, Mr. Sinclair. Bitte, seien Sie unser Gast.«
John bedankte sich.
Fred glich sehr seiner Mutter. Er hatte die gleichen nachdenklichen Augen wie sie. Nur hatte bei der Frau die harte Arbeit Spuren in ihrem Gesicht zurückgelassen. Die Kleidung war einfach, aber sauber.
»Kommt doch ins Haus«, sagte Mrs. Young. Chris und sie mußten Fred stützen.
Die Frau führte die Neuankömmlinge in die Wohnstube. Die Möbel waren alt, und ein Antiquitätenhändler hätte dafür bestimmt einen guten Preis gezahlt.
Selbstverständlich mußte Fred erzählen. Vor allen Dingen wie es ihm in London ergangen war und wie er seine Frau kennengelernt hatte.
John hörte in der Zwischenzeit zu und nippte ab und zu von dem Selbstgebrannten Whisky, den ihm Mrs. Young serviert hatte.
Die Zeit verging.
»Wo ist eigentlich Vater?« fragte Fred.
Mrs. Young sah auf die Standuhr in der Ecke. »Er müßte bald kommen. Vater hilft im Moment in der Schmiede aus. Wir haben unser Land abgegeben. Es war zuviel Arbeit.«
»Reicht denn die Pacht, die ihr bekommt, zum Leben?« wollte Fred wissen.
»Mein Gott, Junge, wir sind bescheiden. Wir…«
Mrs. Young unterbrach sich. Draußen war die Tür gegangen.
»Das wird Vater sein. Himmel, wird der sich freuen, wenn er dich sieht.«
Die Augen der alten Frau strahlten.
Schwere Schritte näherten sich der Tür. Sekunden später wurde sie aufgestoßen.
Fred Young hatte sich erhoben. Er wollte auf seinen Vater zugehen.
Im gleichen Augenblick prallte er zurück. Vor ihm stand ein Fremder!
***
Glasige Augen starrten blicklos auf die Menschen. Der Mund des Mannes stand halboffen. Speichel lief an seinem Kinn entlang. Die Hände hatte er gegen den Bauch gepreßt.
»Burns, was machen Sie denn hier?« rief Mrs. Young erstaunt.
Die Frau war aufgestanden und eilte auf den Fremden zu.
»Ich… ich…«, ächzte der mit Burns Angeredete. Er taumelte zwei Schritte vor und ließ plötzlich seine Arme fallen.
Klaffend präsentierte sich seine Bauchwunde den erschreckten Menschen. Erst jetzt sahen sie das Blut.
Plötzlich brach Burns zusammen. Dumpf fiel er auf den Rücken. Sein Gesicht war schmerzverzerrt. Der Atem ging keuchend und stoßweise.
All dies hatte nur Sekunden gedauert. Eine Zeitspanne, in der man kaum begreifen konnte, was geschehen war.
Als erster reagierte John Sinclair. Der Inspektor sprang aus seinem Sessel hoch und kniete sich neben den Verletzten. Ein Blick zeigte ihm, daß der Mann nicht mehr lange zu leben hatte. Aber er wollte noch etwas sagen.
»Die… die… Toten kommen zurück. Vorsicht… sie… holen uns alle. Wir müssen für… für… die verfluchte Vergangenheit bezahlen.«
Mrs. Young ging neben John in die Knie. Ihre Hände krallten sich in die Schultern des Verletzten.
John ließ die Frau gewähren.
»Wo ist mein Mann, Burns? Wo ist er?«
»Er… er… ist geflohen. In die kleine Kirche am Friedhof. Er wollte sich dort verstecken. Sie haben uns Überfall… ahh…«
Der Schwerverletzte bäumte sich noch einmal auf, öffnete den Mund zu einem lautlosen Schrei und sackte dann zusammen.
Der Mann war tot.
John Sinclair half Mrs. Young hochzukommen. Sein Blick streifte die anderen.
Eine kalkige Blässe hatte sich auf die Gesichter des jungen Ehepaares gelegt. Der Schreck steckte ihnen tief in den Knochen.
Überlaut durchdrang das Ticken der alten Standuhr die Stille.
Mrs. Young hatte ihre rechte Hand gegen die Brust gepreßt.
Immer wieder schüttelte sie fassungslos den Kopf.
John setzte die Frau behutsam in einen Sessel.
Chris und Fred Young hatten sich an den Händen gefaßt. Vielleicht wurde ihnen in diesen Minuten klar, was sie noch alles zu erwarten hatten.
John Sinclair nahm die Flasche Whisky und schüttete zwei Fingerbreit in ein Glas.
»Trinken Sie, Mrs. Young, es wird Ihnen guttun.«
Die Frau setzte das Glas an die Lippen. Sie trank es in einem Zug leer. Ein wenig Farbe kehrte wieder in ihr Gesicht.
John nahm ihr das Glas aus der Hand. Behutsam stellte er es auf den Tisch.
»Mrs. Young, Sie müssen mir jetzt…«
John unterbrach sich. Die Frau begann zu reden, mit halblauter monotoner Stimme.
»Er ist tot. Ich spüre es. Er ist tot… tot…«
Und immer wieder sprach sie das Wort »tot«.
»Hör auf!« schrie Chris plötzlich. »Ich kann es nicht mehr hören!« Sie preßte beide Hände gegen die Ohren.
»Bringen Sie sie weg!« wandte sich John
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