GK0113 - Doktor Tods Höllenfahrt
Gefühl, als wäre er in zwei Hälften geteilt worden. Die Treppe begann sich auf einmal vor seinen Augen zu drehen. Und trotzdem, Tim stolperte weiter.
Irgend etwas hielt ihn noch aufrecht. Mit dem letzten Funken Lebenswillen zog er sich die Stufen hoch.
Sein Mund war zu einem lautlosen Schrei geöffnet. Der Schmerz wurde immer schlimmer. Er kam von innen, schien ihn aufzufressen.
Tim erreichte die Kellertür.
Mit beiden Händen klammerte er sich an dem Holz fest.
Er spürte, wie seine Knie nachgaben, und stieß sich ab.
Wie ein Betrunkener torkelte Tim durch die Tür nach draußen.
Er hörte die Stimmen der Menschen wie aus weiter Ferne, sah die bunten Lichter der Lampions als zerfließende Flecke und dann die unendliche Schwärze, die ihn in die Welt des Todes zog.
***
Der Mann torkelte aus dem Schatten der Schloßmauer, wankte durch eine Lichtinsel und schwankte auf den letzten Tisch des kalten Büfetts zu.
John Sinclair ließ das Besteck fallen. Er wußte, daß es diesmal kein Trick war. Der Mann trug die Kleidung eines Kochs. Ein Messer steckte in seinem Körper. John Sinclair sprang vor.
Doch auch er konnte das Unheil nicht mehr verhindern. Der Schwerverletzte hatte den Rand des Tisches erreicht, bekam das Übergewicht und fiel in die Speisen des kalten Büfetts. Mit ausgebreiteten Armen blieb er liegen. Sein Körper zuckte noch einmal, dann war es vorbei.
John Sinclair war mit ein paar Sätzen bei dem Mann und drehte ihn auf den Rücken.
Blicklose Augen starrten den Inspektor an. Da war nichts mehr zu machen. Der Mann war tot. John wandte den Kopf.
Im selben Augenblick gellte ein vielstimmiger Entsetzensschrei durch den Schloßpark. Erst jetzt begriffen die Leute, was eigentlich los war, daß dies kein Scherz gewesen war, sondern ein grausamer, brutaler Mord.
Frauen kreischten schrill und standen dicht vor einer Ohnmacht. Die Männer fluchten und bekamen blasse Gesichter. Plötzlich stand Bill Conolly an Johns Seite. Auch Bill war blaß geworden.
»Dr. Tod?« fragte er leise.
»Wahrscheinlich.«
Mike Callahan bahnte sich mit rudernden Armen einen Weg durch die Menge.
»Das gehört nicht zu den Scherzen!« brüllte er. »Was fällt dem Kerl ein, sich auf das kalte Büfett zu schmeißen?«
Da verlor John Sinclair die Geduld. Er packte den Regisseur am Kragen und schüttelte ihn wie eine Stoffpuppe hin und her. »Dieser Mann ist tot!« brüllte er Callahan an. »Er ist auf dieser verdammten Party umgebracht worden. Auf eine bestialische Weise. Begreifen Sie das?«
Callahans Mund klappte zu. John stieß den Mann von sich. »Das werden Sie bereuen!« kreischte Callahan. »Das brauche ich mir nicht gefallen zu lassen. Ich werde Sie unmöglich machen. Was stört es mich, wenn dieser Kerl hie…« Bill Conolly sprang vor. Er war kein Polizist wie John Sinclair. Er konnte auch mal zuschlagen, wenn es die Situation seiner Meinung nach erforderte.
Bills flache Hand klatschte in das Gesicht des Regisseurs. Callahans Schimpftirade brach ab. Der Regisseur flog ein paar Schritte zur Seite und wurde erst durch einen Baumstamm gestoppt.
»Das mußte mal sein«, sagte Bill und rieb sich die Faust.
John Sinclair gab keine Antwort. Er sah in die Richtung, aus der der Schwerverletzte vorhin gekommen war. Bill Conolly wollte noch etwas sagen, doch in diesem Augenblick ging das Licht aus.
Wie eine riesige Glocke stülpte sich die Dunkelheit über den Park und das Schloß. Die Musik brach mit einem jaulenden Mißklang ab.
Sekundenlang standen die Menschen wie festgewachsen. Bis ein gellendes Gelächter durch die Stille schnitt. Es schien von überall her zu kommen und jagte den Gästen Angstschauer über den Rücken.
Das Lachen war derart teuflisch, daß selbst der abgebrühte Inspektor spürte, wie seine Nerven vibrierten. Dr. Tod hatte seinen ersten Sieg errungen…
***
Eine halbe Stunde später
Die Gäste waren wieder in das Schloß gestürmt. Und gestürmt ist genau der richtige Ausdruck. Beinahe panikartig hatten sie den Ort des Schreckens verlassen. Ein Diener hatte festgestellt, daß ein Unbekannter – als plötzlich das Licht verlöscht war – die Hauptsicherung herausgedreht hatte.
Jetzt war aber alles wieder in Ordnung gebracht worden.
Noch immer stand der Schrecken auf den Gesichtern der Menschen.
Jemand hatte mehrmals versucht, die Polizei anzurufen, doch der Ruf kam nicht durch. Irgend etwas mußte mit der Leitung nicht stimmen.
Das hatte natürlich die Furcht der Gäste noch
Weitere Kostenlose Bücher