GK0215 - Die Rache des Kreuzritters
Wunde auf seiner Brust konnte nur von einem Messer stammen.
Oder von einem Schwert.
John nahm das letztere an. Seiner Meinung nach hatte der Kreuzritter den eigenen Diener umgebracht.
Aber aus welchem Grund?
Vielleicht konnte ihm der sterbende Wirt den noch mitteilen.
Der Geisterjäger ließ sich neben Jean Muller auf die Knie sinken. Er legte die Lampe so hin, daß sowohl er als auch Muller angeleuchtet wurden, der Strahl jedoch nicht blendete.
»Monsieur Muller«, sagte John. »Kennen Sie mich noch, Monsieur?«
Unendlich langsam drehte der Wirt den Kopf. Er sah John an und dann huschte so etwas wie ein Lächeln über seine vom Tod gezeichneten Gesichtszüge.
»Er hat gewonnen, nicht wahr?« flüsterte er. »Ihr habt ihn nicht geschafft. Ich wußte es.«
John Sinclair nickte. »Ja, er hat ein junges Mädchen auf dem Gewissen.«
»Dieser Fluch, dieser verdammte Fluch!« stöhnte der Wirt. Sein Gesicht verzerrte sich. Schweiß brach ihm aus sämtlichen Poren. Röchelnd schnappte er nach Luft.
»Ruhig«, sagte John. »Bleiben Sie ruhig liegen.«
»Ich werde sterben«, keuchte der Wirt mit kaum verständlicher Stimme. »Er… er hat es geschafft!« Ein dünner Blutfaden rann aus dem linken Mundwinkel des Todgeweihten. »Mit dem… Schwert hat er mich ge…«
»Warum hat er es getan?« fragte John mit drängender Stimme. Er mußte jetzt aufs Ganze gehen, konnte keine Rücksicht mehr nehmen, wenn er das Rätsel des mordenden Kreuzritters lösen wollte.
»Ich… ich habe mit Ihnen geredet«, flüsterte Jean Muller. »Er sagt, ich habe ihn verraten… und da… da hat er mich getötet. Ich spür’s, ich lebe nicht mehr lange… der Tod… er kommt. Ich… ich habe ihn verdient.«
John Sinclair beugte sich tief über den Schwerverletzten. »So dürfen Sie nicht reden«, sagte er. »Sie müssen sterben, das stimmt, aber Sie können vieles wiedergutmachen. Sagen Sie mir, wie ich den Kreuzritter besiegen kann. Es muß eine Möglichkeit geben. Es muß einfach!«
»Ja… es gibt sie. Aber es ist schwer. Niemand kann es schaffen. Auch Sie nicht…«
»Reden Sie!«
»Das Schwert!« Jean Muller holte tief Luft. Es gab ein pfeifendes Geräusch. »Sie müssen sein eigenes Schwert nehmen und damit seinen Totenschädel berühren. Dann… dann wird er vergehen. Aber es ist unmöglich. Er gibt die Waffe niemals aus der Hand. Er paßt auf sie auf. Keinem ist es bisher gelungen… auch ich… ich… mein Gott, ich sterbe. Ich… ahhh…«
Ein letzter verzweifelter Atemzug noch, dann lag der Wirt Jean Muller still.
Er war tot!
Mit dem Handrücken wischte sich John Sinclair den Schweiß aus der Stirn. Auch ihm waren die letzten Minuten an die Nerven gegangen. Es war wirklich nicht jedermanns Sache, den Tod eines Menschen mitzuerleben.
Der Oberinspektor drückte dem toten Wirt die Augen zu. Er konnte ihm diesen letzten Dienst noch erweisen. John hatte von Jean Muller einige Informationen bekommen, die sehr wichtig und entscheidend waren. Er wußte jetzt, wie er den Kreuzritter bekämpfen konnte.
John mußte ihm nur das Schwert abnehmen.
Nur…
Für den Geisterjäger eine nahezu unmögliche Aufgabe. Es würde kaum zu schaffen sein.
Aber das Wort unmöglich hatte John aus seinem Gedächtnis gestrichen. Er hatte schon mehr als einmal Fälle gelöst, die als unlösbar galten. Und er ließ sich auch jetzt nicht einschüchtern.
John Sinclair erhob sich aus seiner knieenden Stellung. Er wollte Jagd machen auf das Schwert des Kreuzritters. Dazu mußte er erst den Ritter finden.
Die Frage war nur – wo?
***
Nachdenklich blickte Rainer Schröder auf die Waffe. Um seine Mundwinkel hatte sich ein bitterer Zug gegraben.
»Silberkugeln«, murmelte er, »sie ist mit geweihten Silberkugeln geladen. Und ich dachte immer, so etwas gibt es nicht. Oder nur in Romanen und Filmen. Aber anscheinend habe ich mich getäuscht.«
»Dieser Sinclair muß ein besonderer Mann sein«, sagte Irene Held. »Ich habe noch nie von dem Beruf eines Geisterjägers gehört. Erinnerst du dich noch an den Film ›Der Exorzist‹?«
Rainer winkte ab. »Das war doch was ganz anderes. Da ging es um Teufelaustreibung.«
»Aber dieser Kreuzritter ist so etwas Ähnliches wie ein Teufel. Er ist tot und lebt. Wie kann so etwas möglich sein?«
Rainer hob die Schultern. »Frag mich nicht, ich weiß es nicht. Vielleicht Schwarze Magie und so. Man hört ja einiges. Auch in den Zeitungen steht immer so viel.«
»Glaubst du, er schafft es?« fragte
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