GK053 - Frisches Blut für den Vampir
eine – er war eine Spur schmaler als der andere und auch nicht ganz so groß – hatte ein Gesicht mit eingefallenen Wangen. Seine Backenknochen waren hoch angesetzt, wodurch die Augen in tiefen Höhlen zu ruhen schienen. Sein Haar war brandrot. Der andere wirkte kräftig. Er hatte fleischige Lider, wulstige Lippen und ein ausladendes Kinn. Er hatte große Hände mit dicken Fingern.«
Tony Ballard notierte sich beide Beschreibungen. Nun legte er den Kugelschreiber weg und lächelte.
»Sie scheinen eine ausgezeichnete Beobachtungsgabe zu haben, Miss Manson.«
»Ich bin noch nicht fertig, Inspektor«, sagte die Frau erregt.
»Gibt es noch einen Hinweis?«
»Ich bilde mir ein, den Mann mit den fleischigen Lidern schon mal gesehen zu haben, Inspektor.«
»Tatsächlich?«, fragte Ballard aufhorchend. »Wo?«
»Im Dorf. Wenn ich nicht irre, ist er mir im Kaufhaus aufgefallen. Er hatte unwahrscheinlich viele Lebensmittel eingekauft und stellte sich an der Kasse damit recht ungeschickt an. Die Kassiererin fragte ihn scherzhaft, ob er ein ganzes Kinderheim zu versorgen hätte. Er gab ihr eine schroffe Antwort und trachtete, das Kaufhaus so schnell wie möglich zu verlassen. Die Kassiererin sagte mir, dass er die alte Schmiede außerhalb des Dorfes gemietet hätte und nur einmal im Monat einkaufen komme.«
Tony rieb sich begeistert das Kinn.
Die alte Schmiede war ein gutes Versteck für die Diebe.
Da lag eine Lösung des Falles in der Luft. Ballard erhob sich schnell. Er bedankte sich bei der Lehrerin mit überschwänglichen Worten für die Aussage, machte sie aber gleichzeitig darauf aufmerksam, dass er sie noch würde bitten müssen, die beiden Kerle zu identifizieren.
Miss Manson erschrak.
»Aber… Sie haben mir doch versprochen …«
»Keine Sorge, Miss Manson. Mein Versprechen halte ich selbstverständlich. Sobald wir die beiden Kerle haben, bringen wir sie hierher. Es gibt in diesem Gebäude einen Raum, der über einen Trickspiegel verfügt. Sie wissen sicher, was das ist.«
Susan Manson nickte.
»Man kann von einer Seite durch ihn durchschauen, von der anderen sieht man jedoch nur sein Spiegelbild.«
»Stimmt genau, Miss Manson. Wir werden die Verbrecher also in diesen Raum führen, und Sie werden hinter dem Spiegel stehen. Dann können Sie die Männer in Ruhe identifizieren, ohne dass die beiden Sie sehen.«
Susan Manson schaute Tony trotzdem noch besorgt an.
»Brauchen Sie denn meine Aussage nicht, um die beiden Kerle zu überführen, Inspektor?«
»Natürlich wäre das der bessere Weg, Miss Manson. Da Sie aber anonym bleiben wollen, muss es mir genügen, wenn Sie die beiden schrägen Vögel identifizieren. Wenn ich erst mal sicher bin, dass wir die richtigen Brüder gefasst haben, kriege ich sie auch dazu, ein lückenloses Geständnis bei mir abzuliefern, verlassen Sie sich darauf.«
***
Bob Kelly war gerade dabei, die Kartoffeln für das Mittagsmahl zu schälen, als es an der Tür klopfte.
»Nanu«, sagte er erstaunt. »Wer kann das sein?«
Mit misstrauischer Miene und zusammengekniffenen Augen erhob er sich. Dann begab er sich zur Tür und machte sie auf.
Entsetzt starrte er in die schwarze Mündung einer Pistole.
Doch er fing sich sofort wieder.
»He!«, protestierte er lautstark. »Was soll denn der Ballermann? Was wollen Sie von mir? Wer sind Sie?«
Tony Ballard trat unaufgefordert ein. Er schaute sich wachsam um. Der Rothaarige war nirgends zu sehen.
»Polizei!«, knurrte Tony. »Inspektor Ballard!«
»Polizei?«
»Sie haben gute Ohren.«
»Verdammt noch mal, ich habe nichts ausgefressen.«
»Wie heißen Sie?«
»Kelly.«
»Vorname?«
»Bob – äh – Robert. Aber alle Welt nennt mich Bob.«
»Dann will ich Sie auch so nennen«, sagte Tony Ballard grinsend.
»Hören Sie, was fällt ihnen ein, einfach in mein Haus einzudringen und mich mit Ihrer Waffe zu bedrohen? Ich werde mich beschweren.«
»Okay. Können wir gehen?«
»Wohin denn?«
»Zur Polizeistation. Da können Sie Ihre Beschwerde dann gleich persönlich abliefern. Wo ist der andere?«
»Welcher andere?«
»Der Rothaarige?«
»Hier wohnt kein Rothaariger. Wer hat Ihnen denn diesen Blödsinn erzählt? Ich wohne allein hier. Und es fällt mir nicht im Traum ein, mit Ihnen zu kommen. Haben Sie denn einen Haftbefehl gegen mich?«
»Noch nicht.«
Kelly grinste frech: »Na also.«
»Ich kann Sie festnehmen. Dazu brauche ich keinen Haftbefehl!«, sagte Tony Ballard scharf. »Ich würde Ihnen dringend raten,
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