GK053 - Frisches Blut für den Vampir
verließ, wirkte er nicht gerade erleichtert. Er hatte sich mehr Trost und konkretere Zusagen erhofft.
Mit hängendem Kopf trottete er davon.
Der kommenden Nacht blickte er mit Schaudern entgegen.
***
»Du musst doch da nicht hingehen, Tony!«, sagte Vicky besorgt, als Tony ihr erzählt hatte, was er zu tun gedachte.
Es war Abend. Sie hatten bei Vicky zu Hause eine Kleinigkeit gegessen, saßen nun im Wohnzimmer bei einem Drink und unterhielten sich über Doohans Geschichte, die Tony seither nahezu pausenlos beschäftigte.
»Ich kann das Internat nicht einfach seinem Schicksal überlassen, Vicky.«
»Das Internat ist ein Gebäude.«
»Ich meine natürlich die Menschen, die in diesem Gebäude wohnen. Wenn es sich tatsächlich so verhält, wie Doohan gesagt hat, dann schweben die Menschen dort draußen in großer Gefahr.«
»Was für ein Wesen ist das?«, fragte Vicky schaudernd.
»Keine Ahnung. Vielleicht der Vampir.«
»Der Vampir?«, fragte Vicky erschrocken. »Und dem willst du ganz allein entgegentreten? Bist du von Sinnen? Er bringt dich um!«
»Ich kann unmöglich den gesamten Polizeiapparat mobilisieren, Vicky. Möglicherweise gibt es dieses Wesen nur in Doohans Fantasie. Wenn ich mit meinen Kollegen da draußen aufkreuzen würde und es würde nichts geschehen, dann wären wir alle blamiert, weil wir der Geschichte eines Fantasten aufgesessen sind. Wenn ich aber nur allein hingehe, wird keiner etwas davon erfahren, wenn die Sache ein Schlag ins Wasser war.«
Vicky erhob sich. Sie kam mit warmleuchtenden Augen auf den Sessel zu, in dem Tony saß. Sie trug einen weiten Rock, der ihre ausladenden Hüften umschmeichelte. Sie setzte sich auf die Sessellehne, rutschte zu ihm herunter, schlang ihre nackten Arme um seinen Hals und küsste ihn drängend.
»Bleib hier, Tony!«, flüsterte sie dicht an seinem Ohr, und ein angenehmer, wohliger Schauer lief über seinen Rücken. »Bleib heute Nacht hier. Geh nicht fort. Ich möchte heute mit dir zusammen sein, Tony. Bitte.«
Es fiel ihm schwer, nein zu sagen, aber es musste sein.
»Es hat keinen Sinn, Vicky«, sagte er seufzend. »Ich würde wirklich gern bleiben, aber ich kann nicht.«
»Warum bist du so versessen darauf, dich umbringen zu lassen, Tony?«, fragte das Mädchen vorwurfsvoll.
»Es wird mir nichts passieren, Vicky. Ich passe schon auf mich auf.«
»Du kannst nicht auf dich aufpassen, wenn du einem Vampir begegnest, sieh das doch ein!«
»Tut mir Leid, Vicky. Ich muss es tun«, erwiderte Ballard hart, und das Mädchen wusste, dass er von diesem Moment an nicht mehr umzustimmen war.
»Du hast einen verfluchten Dickschädel!«, schrie sie und sprang aus dem Sessel hoch. Wütend ging sie zum Fenster und starrte in die Dunkelheit hinaus. »Geh doch, wenn du uns beide unglücklich machen willst. Geh doch und lasse dich umbringen! Geh! Ich will dich nicht mehr sehen!«
»Sei doch vernünftig!«, sagte Tony eindringlich. Er erhob sich, trat hinter Vicky und griff nach ihren Schultern. Sie schüttelte seine Hände wütend ab.
Gleich darauf drehte sie sich mit einem schnellen Ruck um. Ihr Blick war flehend.
»Nimm wenigstens jemanden mit. Sergeant Goody zum Beispiel.«
Tony schüttelte mit zusammengepressten Lippen entschieden den Kopf.
»Es ist besser, wenn ich allein gehe.«
»Dann lass mich mit dir gehen. Bitte, Tony. Ich möchte in dieser Nacht bei dir sein. Ich habe große Angst, dir könnte etwas zustoßen, wenn niemand auf dich aufpasst.«
Alles Flehen half nichts.
Tony Ballard hatte sich dazu entschieden, allein zum Schloss zu gehen, und dabei blieb es.
Es war kurz vor elf, als er ging.
Vicky hatte Tränen in den Augen.
***
William Doohan stand am Fenster. In seinem Zimmer brannte Licht. Es gab hier drinnen einen Kleiderschrank, ein Bücherregal, einen Schreibtisch, einen Tisch, um den vier Stühle standen, ein Bett, das breit genug für zwei gewesen wäre, links und rechts davon ein Nachttischchen und dergleichen mehr. Alles eben, was man brauchte, um ein Zimmer wohnlich zu gestalten.
Über dem Bett hing ein in Öl gemaltes Bild von durchscheinenden Nymphen, die ein mit sanften Strichen stilisiertes Bett zogen, auf dem sich zwei Liebende in den Armen lagen.
Doohan dachte an Matt Craner, diesen eitlen Don Juan, der den weiblichen Lehrkräften hier im Internat den Kopf verdrehte, dass es einen anwiderte.
Dass zwischen Susan Manson und dem Sportlehrer irgendetwas im Gange war, ahnte Doohan zwar, aber er konnte nichts beweisen,
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