GK162 - Duell mit dem Satan
die Straße gelaufen. Er war von Norden gekommen. Da lag der Friedhof nicht. Der lag kn Süden des Ortes. Im Norden lag der Bristol-Kanal.
Wir begaben uns trotzdem auf den Friedhof. Es war ein kleiner Gottesacker gleich hinter der Kirche von Porlock. Wir sahen uns eine Gruft nach der anderen an. Ich erwartete keinen Erfolg. Und wir hatten auch keinen Erfolg.
Plötzlich — wir waren gerade wieder die schwarzen Marmorstufen einer prächtigen Familiengruft hinabgestiegen — schob sich ein Schatten vor den Eingang. Andrew zuckte mit einem krächzenden Laut herum.
Auch ich wandte mich um.
Da stand ein häßlicher Kerl, er hatte einen Spaten in beiden Händen, und diesen Spaten hatte er hochgerissen, als wollte er einem von uns damit den Schädel spalten.
»Grabschänder, was? Heraus!« knurrte er mit einer seltsam hohlen Stimme. »Heraus! Sofort herauskommen!«
Ich verließ die Gruft zuerst, denn wenn er mit dem Spaten zuschlug, sollte der Hieb nicht Andrew treffen. Der Häßliche wich zwei Schritte zurück. Er hatte hohe Schuhe an den Füßen, mit zolldicken Sohlen. Der Kies knirschte unter seinen Schritten. Seine Kleider waren abgetragen, schwarz und schäbig. Sein Kopf war schmal und lang. Er hatte nur noch wenig Haare. Sie waren seidig dünn und stellten sich im Wind immer wieder auf. Die Nase sprang wie ein gefährlicher Schnabel aus seinem Gesicht hervor. Seine Augen lagen in tiefen, grau umrandeten Höhlen, die bleichen Wangen fielen ein. Trotzdem wirkte dieser Mann ungemein zäh und kräftig. Idh schätzte ihn auf sechzig.
»Wer sind Sie?« fragte ich ihn, obwohl mir diese Frage eigentlich nicht zustand.
»Boris Manners!« sagte er.
Ich roch den billigen Fusel, den er getrunken hatte.
»Und wer sind Sie?«
»Mein Name ist Ballard. Tony Ballard. Und das ist Andrew Tann. Er hat Tuckers Haus gekauft. Sie müßten ihn eigentlich kennen. Er wohnt schon eine Weile in Porlock.«
»Ich kenne Ihn nicht!« knurrte Manners mißtrauisch. »Komme von diesem Friedhof kaum mal weg.«
Ich wies auf das Gebäude, das an den Friedhof grenzte. »Ihr Haus, Mr. Manners?«
»Ja.« Der Friedhofswärter kniff die Augen zusammen. Es konnte immer noch passieren, daß er mit dem Spaten zuschlug, denn er hatte das Werkzeug immer noch über seinem Kopf. »Ich habe Sie beide beobachtet!« zischte er feindselig. »Aus der einen Gruft raus, in die andere rein. Darf ich fragen, was das soll?«
Ich hoffte, sein Vertrauen dadurch zu gewinnen, indem ich ihm meine Detektivlizenz zeigte. Als ich meine Hand in die Innentasche des Jacketts schob, war er nahe daran, zuzuschlagen. Die Lizenz bewirkte schließlich, daß er den Spaten sinken ließ. Ich versuchte ihm klarzumachen, weshalb ich vom London nach Porlock gekommen war und was Andrew und ich auf dem Friedhof suchten.
Es freute mich, daß ich bei ihm Verständnis fand. Er schenkte mir sofort Glauben. Schließlich sehe ich nicht im entferntestem aus wie ein Grabschänder. Auch Andrew Tann nicht. Manners wartete sogleich mit jener Geschichte auf, die er den Leuten von Porlock schon erzählt hatte. Er sagte, er wäre hier auf dem Friedhof jenem unheimlichen Spuk begegnet.
Ich wollte hören, wie die Begegnung verlaufen war, und bat ihn, ausführlich zu erzählen.
Manners nickte eifrig und sagte hastig: »Er kam durch das Tor. Ich schließe es niemals ab. Wozu auch? Die Totem laufen nicht weg. Ich hatte in dieser Nacht noch zu arbeiten. Ein Grab war auszuhebem. Es ging auf Mitternacht zu. Ich schaufelte mich in die Tiefe, mein Kreuz schmerzte mich, ich richtete mich auf, um mich mal zu recken. Da sah ich ihn. Ich dachte zuerst, mir würde mein Geist einen Streich spielen. Aber ich konnte tun, was ach wollte, er verschwand nicht.«
»Kam er auf Sie zu?« fragte Tann mit angespanntem Zügen.
»Zuerst ja. Aber dann schwenkte er ab. Ich kanm Ihnen nicht sagen, wie froh ich darüber war.«
»Wohin ging er?« wollte Tann wissen.
»Kommen Sie. Ich zeig’s Ihnen«, brummte Manners. Wir gingen mit ilhm. Er führte uns zu einem gepflegten Grab.
PAMELA TUCKER
FLOYD TUCKER
Das stand auf dem Grabstein.
»Randolph Tuckers Eltern«, erklärte Boris Manners. »Hierher ging die Spukerscheinung. Ich beobachtete ihn. Er blieb ungefähr zehn Minuten. Dann verschwand er wieder durch das Friedhofstor.«
»Sind Sie ihm gefolgt?« fragte Andrew.
Der Friedhofswärter schüttelte heftig den Kopf. »Nein, Mr. Tann.«
»Warum nicht?«
Manners hob verlegen die Schultern. »Ehrlich gesagt, ich war
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