GK245 - Die Satansdragoner
konnte.«
Ich hoffte, daß das bald sein möge, denn allmählich hatte ich das Gefühl, graue Haare zu bekommen.
***
Das bewußtlose Mädchen lag auf jenem schwarzen Marmorblock, auf den Sian Baker vor wenigen Stunden den Leichnam von Frank Maxwell gelegt hatte. Rufus hielt in der skelettierten Rechten einen siebenflammigen Kerzenkandelaber. Er beugte sich über Vicky Bonney. Gemein grinste der bleiche Totenschädel aus der schwarzen Kapuze.
Stille herrschte in der Gruft. Die schrecklichen Wesen gaben keinen Laut von sich. Alle harrten gespannt der Dinge, die nun kommen würden. Rufus stellte den Kerzenkandelaber neben Vickys Kopf. »Mit diesem wertvollen Faustpfand wird es uns gelingen, Ballard und Silver zu vernichten!« sagte der Führer der Dämonenclique überzeugt. »Kommt näher, Freunde, und seht, was geschieht!«
Die Gruselgestalten drängten sich enger um den schwarzen Marmorblock. Sian Baker stand mitten unter ihnen.
»Ich werde nun eine Doppelgängerin von diesem Mädchen erschaffen«, kündigte Rufus an.
»Eine Doppelgängerin?« stieß Baker aufgewühlt hervor. »Geht das denn so einfach?«
»Es ist nicht schwierig«, erwiderte Rufus überheblich. Sein Knochenmaul öffnete sich im selben Moment knarrend, und dann begann Ektoplasma daraus hervorzuquellen.
Dieses Ektoplasma – ein Stoff, aus dem sich bei Materialisations-Seancen eine Geistererscheinung formt – kroch an Rufus träge hinab. Der transparente, lebende Stoff glitt über die Kutte des Dämons. Ektoplasma ist in jedem Körper vorhanden. Es ist zumeist unsichtbar, kann jedoch unter bestimmten Umständen austreten und gasförmig, flüssig oder sogar fest werden. Es tritt durch Poren und andere Körperöffnungen aus, leuchtet leicht in der Dunkelheit, riecht charakteristisch und fühlt sich kalt an.
Die Temperatur in der schwarzen Gruft sank um mehrere Grad, als das Ektoplasma erschien.
Sobald es den Mund des Dämons verlassen hatte, führte es ein eigenständiges Leben. Es schob sich über den Boden, hüllte zunächst den schwarzen Marmorblock ein, stieg daran hoch und legte sich auf Vicky Bonney. Dort wurde es milchig und erstarrte.
Rufus murmelte schwarze Gebete. Er bat den Fürsten der Finsternis um seine Unterstützung, denn allein hätte er nicht die Macht gehabt, ein neues Lebewesen zu erschaffen. Dazu brauchte er die Hilfe von Asmodis.
Es knisterte über den zahlreichen Dämonenköpfen.
Höllische Klänge, schrill und für jedes Menschenohr schmerzhaft, brausten mit einemmal laut durch die Gruft. Die Flammen der sieben Kerzen begannen, heftig zu zucken. Licht und Schatten wischten über die grauenerregenden Fratzen, die sich noch näher an den schwarzen Block herandrängten.
»Leben!« murmelte Rufus mit hohler Stimme. »Neues Leben soll entstehen! Böses Leben! Gestärkt durch die Kraft der Unterwelt…«
Das Knistern senkte sich auf den Marmorblock hinab.
Nichts war zu sehen, und doch wußten es alle Anwesenden: ER war in diesem Augenblick unter ihnen. Die Allmacht der Finsternis, die Kraft des Schreckens war soeben eingetroffen. Über die milchigen Konturen des erstarrten Ektoplasma legte sich eine grünlich schimmernde Schicht. Sekunden später löste sich der festgewordene Stoff von Vicky Bonneys Körper.
Die Hülle schwebte langsam hoch.
»Leben!« murmelte Rufus erregt. »Neues böses Leben wird entstehen! Zum Ruhme der Dimensionen des Grauens!«
Die Hülle richtete sich auf, stand einen Moment vertikal in der Luft, sank dann schnell nach unten und setzte weich auf dem Boden auf. Das erstarrte Ektoplasma sah jetzt aus wie eine feste Gußform.
Rufus stieß ein begeistertes Lachen aus. Er senkte sein Knochenhaupt und konzentrierte sich auf das, was er nun zu tun hatte. Asmodis erfüllte seinen Dämonengeist mit ungeahnten Kräften. Rufus stellte eine geistige Verbindung zwischen Vicky Bonney und ihrem in wenigen Augenblicken erscheinenden Ebenbild her. Er eignete sich alle Eigenschaften, Regungen, Wesenszüge des ohnmächtigen Mädchens an und leitete all das an die Doppelgängerin weiter. Tony Ballard würde denken, die echte Vicky Bonney vor sich zu haben, wenn er ihrem Ebenbild begegnete.
Rufus blies seinen knöchernen Brustkorb auf.
»Hilf mir, Herr! Leih mir die Kraft des Höllenfeuers! Nur für diesen einen Augenblick!« schrie er.
Seine Zahnreihen klafften auf.
Feuerzungen leckten zwischen ihnen hervor, flogen in die Gußform des Schreckens und drehten sich dort in einem wilden Wirbel. Der Führer der
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