GK388 - Der Blutrichter
rauszukommen?« fragte Rock Stevens. »Doch. Eine gibt es«, sagte Wills. »Wenn die Schatten Sie holen.«
»Vielleicht sollten wir versuchen, die Tür aufzubrechen«, sagte Stevens.
»Das habe ich bereits versucht, und ich bin immer noch hier. Außerdem glaube ich nicht, daß mit dem Aufbrechen der Tür irgend etwas gewonnen ist. Selbst wenn uns das gelänge, würden die Schatten uns sofort wieder einfangen.«
»Wollen Sie aufgeben?« fragte Rock Stevens.
»Was bleibt mir denn anderes übrig?«
»Vielleicht sollten wir mit vereinten Kräften der Tür zu Leibe rücken.«
»Ich sage Ihnen doch, das hat keinen Zweck.«
»Wäre es den Versuch nicht wert?« fragte Rock Stevens.
George Wills schüttelte langsam den Kopf. »Nein. Uns bleibt nur noch eines zu hoffen.«
Stevens blickte ihm in die Augen. »Was?« fragte er.
»Daß es schnell und schmerzlos geht«, sagte Wills. Er lehnte sich an die Wand und blickte zu Boden.
Lance Selby war gleichfalls davon überzeugt, daß sie gegen die schwarzen Höllenschergen nicht die geringste Chance hatten. Er dachte an David McKay, den er hier kennengelernt hatte, und er wußte, daß er den Fischer nie mehr wiedersehen würde.
***
Eine Flammensäule schoß jäh aus dem Boden. Glutrot. Mit hellen Zungen. Das Feuer fächerte auseinander. Es schien direkt aus der Hölle hochzuschlagen. Zwei Schatten hatten David McKay gepackt.
»Nein!« schrie er. »Ich flehe euch an! Ich beschwöre euch!«
Die Schatten zerrten ihn mit sich. Er sträubte sich, aber die schwarzen Wesen waren kräftiger als er. Mühelos schleppten sie ihn auf das Höllenfeuer zu.
»Tut es nicht!« kreischte McKay. Er sah grauenerregende Drachenschädel in den Flammen. Sie ragten aus dem Feuer hervor, blähten die Nüstern und rissen ihre entsetzlichen Mäuler auf.
»Nein!« brüllte McKay. »Ich will das nicht!«
Er spürte die Hitze des Feuers. Sie machte ihn wahnsinnig. Er versuchte sich von den unheimlichen Gestalten loszureißen, doch ihre schwarzen Finger hielten ihn fest. Er kam nicht frei.
Die Drachenmäuler streckten sich ihm entgegen. Er kämpfte verzweifelt um sein Leben, doch er konnte diesen Kampf unmöglich gewinnen. Obwohl ihm das klar war, war er nicht in der Lage, sich einfach in sein Schicksal zu fügen.
Dicht vor der Flammenwand blieben die Schatten mit dem Verurteilten stehen. Die Drachenschädel stießen aus dem Feuer heraus, brannten selbst. Schwarze Kohleaugen starrten den Delinquenten an.
»Werft ihn ins Feuer!« schrie der Blutrichter, und seine Schergen führten den Befehl unverzüglich aus.
Sie schleuderten den Mann auf die Flammenwand zu. Die Drachen rissen sofort ihre Mäuler auf. Einen Augenblick später waren McKays Schreie für immer verstummt.
***
Ans Schlafengehen war nicht mehr zu denken. Wir konnten uns nicht einfach ins Bett legen und so tun, als wäre die Welt noch heil. Sie war es nicht mehr, seit unser Freund Lance Selby entführt worden war und seit wir von Superintendent Powell erfahren hatten, daß die Schatten sich nicht nur den Parapsychologen, sondern auch andere Menschen geholt hatten.
Aber wir wußten nicht, was wir tun sollten.
Mr. Silver war nicht in der Lage, mir einen entsprechenden Tip zu geben. Wir saßen im Livingroom beisammen, die Stimmung war denkbar gedrückt und wir grübelten darüber nach, wie wir gegen den Blutrichter vorgehen konnten.
Vicky hatte eine Idee. »Vielleicht sollte Silver seine Fähigkeiten direkt am Tatort aktivieren. Möglicherweise gibt es da noch so etwas wie ein Reststrahlung, die ihn auf die Spur der Schatten bringt.«
Ich schaute den Ex-Dämon an »Nicht schlecht. Was hältst du davon, Silver?«
Der Hüne mit den Silberhaaren zuckte mit den Schultern. »Wir können es ja mal versuchen.«
»Gut«, sagte ich. »Gehen wir.«
Wir verließen unser Haus.
Powell hatte ich vor einer halben Stunde verabschiedet, und wir waren übereingekommen, daß ich ihn über meine Schritte auf dem laufenden halten würde. Auf einer Direktleitung, denn es sollten so wenig Leute wie möglich erfahren, daß sich Scotland Yard genötigt sah, die Hilfe eines Privatdetektivs in Anspruch zu nehmen.
Als wir das Nachbarhaus betraten, verzog Mr. Silver ärgerlich das Gesicht. »Ich habe in meinem Eifer zuviel des Guten getan.«
»Wieso?« fragte ich.
»Ich hätte nicht alle Schatten sofort töten sollen. Einen hätte ich verschonen müssen, wenigstens vorübergehend, und der hätte uns dann verraten müssen, wo sich sein Herr, der
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