GK409 - Der Herr der Ghouls
späten Vormittag in London ein. Noch auf dem Heathrow Airport meldete ich mich telefonisch bei meinem Partner, dem reichen Industriellen Tucker Peckinpah, zurück.
Ich bin Privatdetektiv, und Peckinpah hat mich auf Dauer engagiert, damit ich mich ohne finanzielle Sorgen dem Kampf gegen Geister und Dämonen widmen kann.
»Hallo, Tony«, sagte er erfreut, nachdem mich seine Sekretärin mit ihm verbunden hatte. »Wie war es in Wien?«
»Zuerst strapaziös. Dann sehr angenehm.«
»Wie geht es Vladek?«
»Recht gut. Er hätte es gern gesehen, wenn wir seine Gastfreundschaft länger in Anspruch genommen hätten.«
»Das kann ich mir denken. Aber Sie hat es nach London zurückgezogen.«
»Sie kennen mich. Ich halte es nirgendwo lange aus. Ist bei Ihnen alles in Ordnung?«
»Allmählich droht mir die Arbeit über den Kopf zu wachsen.«
»Warum tun sie auch alles selbst?«
»Weil -ich will, daß es richtig gemacht wird.«
»Das hört sich so an, als wären Sie von lauter Dummköpfen umgeben.«
»Das ganz bestimmt nicht. Sie wissen, daß ich mir die Leute, mit denen ich zusammenarbeite, ganz genau ansehe. Dennoch hat keiner meiner Mitarbeiter soviel Fingerspitzengefühl wie ich, und manchmal kommt es gerade darauf an, wenn man aus einem Geschäft das meiste herausholen will.«
Ich grinste. Für mich war Tucker Peckinpah ein Wunderknabe. Ein Mr. Goldfinger. Alles, was er anfaßte, wurde zu einem Riesengewinn für ihn.
»Ich hatte heute noch nicht einmal Zeit, einen Blick in die Zeitung zu werfen«, beklagte sich der sechzigjährige Industrielle. Seine Finanzverbindungen umspannten den gesamten Globus. Er kaufte Tanker in Japan, produzierte Kautschuk in Südamerika, war ein Hansdampf in allen Gassen. - »Sie sollten sich mal eine Pause gönnen«, sagte ich mit einem Hintergedanken.
»Das ist im Augenblick leider nicht drin. Ich stecke gerade in zähen Verhandlungen mit einer französischen Delegation, die Bohrtürme von uns haben möchte.«
»Dann habe ich wohl keine Chance, Sie für heute abend zu uns einzuladen.«
»Tut mir leid, aber der heutige Abend ist mehr als ausgebucht, Tony. Sie wissen, wie gern ich kommen würde…«
»Macht nichts, Partner. Nennen Sie mir einen anderen Abend.«
»Wie wär’s mit morgen?«
»Okay.«
»Ich halte mir den Abend frei.«
»Nett von Ihnen. Dafür habe ich eine Überraschung für Sie.«
»Eine Überraschung? Was denn?«
Ich lachte. »Ist es noch eine Überraschung, wenn ich’s Ihnen jetzt schon verrate?«
»Ich bitte Sie, Tony, Sie wissen, daß ich vor Neugierde platze, wenn jemand nur Andeutungen macht.«
»Na schön, dann will ich es Ihnen sagen: Mr. Silver hat eine Liebe.«
»Tatsächlich?« Tucker Peckinpah lachte herzlich. »Das freut mich. Ich dachte schon, er würde niemals unter die Haube kommen. Wer ist denn die Glückliche? Sie muß ziemlich raffiniert sein, wenn sie es geschafft hat, Mr. Silver herumzukriegen.«
»Sie ist seine Jugendliebe. Eine abtrünnige Hexe. Ihr Name ist Roxane. Ich werde sie Ihnen morgen abend vorstellen. Sie werden von ihr begeistert sein.«
»Davon bin ich überzeugt. Wird Roxane in Ihrem Haus wohnen, Tony?«
»Denken Sie, ich lasse Silver ausziehen? Wir haben Platz genug.«
»Ich freue mich auf morgen abend.«
»Ich mich auch?« sagte ich und hängte ein.
Ich verließ die Telefonbox. Mr. Silver hatte sich inzwischen um unser leichtes Gepäck gekümmert und ein Taxi besorgt. Er winkte mir aus dem Fahrzeug, als ich aus dem Flughafengebäude trat.
Ich setzte mich neben den Fahrer. »Wohin?« fragte dieser.
»Chechester Road 22«, antwortete ich.
Zwanzig Minuten später waren wir am Ziel. Die offenen Fensterläden verrieten uns, daß Vicky Bonney zu Hause war.
Meine Freundin ist Schriftstellerin. Ihre Romane werden in acht Sprachen übersetzt und turnen laufend auf irgendwelchen Bestsellerlisten herum.
Vor einiger Zeit war Hollywood auf sie aufmerksam geworden. Man hatte sie gebeten, für einen Film das Drehbuch zu schreiben, und der Streifen war ein Kassenhit geworden.
Endlich waren wir wieder vereint. Ich mißte Vicky niemals gern. Sie war im Laufe der Jahre ein Teil von mir geworden.
Wir gehörten zusammen. Auch ohne Trauschein. Eine Ehe kam für mich nicht in Frage. Jedenfalls nicht, solange ich diesen gefährlichen Job ausübte. Jeder Tag konnte mein letzter sein. Ich hätte es unverantwortlich gefunden, eine Witwe - womöglich noch mit Kindern - zurückzulassen.
Man muß auch verzichten können.
Ich stieg
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