GK420 - Hexenterror
mehr als zwei Meter groß und hat eine Figur wie Herkules.
Wir kletterten in Kenny Kobas schwarze Cessna. Es war ein herrlicher Tag. Der Himmel war strahlendblau, die Sonne knallte voll auf die Betonpisten des Airports und brachte die Luft zum Flimmern.
Richter Watson saß neben mir. Mr. Silver saß neben dem Piloten, der sein Flugzeug in Startposition brachte.
»Wir werden Urapunga sicher erreichen«, sagte der Richter zuversichtlich.
»Hoffentlich«, erwiderte ich. Ich war innerlich schon vor dem Start ziemlich angespannt. »Hatten Sie schon einmal mit einer Hexe zu tun?«
»Nein, noch nie. Ich werde sie aburteilen wie jeden anderen Menschen.« Murray Watson lächelte. »Es gibt keine Vorschriften, wonach man Frauen, denen nachgesagt wird, daß sie Hexen sind, anders behandeln soll.«
»Sie glauben nicht so recht daran, daß es Hexen gibt, nicht wahr?« fragte ich, während Kenny Koba startete.
»Ehrlich gesagt, ich kann mich mit einem solchen Gedanken nicht anfreunden«, erwiderte Watson.
Die Maschine war bereits in der Luft. Ich schaute nach unten. Der Boden entfernte sich immer mehr.
»Hat Koba Ihnen erzählt, was ihm zugestoßen ist?« fragte ich.
»Ja.«
»Was halten Sie davon?«
»Ich weiß es nicht. Ich bin ein Mensch, der wenig Phantasie hat, Mr. Ballard. Ich kann mir nur sehr schwer vorstellen, daß so etwas tatsächlich geschehen ist. Mein ganzes Leben wurde seit jeher von Vernunft beherrscht.«
»Dann gehören Sie wohl zu den Leuten, die nicht glauben, was sie nicht sehen und nicht angreifen können.«
»Mit Einschränkungen natürlich. Ich habe zwar den schiefen Turm von Pisa auch noch nie gesehen, aber ich glaube doch, daß es ihn gibt. Nur wenn es irreal wird, dann bin ich irgendwie verloren.«
Wir ließen Darwin hinter uns. Ein letzter Blick zurück. Die Stadt liegt auf einer Landzunge, die in die Timor-See vorspringt. Von hier oben war dies wunderbar zu erkennen.
Ich erfuhr Genaueres über den grausamen Doppelmord, den Lucie Lamarr verübt hatte, und mir schnürte es unwillkürlich den Hals zu. Jetzt hatte auch ich eine Ahnung. Ich glaubte, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu wissen, daß Mr. Silver und ich es schon bald mit dieser gefährlichen Hexe zu tun kriegen würden.
Vorausgesetzt, es gelang uns, die Hürde, die Lucie Lamarr zwischen Darwin und Urapunga errichtet hatte, zu überwinden. Ich war davon überzeugt, daß die Helfer der Hexe nicht lange auf sich warten lassen würden.
»Tony!« rief in diesem Augenblick Mr. Silver. Er wies nach vorn. Wir alle sahen sie, die graue Wolke, die aus dem Nichts entstanden war, und auf die wir geradewegs zuflogen.
Sie barg Tod und Verderben in sich, und es war Kenny Koba unmöglich, trotz seiner fliegerischen Brillanz, der Wolke auszuweichen…
***
Zunächst hatte Dean-Paul Dutton das Haus der Hexe allein auf den Kopf gestellt, dann hatte ihm Sheriff Quincey Hagman bei der Suche geholfen, aber die Mordwaffe war nicht zu finden gewesen. Das störte den Sheriff jedoch nicht. Er war zuversichtlich, daß das rothaarige Mädchen trotzdem von Richter Watson zu lebenslanger Haft verdonnert werden würde.
Lucie Lamarr saß geduldig in ihrer Zelle. Wenn ihr der Sheriff das Essen brachte, weigerte sie sich, es anzunehmen.
»Du mußt essen«, sagte Hagman jedesmal eindringlich.
»Ich muß gar nichts«, erwiderte Lucie.
»Du wirst schwach, wenn du nichts ißt.«
»Ich werde auch ohne diesen Fraß bei Kräften bleiben«, gab Lucie Lamarr zurück, und in ihren Augen war ein fanatisches Feuer.
Und so war es tatsächlich. Obwohl das Mädchen während der ganzen Haftzeit keine Nahrung zu sich nahm, sah es nach wie vor blühend aus. Es schien von Tag zu Tag sogar kräftiger zu werden. Hagman konnte sich das nicht erklären. -An diesem Morgen - etwa zur gleichen Zeit, als Kenny Koba, Richter Watson, Mr. Silver und Tony Ballard in Darwin aufbrachen - versuchte es der Sheriff mit einem besonders leckeren Frühstück. Toast, Marmelade, Butter, Ham and eggs und herrlich duftendem Kaffee…
»Nun, wie stehen meine Chancen heute, daß du essen wirst?« fragte er.
»Schlecht - würde ich sagen«, gab Lucie Lamarr kühl zurück. Sie schien irgendwie verändert zu sein. In ihrem Blick war ein feindseliger, lauernder Ausdruck, so als führte sie etwas im Schilde.
»Willst du deinen Hungerstreik nicht beenden, Lucie? Was bezweckst du damit?«
»Nichts.«
»Normalerweise wollen Häftlinge damit etwas erzwingen.«
»Ich nicht. Ich lehne es
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