GK446 - Der Geisterhenker
dünn miteinander gingen. Also würden sie auch hier Zusammenhalten. Vielleicht hatten sie Glück. Vielleicht schafften sie das Unmögliche.
Und dann würden sie rennen, daß sie die Absätze verloren.
»Wie packen wir’s an?« wollte Torsten Klenke wissen.
»Wir stürmen von zwei Seiten auf den Galgen zu«, sagte Oliver Kirste. »Mal sehen, was dann passiert.«
»Wir spielen mit unserem Leben.«
»Ich weiß. Aber wir sind das diesem Mann schuldig, Torsten. Wenn wir ihm nicht helfen, stellen wir uns mit dem Geisterhenker auf dieselbe Stufe.«
Sie trennten sich, nachdem sie einander viel Glück gewünscht hatten. Ihre Herzen trommelten so kräftig gegen die Rippen, daß sie befürchteten, die Geister könnten es hören.
»Hast du noch einen letzten Wunsch?« fragte der Henker spöttisch.
»Ja«, antwortete Frank Poelgeest.
»Und der wäre?«
»Fahrt zur Hölle.«
Der Geisterhenker trat zurück und gab damit die Falltür frei. Frank Poelgeest wußte, daß es jetzt nicht mehr lange dauern würde. Seine Nerven vibrierten. Jede Sekunde konnte sich die Falltür öffnen.
Mein Gott! stöhnte er im Geist. O mein Gott, warum läßt du das zu…?
***
Ich stand verdattert da. Die Geisterknechte hatten sich mit Frank Poelgeest vor meinen Augen in rotem Dampf aufgelöst, waren verschwunden, und ich hatte das Nachsehen, wie man sagt. Dabei hatte ich nicht einmal das »Nachsehen«, wenn man es wörtlich nahm, denn die Geisterschergen waren mit ihrem Opfer aus meinem Gesichtsfeld verschwunden.
Es kribbelte unter meiner Haut.
Lance trat neben mich. »Verdammt, es gibt sie überall, die Abgesandten der Hölle.«
»Das weiß ich schon lange«, knurrte ich. »Du kannst sie überall auf der Welt antreffen. In jeder Stadt. Im entferntesten Winkel dieser Erde. Denn ihr Machthunger ist unersättlich. Sie versuchen ständig mehr Terrain zu gewinnen, bemühen sich fortwährend, einen Nährboden zu schaffen, auf dem sich das Böse wie ein würgendes Gewächs ausbreiten kann. Nur wenige sind in der Lage, diese drohende Gefahr einzudämmen: John Sinclair, Professor Zamorra, Damona King, ich…«
»Was haben die Geisterknechte mit Frank Poelgeest vor, Tony?«
»Keine Ahnung. Aber bestimmt haben sie ihn nicht zum Skat geholt.«
»Du befürchtest, sie werden ihn töten?«
»Aus welchem Grund sollten sie ihn sich sonst geschnappt haben? Sie waren gekleidet wie Henkersknechte. Da liegt der Schluß sehr nahe, daß es Frank Poelgeest ans Leben gehen soll.«
Lance Selby boxte mit der geballten Rechten in die offene Linke. »Verflucht, und wir können nichts für den Holländer tun. Wir haben keinen blassen Schimmer, wohin ihn die Geisterknechte verschleppt haben. Vielleicht sind sie mit ihm in eine andere Dimension abgezischt.«
»Auch möglich«; sagte ich und stellte mich auf den Fleck, auf dem die Schergen mit Frank Poelgeest verschwunden waren.
»Was hast du vor?« fragte Lance.
»Ich will etwas versuchen.«
»Und was?«
»Vielleicht schaffe ich es, mit Hilfe meines magischen Rings Poelgeest zu orten.«
»Ich fürchte, das wird dir nicht gelingen, Tony.«
»Auf jeden Fall ist es einen Versuch wert«, sagte ich und schloß die Augen. Ich legte den schwarzen Stein meines goldenen Rings an meine Stirn und konzentrierte mich auf den Holländer. Aber nicht nur auf ihn, sondern auch auf die Geisterschergen, die da gestanden hatten, wo jetzt ich stand.
Sofort bekam ich Kontakt mit einer schwarzmagischen Reststrahlung. Sie richtete sich gegen mich, griff mich an, blockte die Spur der Geisterknechte ab. Ich merkte, wie sich die Strahlung in meinen Geist wühlte und mich in die Knie zwingen wollte, aber das verhinderte mein magischer Ring. Er kämpfte wirkungsvoll gegen die Attacken des Bösen an, spaltete die Kräfte und löste sie auf. Dadurch war mir aber auch die Möglichkeit genommen, ihnen zu folgen.
Erschöpft öffnete ich die Augen und schaute Lance Selby enttäuscht an. »Du hast recht, es ist mir nicht gelungen.«
Der Parapsychologe schüttelte langsam den Kopf. »Der arme Frank Poelgeest. Was wird nun mit ihm werden…«
***
Torsten Klenke holte sein Taschenmesser heraus und öffnete es. Eine lächerliche Waffe gegen Geister, aber immer noch besser als gar keine, dachte er. Das Ende des Delinquenten war nahe. Sie durften keine Sekunde länger zuwarten. Torsten sah seinen Freund hinter dem Gebüsch hervorschnellen.
»Ihr verdammten Teufel!« schrie Oliver. »Laßt diesem Mann sein Leben!«
Die durchscheinenden
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