Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Glaesener Helga

Glaesener Helga

Titel: Glaesener Helga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfe im Olivenhain
Vom Netzwerk:
druckste herum.
»Nun?«
»Sie fehlen ihr, wenn ich so frei sein darf, das zu sagen. Sie spricht nicht darüber, aber Sie fehlen ihr entsetzlich.«
»Das glaube ich nicht«, meinte Cecilia, doch sie merkte, wie ihr Herz weicher wurde.
»Der Dottore wird jetzt oft gerufen. Bitte verraten Sie nicht, dass ich zu Ihnen darüber gesprochen habe.«
»Was fehlt ihr denn?«
»Die Tropfen, die zu holen ich geschickt werde, dienen der Stärkung des Herzens.«
»Ihr Herz war schon immer schwach.«
»Gewiss, aber es scheint inzwischen doch ernster … Sie wird nicht wollen, dass ich es erwähne.«
Ein merkwürdiger Gedanke, dass Großmutter Bianca sterben könnte. Dann wäre meine Familie tot, jedenfalls der Teil, den ich kenne, dachte Cecilia beklommen. Als sie an die von den Jahren gedunkelte und von Koffern angestoßene Tür des Gastzimmers klopfte, hatte sie die besten Absichten auf Versöhnung.
»Bitte?«
Großmutter saß in einem thronähnlichen Sessel, dessen Rückenlehne über ihren Kopf hinausragte. Ihre Gesichtsfarbe war bleich, aber sie hielt sich so gerade wie eh und je. Obwohl sie eben erst angekommen war, schien das Zimmer bereits ihren Geruch angenommen zu haben: Lavendel. Die zerwühlten Decken auf dem Bett zeigten, dass sie geruht haben musste. Aber auf ihrem Gesicht war kein Rest von Schläfrigkeit zu entdecken.
»Großmutter! Nun das ist wirklich eine Überraschung. Warum sind Sie nicht zu mir …«
Die alte Frau pochte mit dem Stock auf den Boden. »Ich wünsche mit meiner Enkeltochter allein zu sprechen.«
Stefana, die Zofe, die dabei gewesen war, Großmutters Schultertuch auf der Bettdecke glatt zu streichen, knickste, erschrocken ob des kühlen Tons, und verschwand mit Ariberto im Flur. Cecilia trat näher, um ihre Großmutter auf die Wange zu küssen, doch die alte Frau drehte den Kopf zur Seite.
»Du hast also dieses Ungeheuer wieder in dein Leben gelassen.«
»Bitte?«, fragte Cecilia betroffen.
»Wie hast du es angestellt? Ihm Briefe geschickt? Ihn angebettelt, dass er zu dir zurückkommt? Bist du ihm bis nach Neapel hinterher gekrochen?«
Wie betäubt starrte Cecilia ihre Großmutter an. »Woher wissen Sie …?« Sie hätte sich auf die Zunge beißen können. Wenn das nicht wie ein Schuldeingeständnis klang! »Ich habe natürlich nichts dergleichen getan. Ich … war völlig überrascht, als er plötzlich hier auftauchte.«
Großmutter klackte ungeduldig mit dem Stock auf den Boden. »Es spielt keine Rolle, wie die Affäre erneuert wurde …«
»Es gibt keine Affäre!«
»Unterbrich mich nicht. Ich bringe kaum fertig, es zu glauben. Das Mädchen, das von mir aufgezogen wurde! Dieses charakterlose Subjekt verführt und schwängert dich, es tritt dich in den Schmutz, es ruiniert dein Leben …«
Warum unterhältst du dich nicht mit Rossi? Cecilia schüttelte heftig den Kopf. »Ich sagte es doch schon: Ich habe den Mann nicht hierher gebeten.«
»Mäßige deine Stimme!«, entrüstete Großmutter sich.
»Er ist …«
»… die Ursache, dass dir ein Leben mit Ehemann und Kindern versagt bleibt. Glaubst du, ich hätte allen Klatsch in Florenz ersticken können? Glaubst du, man hätte nicht gemerkt, dass du fülliger geworden bist, vor einem Jahr? Man hätte deine plötzliche Abreise übersehen? Augusto Inconti hätte dich retten können …«
»Großmutter …«
»Du unterbrichst mich schon wieder.«
Eine frühe Fliege summte an der Fensterscheibe. Wieder und wieder schwirrte sie gegen das Glas. So war es eben im Leben. An manchen Hindernissen brach man sich die Flügel. »Ich hasse ihn gewiss nicht weniger als Sie«, erklärte Cecilia tonlos.
»Gut.« Großmutters Stimme wurde kühl. »Da du dich einsichtig zeigst, werde ich dich wieder in meinem Haus aufnehmen. Du begleitest mich zurück nach Florenz.«
»Bitte?«
»Pack deine Koffer. Ich werde die Nacht brauchen, um zu ruhen. Aber gleich morgen früh …«
»Ich soll Sie begleiten?«
Großmutter presste ihre dünnen, blauen Lippen zusammen. Kurz blickte sie zum Fenster, wo die Fliege immer noch die Flucht versuchte. Dann fasste sie ihre Enkeltochter wieder ins Auge. »Ariberto wird dich um zehn Uhr in der Früh abholen.«
»Nach Florenz? Wo … wo sich alle über mich das Maul zerreißen? Haben Sie das nicht gerade gesagt?«
Großmutter zwinkerte, offensichtlich irritiert über den derben Ausdruck. »Inconti wird dich heiraten. Dafür werde ich sorgen.«
»Ich habe ihn bereits abgewiesen.«
»Er hat sich noch nicht nach einer neuen Braut umgesehen. Das

Weitere Kostenlose Bücher