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Glashaus

Glashaus

Titel: Glashaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gray
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fragt, lässt Du Dir einfach `ne schöne Geschichte einfallen, okay? Und sobald Du sie hier hast, schließt Du sie solange weg, bis ich wieder hier bin.“
    „ Aye, aye Massa!“

    00 Uhr 48. Younas stand auf dem Parkplatz hinter einem mit Breitreifen aufgemotzten Skoda. Wie damals im Gefängnis hielt er seine Zigarette mit Daumen und Zeigefinger, so dass seine hohle Hand ihre Glut verbarg. Vor einigen Minuten hatte er den Kofferraum des Toyota geöffnet, eine grüne Einkaufstüte aus Plastik aus dem Wirrwarr darin hervorgezogen, zerteilt, anschließend über beide Nummernschilder gestreift und in den beiden schmalen Spalten zwischen Nummernschildern und Stoßstangen festgeklemmt. Nichts, was lange halten würde. Doch das sollte es schließlich nicht – wenige Augenblicke genügten bereits.
    All die Zeit, die er hier auf das pummelige Mädchen gewartet hatte, hatte er versucht sich auf den Augenblick zu konzentrieren, nachdem getan war, was getan werden musste, er in seinen Wagen sprang und den Parkplatz verließ. Immer wieder hatten er seitdem die wenigen Schritte zum Toyota vermessen und die Lautstärke eines Schusses mit den dumpfen Schlägen der Beats, die aus der Disko drangen, verglichen.
    Ganz in der Nähe Geflüster. Younas fuhr herum. Starrte in Richtung der geparkten Wagen. Zehn Sekunden. Zwanzig. Unter dem geschlossenen Verdeck eines rostigen Saab-Cabrios rührte sich etwas. Younas Augen verwandelten sich in zwei schmale dunkel schimmernde Schlitze. Ein heller, wirrer Haarschopf, der rhythmisch immer wieder über der Fensterkante der Beifahrertür auftauchte. Dann für eine Weile ganz verschwand. Schließlich Arme und Oberkörper eines Mädchens, das ihr Oberteil über Kopf und Haarschopf streifte.
    Da war das pummelige Mädchen, von dem er immer noch nicht sicher war, wie er es aus dem Weg schaffen sollte, wenn es soweit war. Und nun auch noch dieses Pärchen in dem Saab. Die bloßen, hinter ihrem Kopf verschränkten Arme des vögelnden Mädchens waren von hunderten winziger Sommersprossen übersäht. Fast unmerklich begann der schwere alte Wagen in den Federn zu wippen.
    Er hatte geglaubt der erste Mord würde der schwerste sein. Alles andere danach konnte nur leichter sein. Doch das war ein Irrtum. Es wurde nicht leichter. Das Töten und die Gewalt hatten ihn nicht unempfindlicher gemacht. Sondern in ihm eine Sensibilität selbst für so winzige nebensächliche Details, wie die Sommersprossen auf den nackten Armen des vögelnden Mädchens dort drüben, geweckt. Eine Sensibilität, die ihm jetzt hier sogar daran hindern könnte, ebenso schnell, überlegt und kühl, wie die beiden Male zuvor, zu tun, was nun mal zu tun war?
    Die Hitze seiner heruntergebrannten Kippe schnitt ihm schmerzhaft ins Fleisch.
    Schmale geisterhafte Hände, die sich jetzt aus dem dunklen Inneren des rostigen Saabs zu den wippenden Brüsten des nackten Mädchens ausstreckten.
    Younas, dem unvermittelt aufging, wie unfassbar die strikte Endgültigkeit des Todes wirklich war.
    Ein Knoten löste sich in ihm. Er war plötzlich darüber hinaus, sich noch über das Pärchen in dem Saab, oder das pummelige Mädchen Gedanken zu machen. Sollten sie eben zusehen oder nicht.
    Das Geräusch von Schritten. Younas sah sich vorsichtig danach um. Das pummeligen Mädchens und der rothaarige DJ.
    Halb hinter dem Toyota verborgen, zog Younas die Waffe aus dem Mantel.
    „ Ich hab keine Ahnung, Mann. Der Typ hat mir `nen Zehner versprochen, wenn ich dich hier raus bringe.“
    Die Stimme des pummeligen Mädchens.
    „ Is ja schon gut. Ich versteh`s nur nicht.“
    Konzentrierte Leere überrannte Younas, während er jetzt die Hand mit der Waffe vorsichtig auf das Wagendach legte, den Lauf der Pistole ausbalancierte – wartete.
    Da waren sie.
    Der Junge bei dem pummeligen Mädchen war mittelgroß, fast dürr und hatte tatsächlich feuerwehrautorote Haare.
    Younas atmete ruhig und tief ein. Justierte dann noch einmal die Waffe.
    Ein trocknes halblautes KLACK.
    Die Stirn des rothaarigen Jungen explodierte in einer feinen Wolke aus Knochen, Blut und graugelber Hirnmasse, die sich über Gesicht und Oberkörper des pummeligen Mädchens verteilte.
    Ungläubig streckte sie ihre Arme dem fallenden Jungen entgegen und glitt – sein Gesicht an ihrer Brust – mit ihm zusammen zu Boden.
    Bilder, die träge wie aus einem undichten Wasserhahn in Younas Seele tropften.
     
    00 Uhr 57. Der tätowierte Typ vorm Eingang nahm keine Notiz von Boyle als er sich an ihm

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