Glashaus
Leiter Mord. Becker ist kommissarischer Polizeipräsident. Ich lass meinen Zeugen bei euch. Kein Schmierenschreiber oder Fernsehaffe erfährt von seiner Existenz. Wenn er gehen will, ruft im Präsidium an und ihr kriegt jede richterliche Verfügung, die ihr braucht, um ihn hier fest zu halten. Außerdem brauch ich jetzt endlich diese scheiß Vermisstenliste.“
Stille breitete sich aus wie Ringe in Wasser, nachdem man einen Stein hineingeworfen hatte.
Teddy Amins Grinsen, das blanken Hass auf Meyer Fünfs Gesicht erstehen ließ.
Irgendwer reichte Boyle wortlos zwei eng bedruckte DIN A 4 Seiten.
Draußen vor dem Revier war Nieselregen wieder einmal einem samtig klaren Himmel gewichen.
„ Das BAND, Teddy. Abbas Aussage.“
Boyle wandte sich zum Reviereingang zurück. Doch Teddy griff in die Tasche seiner Jeans und warf Boyle eine kleine Tonkassette zu. Boyle steckte sie ein. Verharrte dann, die Hand aufs Dach von Teddys Wagen gelegt.
„ Was?“
Boyle sah Teddy an.
„ Wenn der alte Mann Recht hat und diese beiden Männer heute Nacht tatsächlich einfach so in Halifs Haus marschiert sind und trotzdem immer noch keiner weiß wo Halif selbst abgeblieben ist, frage ich mich, weshalb wir keine Meldung von den Zivilfahndern bekommen haben, die Halif seit Monaten beschatten?“
„ Halif wurde beschattet?“, fragte Teddy sichtlich erstaunt.
„ Na klar. Premuda zeitweise auch. Nur haben sie es bei ihm gelassen weil sie dachten, dass er wegen seiner Krabbe abnippelt. Du standest auch auf ihrer Liste. Aber Halif und Premuda waren ihnen am Ende wichtiger, und sie haben sowieso zu wenige Leute, deswegen bist Du vom Haken gekommen.“
Boyle war nicht sicher ob Teddy ihm glaubte. Es war ihm derzeit aber auch mehr oder weniger egal.
„ Wer hätte die Bewacher denn abziehen können?“
„ Das waren LKA–Leute, die unterstehen nicht dem Präsidium.“
„ Aber Stiller war da mal `n hohes Tier, oder?“
4 Uhr 02 . Der Junge hatte Younas angegriffen. Sie mussten sich eine Ewigkeit da unten zwischen den zerbrochenen Möbeln ineinander verkrallt auf dem Boden gewälzt haben, bevor die Schreie des zweiten Jungen erstarben und Younas es geschafft hatte an seine Waffe zu kommen, die er während des überraschenden Angriffs des Jungen irgendwie verloren hatte.
Jetzt war sein Gesicht bloß noch eine unförmige Masse aus Blut, weißen Knochensplittern und gelblichem Fett.
Younas befühlte den tiefen Schnitt in seinem Oberarm. Ergebnis des überraschenden Angriffs des Jungen mit einer zerbrochenen Bierflasche. Erst jetzt im Angesicht des Toten wurde ihm sein schwerer Atem bewusst und gewann der Schmerz in seinem Oberarm genug Gewicht sich in Younas Bewusstsein zu schneiden.
Younas machte sich durch den Schleier des Schmerzes und des Adrenalinschubs hindurch klar wie LANGE es gedauert hatte, bis der Junge nach dem Schuss in sein Gesicht zu zucken und sich zu winden aufgehört hatte.
Für die anderen drei Jungen mochte ihr Tod auf irgendeine verdrehte Weise immer noch überraschend gekommen sein. Doch diesem musste von Beginn an klar gewesen sein, dass seine Auseinandersetzung mit Younas auf Leben und Tod ging. Er hatte nicht mit Gnade gerechnet.
Schweiß rann Younas aus sämtlichen Poren. Dazu die plötzliche Stille gegen die weder der Atem des zweiten Jungen, noch sein eigener irgendetwas auszurichten schien.
Younas sah von der blutenden Leiche am Boden auf. Sein Blick traf zwangsläufig auf den zweiten Jungen mit den kindlichen Gesichtszügen.
Als der Junge nach einem schweren Kristallglas griff, das er Younas in einer lächerlich sinnlosen Hoffnung an den Kopf zu werfen versuchte, kostete es Younas keine Mühe auszuweichen, danach die Flinte aufzunehmen und sie dem Jungen mit einem harten Schwung in den flachen Bauch zu schlagen.
Von draußen plötzlich das Geräusch eines Wagens. Zwei Augenblicke, bis das tiefe Blubbern des Motors erstarb. Weitere drei, bis Younas Schritte sich der Tür des Hauses nähern hörte.
4 Uhr 13. „Meinst Du man braucht Talent um zu töten, Teddy?“
Teddy öffnete sein rechtes Auge und schielte zu Boyle herüber.
„ Du meinst so wie ein guter Barkeeper Talent braucht, oder ein Maler, oder ein Schriftsteller?“
„ So ungefähr ja.“
Teddy schloss sein offenes Auge wieder.
„ Es ist, glaube ich, nicht mal das Töten an sich, dazu ist am Ende jeder fähig, aber ein richtiger Mord, das ist was anderes. Dafür brauchst Du ein Gefühl für Gewalt und Macht. Ja, ich glaube, dass
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