Glaub nicht es sei vorbei
und ließ den Wagen auf Augenhöhe steigen.
Die anderen machten sich unverhohlen über ihn lustig. Als er den Job bekommen hatte, hatte Doug ihm geraten, »cool« zu bleiben und »mit dem Strom zu schwimmen«. Nun, das war nicht seine und auch nicht Lynns Art, und darauf war er stolz. Er hatte nicht vor, sich zu verkaufen, so wie Doug, den er mittlerweile für seine biederen Lebensweisheiten und guten Ratschläge richtig hasste.
Ein lächerlicher Fettkloß, das war er in Larrys Augen. Larry hatte auch keinerlei Anstrengungen unternommen, sich mit einem seiner Arbeitskollegen anzufreunden. Im Gegenteil, er gab sich arrogant und überheblich und ließ alle wissen, dass er auf ihre Freundschaft keinen Wert legte. Die Konsequenz war, dass ihn niemand leiden konnte. Und der alte Maloney konnte ihn nicht ausstehen.
Larry griff sich den Elektroschrauber und machte sich an den Muttern zu schaffen, die sich unter lautem Surren lockerten. Larry liebte dieses Geräusch. Er hatte nur einen Tag blau gemacht, dachte er grollend, während er die Reifen abnahm und die Bremsscheiben inspizierte. Die tiefen Rillen bedeuteten, dass der Wagen neue Bremsklötze brauchte. Nur ein lausiger Tag in sechs Monaten. Maloney war sauer gewesen, weil er nicht angerufen hatte, und wollte nicht glauben, dass Larry krank gewesen war. »Sogar deine Schwester war hier und hat nach dir gefragt«, hatte er gedonnert.
»Wir wohnen nicht im selben Haus. Sie hat nicht gewusst, dass ich krank war«, hatte er sich gerechtfertigt.
Maloney hatte es ihm nicht abgekauft. Zu Recht. Larry war nicht krank gewesen. Als er gegen Mittag nach Hause gekommen war, hatte Lynn ihm vor seiner Wohnung aufgelauert.
»Wo bist du gewesen?«, hatte sie ihn angefahren.
Das brachte Larry zur Weißglut. »Was geht dich das an?«
»Du hast die Arbeit sausen lassen. Und letzte Nacht warst du auch nicht zu Hause, ich habe dich angerufen.« Sie war den Tränen nahe und hätte fast geschrien: »Und was ist mit Skeeter Dobbs?«
Die Vettel in der Wohnung nebenan hatte die Tür aufgerissen und ihren Kopf rausgesteckt, um zu glotzen. Er hatte zurückgeglotzt und Lynn in seine Wohnung geschoben. Lynn hatte immer weiter gezetert, in voller Lautstärke, und er hatte den Fernseher eingeschaltet, um ihre Stimme zu übertönen. In den Mittagsnachrichten hatte Kelly Keene über das Mordopfer Carson »Skeeter« Dobbs gequasselt, während Larry eiskalt abgestritten hatte, den alten Trottel in den letzten Wochen auch nur gesehen zu haben.
»Wo warst du dann?« Lynn war hartnäckig geblieben.
»Du meinst, wenn ich nicht gerade Skeeter ermordet habe, was natürlich das Naheliegendste wäre? Nicht alle Leute in dieser Stadt hassen mich. Ich habe eine Freundin, Lynn. Ich war bei ihr.«
»Die ganze Nacht? Bis zum Mittag? Hast du vergessen, dass du noch immer auf Bewährung bist und die Stadt nicht verlassen sollst?«
Ihr platinblondes Haar und die hellen Augen verschmolzen mit dem grellen Sonnenlicht, das durch das Fenster schien. Sie bestand nur noch aus einem grausamen purpurroten Mund. »Hör jetzt endlich auf zu kreischen!«, fauchte Larry. »Gott, du klingst wie unsere Mutter. Immer am Rumschreien, Nörgeln, Vorwürfe machen, und immer voller Angst, wir könnten sie vor allen Leuten blamieren.«
»Jesusmaria, wie mag sie nur darauf gekommen sein?«, sagte Lynn sarkastisch.
Larry warf ihr einen mörderischen Blick zu. »Wenn sie uns nicht immer das Schlimmste zugetraut und für nichts und wieder nichts bestraft hätte, wären wir vielleicht anders geworden.«
»Vielleicht hat sie uns ganz richtig eingeschätzt: Wir waren ja auch ein paar selbstsüchtige, faule Rumtreiber und nur daran interessiert, möglichst schnell wieder high zu werden!«
»Was soll das werden? Noch ein Kapitel aus dem Buch von Douglas Hardison Wie werde ich zum Biedermann? Erste Lektion — Bekenne deine Fehler?«
»Was ist daran so falsch? Es ist nicht Moms Schuld, dass wir so viel Mist gebaut haben. Wenigstens hatte ich so viel Verstand, das Ruder noch rechtzeitig herumzureißen. Und dir hätte ich das auch zugetraut, aber sieh dich doch bloß mal an! Blutunterlaufene Augen! Bartstoppeln! Wegen deiner Schönheit mag dich das Mädchen bestimmt nicht. Wer ist sie überhaupt?«
»Geht dich nichts an.«
»Alles, was dich betrifft, geht mich was an.«
Er hatte sie gelangweilt angesehen. »Ich bin über 21, Schwesterchen. Schon 'ne ganze Weile.«
»Ja, und du hast einen Job. Frank hat sich ganz schön ins Zeug
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