Glaub nicht es sei vorbei
Dreckskerl erkannt, der das getan hat?«, fragte die blonde Sanitäterin.
»Nein.«
»Verstehe. Das letzte Mal, als Sie den Unfall hatten, da waren Sie angeblich erblindet. Und welche Ausrede haben Sie diesmal?«
Endlich erkannte Rebekka die Stimme. Sie gehörte der Frau, die sie nach ihrem Unfall vor dem Restaurant verarztet hatte. Damals hatte sie geglaubt, Rebekka sei betrunken gewesen. Sie stand auf und beugte sich über Sonia. »Setzen Sie sich, Ma'am. Sie tropfen mir ja alles voller Blut.«
Rebekka besah sich ihre notdürftig verbundenen Handgelenke. »Wie wäre es mit einem besseren Verband?«, fauchte Rebekka.
»Das wird man im Krankenhaus erledigen. Jetzt entspannen Sie sich und machen Sie nicht so viel Wind.«
»Ich mach doch keinen Wind«, setzte Rebekka an und verstummte wieder. Diese Frau mochte sie nicht. Daran ließ sich nichts ändern.
Als sie im Krankenhaus ankamen, wurde Rebekka schwindelig. Sie stolperte aus dem Wagen, und jemand kam ihr zu Hilfe. Bevor sie jedoch sein Gesicht sehen konnte, verlor sie auch schon die Besinnung. Als sie erwachte, lag sie in einem Untersuchungszimmer. Das Gesicht einer Krankenschwester war nur wenige Zentimeter über dem ihren. Rebekka zuckte zusammen, und die Frau sagte beschwichtigend : »Ist schon gut, Liebes. Im Krankenhaus sind Sie sicher. «
»Wo ist Sonia?«, fragte Rebekka.
»Dr. Bellamy behandelt sie gerade. Ich heiße Myra. Myra Kessel. Ich arbeite normalerweise gar nicht in der Notaufnahme, aber heute Abend herrscht hier Hochbetrieb.« Sie nahm Rebekkas Hand. »Alles in Ordnung, Miss Ryan. Nur ein paar Schnitte über den Pulsadern. Nicht so tief, wie sie hätten sein können, trotzdem haben Sie ein wenig Blut verloren.«
»Man wird glauben, ich hätte versucht, mich. umzubringen.«
Myra lächelte, und an den Außenseiten ihrer warmen braunen Augen bildeten sich viele Lachfältchen. »Die Leute werden Sie für eine Heldin halten.«
»Aber das bin ich gar nicht. Sonia ist verletzt.«
»Sonia verdankt Ihnen ihr Leben. Jetzt möchte ich., dass Sie liegen bleiben und sich ausruhen. Wir halten Ihre Arme hoch, und ein Pfleger wird Ihre Schnittwunden wieder zunähen.«
»Okay.« Rebekka war plötzlich wieder schwindelig und sie schloss die Augen wegen des grellen Lichts. Die letzte Stunde kam ihr unwirklich vor. Sie konnte noch immer nicht ganz fassen, was passiert war. Aber Sonia war am Leben. Nur das zählte.
»Sonias Bruder«, sagte sie, als die Schwester Nadel und Faden vorbereitete. »Er war in der Bibliothek, Mrs. Kessel. Ist er jetzt hier?«
»Für Heldinnen bin ich Myra, und ja, er ist hier.«
»Und Mrs. Ellis?«
»Wir konnten sie nicht finden. Der Bruder hat gesagt, sie sei in der Chorprobe, aber als man in der Kirche anrief, hatte niemand sie gesehen.« Sie lächelte. »Aber Ihr Vater ist hier. Möchten Sie ihn sehen?«
»Er ist mein Stiefvater«, sagte Rebekka, »und ich möchte ihn gerne sehen.«
»Also gut. Aber nur unter der Bedingung, dass Sie Ihren hübschen Kopf auf dem Kissen halten und aufhören, sich Sorgen zu machen. Alles ist gut, ich sagte es bereits. Ich bin gleich wieder da.«
Alles ist gut. Die Worte klangen in Rebekkas Kopf nach. Alles war gut, bis auf die Tatsache, dass jemand versucht hatte, ein siebzehnjähriges Mädchen umzubringen. Und das wäre dem Jemand auch gelungen, wenn Cory Ellis den Polizisten nicht dazu gebracht hätte, die Tür zum Pioniersaal einzutreten. Ja, alles in schönster Ordnung, bis auf die Tatsache, dass da draußen ein Mörder frei herumlief.
Frank kam in die Notaufnahme und sah aus, als hätte er keinen Tropfen Blut mehr im Gesicht. Seine haselnussbraunen Augen waren weit aufgerissen, und sein graumeliertes Haar ausnahmsweise unfrisiert. Er trat neben sie, berührte ihre Stirn und murmelte: »Um Gottes willen, Rebekka. Ist alles in Ordnung mit dir?«
»Physisch ja. Aber was das Psychische anbelangt, bin ich mir nicht so sicher. Ich kann einfach nicht glauben, was passiert ist, Frank. Das alles ist weitaus absurder als die Geschichten, die ich mir für ein Buch ausmalen könnte. Mutter ist nicht hier, nehme ich an?«
Frank sah noch immer sehr besorgt aus, antwortete jedoch ruhig. »Du weißt doch, dass sie sich beim Abendessen nicht wohl gefühlt hat. Ich habe ihr nicht einmal erzählt, was passiert ist, weil sie nicht in der Verfassung war ...«
»Du meinst, sie ist immer noch betrunken. Na ja, ist schon gut. Ich habe gehört, dass Mrs. Ellis auch nicht hier ist. Auch nicht auf der
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