Glaube der Lüge: Ein Inspector-Lynley-Roman (German Edition)
anders überlegen.«
MILNTHORPE – CUMBRIA
Zed fuhr nicht zurück zu seiner Pension in Windermere. Das hätte ihn viel zu lange aufgehalten bei dem, was ihm noch in seinem Hinterstübchen herumgeisterte. Und er hatte eine brandheiße Geschichte, die er so schnell wie möglich schreiben musste, damit er die Druckpressen noch rechtzeitig anhalten konnte. Schon lange hatte er nicht mehr so unter Spannung gestanden wie jetzt.
Nick Fairclough hatte versucht, alles vor ihm zu verbergen, aber das war ihm so gut gelungen wie einem dicken Mann, der versuchte, sich hinter einem Laternenmast zu verstecken. Der arme Mann hatte nicht das Geringste von dem geahnt, was seine Frau mit Lucy Keverne ausgeheckt hatte. Zed vermutete, dass die beiden Frauen Nick erst hatten einweihen wollen, wenn Lucy die halbe Schwangerschaft schon hinter sich hatte und es zu spät war für eine Abtreibung. So genau wusste Zed nicht, wie die Sache ablaufen sollte, da Nick sich darüber ausschwieg, wie das mit seinem Sperma geplant war oder ob Alatea sich bereits welches besorgt hatte, aber das war auch alles nicht so wichtig. So wie Zed das sah, hatte er es mit einem Ehemann zu tun, der von zwei Frauen reingelegt worden war, und zwar aus irgendeinem äußerst interessanten Grund, der garantiert ans Tageslicht kommen würde, sobald der erste Teil der Geschichte auf der Titelseite der Source erschien. Normalerweise dauerte es danach nicht länger als vierundzwanzig Stunden, bis die üblichen Verdächtigen aus ihren Verstecken gekrochen kamen und ausplauderten, was sie wussten, und spätestens dann würde Zed alles über Nick, Lucy und Alatea erfahren. Man sollte nicht zu viele Metaphern miteinander vermischen, dachte Zed, aber bei dieser Art von Journalismus war es einfach so, dass eine Story auf die nächste folgte wie der Tag auf die Nacht und die Nacht auf den Tag. Zuerst musste er jedoch die Story, soweit er sie bisher hatte, auf die erste Seite der Source bringen. Und was für eine saftige Story das war: Scotland Yard ermittelte in Cumbria in einem Mordfall und stolperte dabei zufällig auf die perfide Verschwörung zwischen einer heuchlerischen Ehefrau und einer hinterlistigen Stückeschreiberin, die bereit war, ihren Unterleib wie ein billiges Zimmer zu vermieten. Wahrscheinlich konnte man auch noch Anspielungen auf Prostitution unterbringen, dachte Zed. Denn wenn Lucy Keverne einen Teil ihres Körpers gegen Geld zur Verfügung stellte, war es doch naheliegend, dass sie dasselbe auch mit anderen Körperteilen tat.
Da Zed auf seinem Weg sowieso am Crow & Eagle vorbeikam, fuhr er kurz auf den Parkplatz. Das Hotel verfügte bestimmt über einen Internetanschluss, denn das brauchte heutzutage jedes Hotel, um im Geschäft zu bleiben.
Er hatte keinen Laptop dabei, aber das spielte keine Rolle. Er würde einfach ein paar Scheinchen über den Rezeptionstresen schieben, und schon würde man ihn den Computer des Hotels benutzen lassen. Um diese Jahreszeit mussten garantiert nicht viele Anfragen von Touristen bearbeitet werden. Mehr als zwanzig Minuten würde er nicht brauchen. Nachdem Rod den Entwurf gelesen hatte, würde Zed sich an die Feinarbeit machen.
Zed schnappte sich seine Notizen und stieg aus. Im Hotel trat er an die Rezeption, zückte seine Brieftasche und zählte hundert Pfund ab. Die würde er später als Spesen abrechnen, sagte er sich.
Er beugte sich vor und legte die Geldscheine auf die Tastatur des Computers, vor dem eine junge Frau saß. Der Bildschirm war an, aber die junge Frau telefonierte gerade mit einem Kunden, der sich anscheinend über die Größe und Beschaffenheit jedes einzelnen Zimmers im Hotel erkundigte. Sie schaute erst Zed an, dann das Geld, dann wieder Zed. Sie sagte »Einen Augenblick bitte« zu ihrem Gesprächspartner, drückte sich den Telefonhörer an die knochige Schulter und wartete auf eine Erklärung.
Zed legte ihr sein Anliegen dar, und sie brauchte nicht lange, um sich zu entscheiden. Sie beendete ihr Telefongespräch, steckte das Geld ein und sagte: »Wenn das Telefon klingelt, beachten Sie’s einfach nicht – der AB ist an. Sie werden mich doch nicht verpfeifen?«
»Sie sind nach oben gegangen, um für mich nach einem Zimmer zu sehen«, beruhigte er sie. »Ich habe gerade eingecheckt, und Sie lassen mich in der Zwischenzeit Ihren Computer benutzen, damit ich meine Mails abrufen kann. Zwanzig Minuten?«
Sie nickte. Dann flitzte sie die Treppe hoch. Erst als sie im ersten Stock verschwunden war,
Weitere Kostenlose Bücher