Glauben Sie noch an die Liebe
gesagt habe: »Das ist nicht gut genug.« Sie macht heute daraus: »Er war ein Brett im Bett, er wollte keinen Orgasmus haben, er wollte es nicht genießen.«
Reduziert sich Ihre Beziehung also nur auf eine sexuelle Ebene?
Nein, es war eine ganz große Liebe, eine wunderbare Liebesgeschichte. Aber mit dieser 68er-Erfahrung im Hintergrund, die gerade von uns gewichen war, kannst du das nicht mehr so toll finden. Sie, die diese Erfahrung nicht gemacht hatte, konnte das so toll finden, dass sie bis heute behauptet, das wär’s. Obwohl sie in letzter Zeit doch ein bisschen selbstkritischer wird.
Wie kommen Sie darauf? Sie haben doch gar keinen Kontakt mehr zu ihr.
Ich habe gerade ein neues Interview mit ihr gelesen, in einer Frauenzeitschrift. Da hat sie auch noch mal Fotos gemacht. Erstens sagt sie, sie sei in Therapie. Aus meiner Sicht spät zwar, aber immerhin. Und zweitens: »Sex ohne Liebe geht nicht.« Das war aber bisher ihr Ding. Jetzt kommt also plötzlich doch noch die Liebe dazu, von der sie wenig wusste. Sie meinte dazu: »Was soll das? Ist doch schön, was wir hier machen! Was willst du eigentlich?« Später hat Bockhorn das kaputt gemacht.
Sie meinen, wenn der Mensch, den Sie lieben, nicht liebesfähig ist?
Genau. Dieter Bockhorn, der Hamburger Kiezmensch, ist in der Beziehung mit Uschi total depressiv geworden, obwohl sie immer gesagt hat: »Wir leben das schönste Leben der Welt.« Und er hat sich dann umgebracht. Das hat sie nie verstanden. »Depressiv? Kenn ich gar nicht.« Jetzt endlich kommt sie dazu und sagt: »Ich habe auch dunkle Seiten in mir, ich habe es immer geleugnet, aber jetzt muss ich sie mir doch mal angucken.« So materialistisch oder so fixiert auf diese Sexgeschichte ist sie gewesen, dass sie bis heute jede Depression abgestritten hat.
Sie ist also rein hedonistisch motiviert gewesen und hat den tieferen Sinn der sexuellen Revolution nie verstanden?
Sie wäre am liebsten ein Panther oder eine Schwarze gewesen, denn die sind so sinnlich. Sie hat diese regressiven Vorstellungen. Das ist alles die materialistische Form von Liebe. Aber schon Sex findet eigentlich nicht zwischen den Beinen statt, sondern zwischen den Ohren. An Uschi kann man gut sehen, dass das Materielle nicht reicht. Sie war aber eine von den hartnäckigsten und, wenn man so will, brutalsten Verfechterinnen oder Praktizierenden dieses hedonistischen, materiellen Modells. Ohne Liebe, ohne den geistigen Aspekt.
Dann waren Sie beide eigentlich ja völlig inkompatibel. Wie konnten Sie Uschi trotzdem so sehr lieben?
Ich habe sie damals gesehen und war einfach erschlagen davon, dass eine Frau genauso aussieht wie ein Bild, das ich in mir habe. Das konnte ich gar nicht fassen. Es hat mich fasziniert. Und dann fand unsere Liebe in dem Geist von ’68 statt, als wir uns plötzlich jenseits der Schranken von Bildung und so weiter wahrnahmen. Ich glaube, wenn dieser Geist nicht gewesen wäre, dann wäre ich mit so einer Frau überhaupt nicht zusammengekommen.
Sie kam offensichtlich in die Kommune 1, um ihre kleinbürgerlichen Konventionen zu überwinden. Wie hat sie sich integriert?
Sie ist fast rückwärts wieder rausgefallen aus der Kommune: »Was, keine Intimsphäre? Das geht ja gar nicht. Orgien? Ich werde immer eifersüchtig sein.« Für jemanden, der die andere Erfahrung gemacht hat, ist diese Haltung irre.
Aber es war wohl auch der Konflikt, der das Ganze interessant gemacht hat …
Zunächst waren wir wirklich verliebt, sie vor allem. Ich wollte dieses andere Leben, und sie wollte auch nicht diese enge Spießerliebe, die so besitzorientiert ist. Ich fand das völlig in Ordnung. Sollte sie doch mit Jimi Hendrix schlafen. Klar, verstand ich ja. Unheimlich gut sogar.
Sagten Sie nicht gerade, dass am Anfang eher Sie polygam aufgestellt waren und Uschi das durchaus schwerfiel? Vielleicht hat sie ja auch erst angefangen, mit anderen zu schlafen, um sich an Ihnen zu rächen.
Sie war am Anfang tatsächlich monogam eingestellt und immer eifersüchtig. Schauen Sie mal: Wenn Sie einmal eine gute sexuelle Erfahrung machen – ich weiß nicht, ob Ihnen das je begegnet ist –, was haben Sie für ein Gefühl danach? Ich hatte damals bei Uschi, aber auch mit anderen Frauen, das Gefühl, dass ich die ganze Welt umarmen könnte. Ich liebte alles und alle. Und dann kommt die Frau und sagt: »Nur mich! Wehe …!«, und ich sage, dass ich das nicht kann. Das ist für mich verrückt. Wenn man mehr Menschen liebt, dann wird die
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