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Glencoe - Historischer Roman

Titel: Glencoe - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Lyne
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ausgedünnt und die Augen so, dass sie alles vergessen wollte – Ceana, Achallader, den Verrat –, nur ihn nehmen und schreien: Was haben die mit dir gemacht? Was ist kaputt an dir? Was wird nicht mehr heil?
    Sie wollte ihm das Sprechen abnehmen. Sie wusste ja, dass es ihm noch schwerer fiel als ihr, und er sollte es nicht schwer haben. Allein, sie täuschte sich. Während sie sich räusperte, räusperte auch er sich, und er war schneller fertig. »Ich bin gekommen, damit du es mir ins Gesicht sagst, dass du mich so bestrafen musst. Dass es dir recht scheint. Nicht zu hart.«
    Unter ihren Rippen zog sich ein Muskel zusammen, weil sie seine Stimme so schön fand. In seiner Stimme hörte sie, was er verloren hatte, etwas, das zuweilen geklungen hatte, als sei er nicht älter als Duncan, etwas, das ihr lieb gewesen war, obschones zugleich eine Plage sein konnte, etwas, das nicht mehr zurückkommen würde und in seiner Stimme eine Scharte ließ. Sie hätte seine Stimme gern gestreichelt.
    »Ja, ich bin feige«, sagte er, »aber bin ich damit allein? Sind alle anderen Helden? Hast du so eine Angst nie erlebt, dass in deinem Kopf alles durcheinanderfällt und du nichts tun kannst, nur laufen?«
    Sie hätte gern seine Wange gestreichelt. »Doch«, murmelte sie, »die kenn ich auch, die Angst.«
    Er strich sich über die Stirn, rieb mit den Knöcheln seiner Faust darauf herum. »Ja«, sagte er, »ich habe lauter unsägliche Dinge getan: Ich habe dein Tal mit einer kleinen Axt kaputt geschlagen, ich hab nicht aufhören können und weiß noch immer nicht, warum. Ich habe dir gelobt, mich zu bessern, und hab’s nicht gekonnt. In Achallader hab ich meinem Vater den Speichel geleckt und alles verpatzt, und dann hatte ich nicht einmal den Schneid, es dir zu sagen.«
    Nein , dachte Sarah, den hattest du nicht. Aber dass du keinen Hehl daraus machst, ist ziemlich schneidig.
    »Für mich hat sich schon immer die halbe Welt geschämt«, sagte er, »und ich hab mich auch geschämt, aber etwas von mir muss bei all dem Schämen übrig bleiben.«
    Und ich bin stolz darauf, dass du das kannst. Dich schämen.
    »Ich habe alles falsch gemacht, und jetzt habe ich kaum noch Zeit. Wenn ich es jetzt wieder falsch mache, dann gibt’s kein Glencoe mehr. Aber das muss ich dir sagen, ehe ich noch einmal versuche, etwas richtig zu machen: Was du getan hast, ist nicht recht. Von mir wegzugehen, ohne mir ein Wort zu sagen, ohne ein Wort von mir zu hören, ohne mich wenigstens bitten zu lassen, dass du mir vergibst.«
    Ich möchte dich so dicht zu mir nehmen, dass du mein Herz schlagen fühlst, dass dich mein Herzschlag streichelt. »Tu’s«, flüsterte sie.
    Er legte sich die Hand hinters Ohr, nicht hinter das rechte,wo er es sonst tat, sondern hinter das linke, furchte die Stirn und bog die Ohrmuschel auf.
    »Tu’s«, sagte sie lauter. »Bitte mich.«
    Abrupt senkte er den Kopf und sah an sich hinunter, wie um festzustellen, dass er schon auf Knien lag. Dann sah er sie wieder an, und sein Blick lag keineswegs auf Knien. »Vergib mir, Sarah.« Er hielt ihr die Faust hin, in der er den Haferkuchen zerdrückt hatte, faltete die Finger auf und zeigte ihr die leere Hand. »Du bist meine Frau, ich hab dir meinen Eid geschworen. Ich liebe dich.«
    Sarah hielt die Luft an, dann ließ sie sie leise durch die Zähne pfeifen. Das hättest du leichter haben können. Aber das hast du nicht nötig. Andere, aber nicht du. »Ist vergeben«, sagte sie. »Alles. Zehnmal.« Sie schob sich so nahe zu ihm, dass er die Knie öffnen und sie zwischen seine Schenkel rutschen lassen musste. Langsam hob sie die Hand. »Kannst du dich zu mir beugen, Sandy Og? Bitte.«
    Er brauchte ziemlich lange, bis er den Kopf neigte. Sie strich weich an seinem Hals vorbei und legte ihm die Hand um den Nacken, ließ sie liegen, bis die Spannung nachgab und sie kaum noch ein Zittern spürte. Mit den Fingerspitzen begann sie, seinen Nacken zu streicheln, und legte die freie Hand auf sein Herz.
    Sosehr sie sich wünschte, keine Nacht mehr in der Fremde zu verbringen, sondern ihr Kind zu nehmen und nach Glencoe zu reiten, so sehr fürchtete sie um Sandy Og, der sichtlich am Ende seiner Kräfte war, die Zähne zusammenbiss, wenn er sich Dreck von den Kleidern klopfte, und den Kopf nicht gerade hielt. Ich bin Sarah, die alles sieht. »Ich will, dass du dich ausruhst«, sagte sie.
    »Und dass ich mich wasche, oder?«
    Eilig küsste sie ihm den verdreckten Hals. »Die Tante schuldet uns

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