Global Warning
Sie so eine Nervensäge sind, muss ich Babysitter spielen. Was weiß ich denn schon vom Nahen Osten? Er ist heiß und sandig, und es gibt nirgendwo Burritos zu kaufen. Sagen Sie mir, wo wir sind. Schließlich sind Sie der Experte.«
Beamons schlaftrunkener Protest hatte etwas eigenartig Ehrliches an sich, und Erin presste die Nase an die Fensterscheibe, während sie eine gigantische Konstruktion überflogen, die vollständig aus silbrig schimmernden Röhren zu bestehen schien. Darunter waren die Umrisse von Bohrtürmen in der flimmernden Hitze zu erkennen. »Northern Ghawar.«
»Das ist ein Ölfeld, stimmt’s?«
»Es ist nicht irgendein Feld. Es ist das Feld. Die meisten Leute glauben, dass Öl mehr oder weniger zu gleichen Teilen von Tausenden Einzelfeldern stammt, aber das stimmt nicht. Ein paar Riesenfelder produzieren das meiste davon, und von diesen ist Ghawar mit Abstand das größte. Neunzig Prozent des in Saudi-Arabien geförderten Öls und fast sieben Prozent der weltweiten Ölversorgung kommen von diesem Feld.«
Als der Hubschrauber aufsetzte, löste Erin seine Sicherheitsgurte und wartete, bis sich der von den Rotoren aufgewirbelte Sand gelegt hatte, bevor er hinaussprang. Sie waren etwa zweihundert Meter von einem kleinen Bohrturm entfernt, den man für völlig unbedeutend hätte halten können, wenn er nicht von schimmernden Wohnwagen umgeben gewesen wäre und Soldaten auf sie zugekommen wären.
Obwohl die Männer Waffen in den Händen hatten und auf sie zugerannt kamen, marschierte Beamon ohne zu zögern weiter und hielt dabei seinen Dienstausweis hoch. Erin blieb etwas zurück.
Als er das letzte Mal in Saudi-Arabien gewesen war, hatte die Königsfamilie die volle Kontrolle über das Land innegehabt, und er war ein hoch geschätzter Mitarbeiter von Saudi Aramco gewesen. Damals hatte man nur lächelnde Gesichter und Säcke voller Geld gesehen. Inzwischen hatte sich die Atmosphäre allerdings geändert.
»Hallo! Ich bin Mark Beamon vom amerikanischen Heimatschutz. Ich glaube, wir werden erwartet...«
Eine der etwa zehn näher kommenden Wachen zielte mit seinem Gewehr auf sie, was seine Kameraden dazu veranlasste, das Gleiche zu tun. Jemand brüllte etwas auf Arabisch - zu schnell und kompliziert, als dass Erin folgen konnte, doch der Ton und die Wand aus Gewehrläufen vor ihren Gesichtern machten ziemlich deutlich, was man von ihnen erwartete.
Eines musste man Beamon lassen: Er schien sich von der dramatischen Entwicklung der Situation nicht im Geringsten beeindrucken zu lassen. Stattdessen fuhr er fort, sich in den Mittelpunkt zu stellen, während Erin langsam
in Richtung Hubschrauber zurückwich. Das Heulen des Motors wurde schriller. Erin drehte sich um und wollte zu dem Hubschrauber rennen, doch dessen Kufen berührten schon nicht mehr den Boden. Als er sich wieder umdrehte, lag Beamon mit dem Gesicht nach unten auf dem Boden, während ihm einer der Männer einen Gewehrlauf an den Hinterkopf hielt.
Es waren entschieden zu viele Soldaten für die Durchsuchung einer Person, und so wandten die Männer, die sich übergangen fühlten, ihre Aufmerksamkeit Erin zu. Einen Moment später lag er neben Beamon im Sand und wurde von Männern befummelt, die rochen, als hätten sie seit einem Monat nicht mehr geduscht.
»Wir sind hier, um...«, stieß Erin hervor, obwohl er den Mund voller Sand hatte. Doch als er einen Gewehrlauf im Rücken spürte, sagte er lieber nichts mehr.
Als die Männer mit Beamon fertig waren, hatten sie ihn auf den Rücken gedreht. Er lag da und starrte mit zusammengekniffenen Augen in den leeren Himmel. Seine Sonnenbrille hatte einer der Soldaten eingesteckt, die ihn abgetastet hatten.
»Wir mussten ein paar Daumenschrauben anlegen, um die Saudis zu überreden, uns ins Land zu lassen. Sie sind ein ziemlich verschwiegener Haufen und angesichts ihrer politischen Probleme zurzeit wohl ein bisschen nervös.«
»Ein bisschen nervös?«, erwiderte Erin, als die Soldaten sich einige Schritte von ihnen entfernten, die Waffen jedoch im Anschlag behielten. Er stand auf und klopfte sich den Staub ab, während Beamon es ihm gleichtat. »Was die Königsfamilie angeht, so rühren die Vereinigten Staaten nicht einmal den kleinen Finger, um ihr dabei zu
helfen, die Kontrolle über das Land zu behalten. Wenn es jetzt zwei Amerikaner erwischt, wäre das nur ein gutes Beispiel dafür, wie sauer der König ist.«
»Ich bin noch nie hier gewesen«, sagte Beamon, der ihn völlig ignorierte.
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