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Glockengeläut

Glockengeläut

Titel: Glockengeläut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Aickman
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lassen?«
    »Keineswegs«, sagte Bannard, fügte dann jedoch hinzu: »Vielleicht einer der Gründe. Ja, ich glaube schon. Aber es gibt da einen kleinen Trick. Wissen Sie, wir sind nicht wirklich eingeschlossen.« Er kicherte. »Aber warum fragen Sie? Sie müssen doch den Raum nicht verlassen, um für kleine Jungs zu gehen. Ich hab’s Ihnen doch gezeigt, alter Knabe!«
    Also war es in der Tat Bannard, auch wenn seine Augen eine ganz andere Form zu haben schienen, überdies eine ganz andere Farbe, was deutlich wurde, als das harte Licht auf sie fiel, während er lachte. »Ich vermute, auch ich schlafwandelte«, sagte Maybury vorsichtig.
    »Kein Grund, Angst zu bekommen wie ein Junge auf seiner neuen Schule«, beruhigte ihn Bannard. »Alles, was hier passiert, beruht auf den einfachsten natürlichen Prinzipien: regelmäßig gute Nahrung zu sich nehmen, lange schlafen, den überarbeiteten Verstand nicht strapazieren. Das Essen ist besonders wichtig. Warten Sie nur aufs Frühstück, alter Junge, und sehen Sie, was es alles gibt. Ein wahrhaft fürstliches Mahl, das versichere ich Ihnen.«
    »Wie bringen Sie es nur fertig, all das zu essen?« wollte Maybury wissen. »Schon das Abendessen war bei weitem zu üppig für mich.«
    »Wir lassen der Natur lediglich ihren Lauf. Wir lassen die Natur zu ihrem Recht kommen.«
    »Aber es ist unnatürlich, so viel zu essen!«
    »Das sagt Ihnen Ihr begrenztes Wissen«, hielt Bannard dagegen. »Was man Ihnen die ganze Zeit hat weismachen wollen, ist schlichtweg widerlegt!« Er kicherte, wie Bannard gekichert hatte, doch irgendwie ließ er sich nicht mit Mayburys Erinnerung an Bannard in Übereinstimmung bringen. Maybury war sich fast sicher, daß es einen deutlichen Unterschied gab. Der Raum roch nach dem Parfum der Frau, oder möglicherweise war es auch nur Bannard, der danach roch, Bannard, der jetzt ganz nah an Mayburys Bett stand. Es war peinlich, daß Bannard - wenn er denn schon unbedingt wieder aufstehen und Maybury aus dem Schlaf reißen mußte - sich jetzt nicht wenigstens hinsetzte; aber bitte nicht auf Mayburys Überdecke.
    »Ich behaupte nicht, daß es hier kein Leid gibt«, fuhr Bannard fort. »Doch wo in der ganzen weiten Welt ist man schon frei davon? Wenigstens verkommt hier niemand in irgendeiner Mansarde - oder besser gesagt in irgendeinem jämmerlichen möblierten Zimmer. Hier gibt es keine Einzelzimmer. Wir helfen uns alle gegenseitig. Was können wir füreinander tun, alter Knabe?«
    Er rückte Maybury einen Schritt näher zu Leibe und beugte sich leicht über dessen Gesicht. Sein Schlafanzug strömte einen durchdringenden Parfumduft aus.
    Für Maybury war es nun äußerst wichtig, ihn loszuwerden, ebenso wie es dieses Unterfangen ohne böses Blut zu bewerkstelligen galt. Der Käufer sollte den Standpunkt des Vertreters einnehmen, ohne daß ihm dies bewußt wird.
    »Vielleicht könnten wir noch fünf Minütchen miteinander plaudern«, schlug Maybury unschuldig vor, »aber dann - nichts für ungut - muß ich wirklich sehen, daß ich noch etwas Schlaf bekomme. Ich sollte vielleicht hinzufügen, daß ich letzte Nacht aufgrund der Krankheit meiner Frau nur sehr wenig geschlafen habe.«
    »Ist Ihre Frau hübsch?« verlangte Bannard zu wissen. »Richtig hübsch? Hier und da, Sie wissen schon?« Er kurvte ein paar Gesten in die Luft, die zwar nicht eben originell, auf der anderen Seite aber auch in guten Häusern nicht gerade an der Tagesordnung waren.
    »Natürlich ist sie das«, sagte Maybury. »Weshalb fragen Sie?«
    »Kann sie Sie richtig auf Touren bringen? So daß Sie völlig die Selbstbeherrschung verlieren?«
    »Absolut«, sagte Maybury. Er versuchte ein Lächeln, wie um zu zeigen, daß er genügend Humor besaß, um auch mit taktlosen Fragen fertig zu werden.
    Bannard hatte sich jetzt nicht einfach nur auf Mayburys Bettkante niedergelassen, sondern preßte auch noch seine Hüften mit Nachdruck gegen Mayburys Beine, denen wenig Platz für Ausweichmanöver blieb, hatte doch Bannard beim Niedersetzen die Bettdecke stramm gezogen.
    »Sagen Sie uns, wie das ist«, fragte Bannard weiter. »Sagen Sie uns genau, wie sich ein verheirateter Mann so fühlt. Hat es Ihr ganzes Leben verändert? Alles umgeschmissen?«
    »Nicht ganz. Meine Heirat liegt auch schon einige Zeit zurück.«
    »Also gibt es da noch jemand anderen. Ich verstehe.«
    »Nein, es gibt niemanden.«
    »Das gute alte Liebesfeuer lodert also immer noch?«
    »Wenn Sie es so ausdrücken wollen, ja. Ich liebe meine

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