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Glockengeläut

Glockengeläut

Titel: Glockengeläut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Aickman
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benutzten, wenn sie Neuankömmlinge verhörten.
    »Ich weiß nicht, was es war«, erwiderte ich schwach. Zweifellos hätte ich meine Rolle als neuer Schüler besser gespielt, wenn ich ihn jetzt gefragt hätte, um was es überhaupt ginge.
    »Dann sind sie also angekommen«, sagte der Mann, wesentlich bedächtiger diesmal. Man hätte fast vermuten können, er hege so etwas wie Ehrfurcht, wenn ein Mann wie er dazu überhaupt fähig war.
    Ich fühlte meine Lebensgeister zurückkehren, als sei ein wenig von seiner Kraft auf mich übergegangen.
    »Wen meinen Sie mit sie ?« fragte ich.
    »Das sage ich Ihnen lieber nicht, mein Junge«, erklärte er mir, womit er andeutete, daß er mich nun als einen Gleichgestellten betrachtete. »Alles, was Sie von mir hören, ist, daß Sie mich nicht mehr zu Gesicht bekommen werden. Alles hat sein Ende. Danke für den Hinweis.«
    Er stapfte davon. Einen Moment später hörte ich den Motor seines Wagens zu lärmendem Leben erwachen und durchstarten, als könnten sich jeden Augenblick die feuererprobten Dämonen der Hölle an seinem Auspuff festklammern.

    »Alles hat sein Ende«, hatte der Mann gesagt, und dies war nun auch das Ende für mich, war in gewisser Weise bereits jenseits dieses Endes. Schluß damit, dem Leben die Zähne zu zeigen, Schluß damit, sich mit verletzenden Vorfällen abzufinden, und das alles für einen angeblich ›höheren‹ Zweck; vor allem aber, und um fast jeden Preis, Schluß mit meinem Mieterleben am Brandenburg Square.
    Es gelang mir, mein Frühstück aufzuessen (»Kein Frühstück, kein Mann«, hatte mein Vater immer gesagt), und dann ging ich nach unten, um mit Maureen zu sprechen.
    Nach jenem wunderbaren Abend, an dem Maureen das graue Kleid getragen hatte, war sie noch ein paarmal bei mir erschienen, unberechenbar wie immer, und alles war weiterhin wunderbar geblieben. Allerdings, wie könnte es in diesem Leben anders sein, nicht ganz so wunderbar wie beim ersten Mal. Es war mir sehr klar, wieviel Glück ich unter den gegebenen Umständen mit Maureen hatte, auch wenn ich es durchaus als Nachteil ansah, daß ich kein Mitspracherecht bei unseren Verabredungen hatte, so unvermeidlich das auch in unserem Fall sein mochte. Maureen hatte zudem in hohem Maße zu meiner bisherigen Entscheidung beigetragen, nicht auszuziehen.
    Nun, da ich einen Entschluß gefaßt hatte, konnte ich auch bei Maureen die Initiative ergreifen, obwohl ich recht gut wußte, daß Gilbert, ihr Mann, mit beinahe hundertprozentiger Sicherheit zu Hause sein würde, von den Kindern ganz zu schweigen. Es war wohl das erste Mal seit dem Besuch kurz nach meinem Einzug, daß ich zu ihnen herunterging. Ich schellte, und der Mann öffnete mir. Er trug sehr alte Sachen, und ich konnte die Kinder aus dem Zimmer dahinter kreischen hören. Ich kannte ihn kaum, und die folgende Unterhaltung war die einzig ernsthafte, die ich je mit ihm führte.
    »Maureen ist nicht da«, sagte er, als bestehe kein Zweifel am Grund meines Besuchs. »Sie ist im Krankenhaus. Ein Nervenzusammenbruch. Ich gebe Ihnen die Adresse des Krankenhauses, wenn Sie möchten. Obwohl es wahrscheinlich noch einige Zeit dauern wird, bis sie Besuch empfangen kann.«
    »Das tut mir leid«, erwiderte ich. »Obwohl es mich nicht sehr erstaunt.«
    Ich entnahm seinem Blick, daß er mich vollkommen mißverstanden hatte.
    »Es ist dieses Haus«, erläuterte ich. »Ich habe mich dazu entschlossen, auszuziehen.«
    »Wenn Sie etwas anderes finden können.«
    »Kein Problem«, antwortete ich. »Auch Sie sollten einen Umzug in Erwägung ziehen.«
    »Sie meinen, wir alle zusammen?« Er wirkte nicht feindselig, hatte mich aber erneut mißverstanden. Es wäre durchaus angenehm gewesen, weiterhin im selben Haus mit Maureen zu leben, doch hatte ich mir derartige Hoffnungen bereits aus dem Kopf geschlagen, so knapp, wie Wohnraum damals war (und auch heute noch ist, wie sich festzustellen wohl erübrigt).
    »Das wäre sicher phantastisch, wenn es sich machen ließe. Aber ich wollte eigentlich nur vorschlagen, daß Sie und Maureen auch ausziehen. Mit diesem Haus stimmt etwas nicht.«
    Er warf mir einen fragenden Blick unter hochgezogenen Augenbrauen zu. »Wollen Sie nicht hereinkommen und einen Kaffee trinken? Ich mach’ ganz guten, seitdem Maureen fort ist.«
    »Gern«, erwiderte ich. Es war nicht ganz das, was ich erwartet hatte, aber ich verspürte das dringende Bedürfnis, mit irgendeiner Menschenseele, wer auch immer sich zu diesem Zwecke anbieten

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