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Gloriana

Gloriana

Titel: Gloriana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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fürchtete, so ehrte und so liebte, Vater … Hättest du mir und dir selbst nur ein wenig mehr Unwissenheit gegönnt … »Auf Ihre Majestät!« Sie tranken.
    Dann stand Gloriana gewissenhaft auf und hob ihr Glas. »Auf alle meine ehrenwerten Herren und ihre Damen, auf alle Gesandten der ausländischen Höfe, ich wünsche Ihnen allen Gesundheit!«
    Und dies schien wegen der vorherigen Hinweise auf die Pest wie ein guter Witz der Königin auf eigene Kosten. Enthusiastische Fröhlichkeit bemächtigte sich der Tafelrunde, und Gloriana nickte und lächelte zu ihren Komplimenten, als ob der Scherz absichtlich gewesen wäre, und bemerkte, daß Oubacha Khan und insbesondere Prinz Sharyar schlau herüberblickten, Zerstreutheit für Ironie nahmen und wähnten, sie hätten einen vollständigeren Eindruck von ihrem Charakter erhalten, da keiner der beiden die vorsätzlichen Ironien erkannt hatte, die sie bei ihren formellen Zusammenkünften hatte einfließen lassen. Das Mißverständnis der beiden erheiterte sie, und gutgelaunt wandte sie sich dem Diener zu, der ihr Weinglas auffüllte.
    Wie wünschte ich, daß meine Una hier wäre, zurückgekehrt von Scaith! Das ist eine Gefährtin! Sollte ich das Gesetz än dern und die Gräfin heiraten? Gemeinsam könnten Una und ich besser regieren. Ich wünschte, sie würde mehr Macht über nehmen. Ach, wie ich sie vermisse …
    Sie blickte auf. Nahe dem Ende der Tafel erhob sich der auch jetzt in Eisen gekleidete Sir Tancred Belforest mit Hilfe von Lady Mary Perrott, deren Verlust Gloriana zu bedauern begann. Es war noch nicht lange her, daß Lady Mary sie zum beiderseitigen Gewinn unterhalten hatte. Nun war sie die Gemahlin des verschrobenen Ritters und fand anscheinend Gefallen an seiner tapsigen Unschuld; war in ihn verliebt. In ihrem vom Wein bereits ein wenig benebelten Sinn verspürte Gloriana einen Anflug von Eifersucht, um diese Empfindung sogleich zu unterdrücken, ärgerlich über ihre unedlen Gedanken. Dabei war es nicht Sir Tancred, den sie beneidete, sondern Mary, die mit ihrer Ehe vollauf zufrieden schien. Sir Tancreds rotes Gesicht glühte aus seiner eisernen Umhüllung, sein struppiger Schnurrbart schien noch widerborstiger als sonst, und der große Federbusch auf seinem Helm tanzte, als er sich in Positur stellte.
    »Euer Majestät«, rief er, »als Euer und Albions Streiter, als Verteidiger der Ehre Euer Majestät biete ich Euch mein Schwert.« Er, der einzige unter den Anwesenden, dem es erlaubt war, eine große Waffe zu tragen, zog das schwere Breitschwert aus seiner Scheide aus iberischer Emaillearbeit und hielt es aufrecht. »Und ich bin so frei, jeden unter den Anwesenden herauszufordern, der Ihre Majestät oder Albions Namen beleidigen würde.« Er hielt inne und suchte nach Worten, denn er war stark angetrunken. Gloriana spürte eine Aufwallung von Zärtlichkeit für ihn. »Zu einem bewaffneten Turnier mit Schwert, Lanze, Kriegskeule oder jeder anderen Waffe, bis zur schweren Verwundung oder den Tod eines Kontrahenten.« »Wir sind dankbar für diesen Beweis Eurer Treue, Sir Tan cred«, sagte die Königin mit klarer und freundlicher Stimme, ehe ein anderer antworten konnte. »Diese Eure unwandelbare Treue, Sir Tancred, ist eine große Beruhigung für Uns und würdig der Blütezeit des Neuen Troja, als das Rittertum seinen glanzvollen Höhepunkt erreichte. Und sollte eine Zeit kommen, in der Wir hier beleidigt werden, so werden Wir Euch befehlen, diese Beleidigung mit Waffengewalt zu ahnden. Einstweilen ersuchen Wir Euch, Eure Energien für das Maiturnier zu bewahren.«
    Sir Tancred zwinkerte verwirrt. »Aber Majestät, unter den hier Versammelten ist mehr als einer, der Euch beleidigt hat!« »Wir haben keine Beleidigungen vernommen, Sir Tancred nur unschuldige Scherze. Wir wollen fröhlich sein und die Formalität vergessen, denn wir sind alle gute Freunde, wie wir an diesem Tisch versammelt sind.«
    Sir Tancred öffnete wieder den Mund, wurde aber von seiner Gemahlin niedergezogen und setzte sich mit jähem, metallischem Klirren.
    Oubacha Khan beugte sich ein wenig zur Seite, wo Yashi Akuya saß, und raunte ihr zu: »So macht diese übermäßig liebende Mutter selbst die Tapferen und Ehrenwerten zu lächerlichen Weichlingen.« Er blickte über den Tisch zu Prinz Sharyar, und sie tauschten wissende Blicke aus. Yashi Akuya aber nickte heftig, obwohl sie seine Worte nur zur Hälfte verstanden hatte.
    Gloriana, durch den Zwischenfall an ihre diplomatischen

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