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Glücksfall

Glücksfall

Titel: Glücksfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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Ansicht, dass sie und ich ungefähr gleichaltrig waren.
    »Dreiunddreißig.«
    »Oh. So alt? Ich dachte, du bist vielleicht vierzehn. Oder fünfzehn. Ich wusste ja nicht …« Sie zog sich an einen kleinen Platz in ihrem Kopf zurück, und als sie wieder hervorkam, hatte sie sich gefangen. »Du bist dreiunddreißig. Und er …« Sie nickte zu Artie hinüber. »Er ist einundvierzig. Bist du verheiratet, Helen? Hast du einen Mann und Babys und all das?«
    »Nein.«
    Neue Berechnungen fanden anscheinend in Bellas Kopf statt, dann entspannte sich ihr Gesicht, und sie sagte fröhlich: »Könnten wir nicht zu deinem Haus gehen und ausprobieren, ob deine neue Bürste mit dem Spiegel dahin passt?«
    »Mal langsam, Bella«, sagte Artie rasch und wollte sie mit sich ziehen. »Lass Helen in Ruhe …«
    »Kommen Sie«, sagte ich, »gehen wir zu meinem Haus; allerdings sollte ich gleich dazusagen, dass es nur eine Woh nung ist.«
    »Wann?« Artie war verdutzt. »Wie? Jetzt?«
    »Ja, ich lade Sie auf ein weihnachtliches Glas Cola light ein.« Ich warf alle Vorsichtsmaßnahmen über Bord. »Ich kann sogar Kuchen anbieten.«
    Bella bestand darauf, in meinem Auto mitzufahren. Sie sagte, weil der Weihnachtsbaum so viel Platz einnahm, passte sie bei Artie nicht mehr rein.
    »Aber das war nur ein Vorwand«, sagte sie, sobald wir losgefahren waren. »Ich wollte mit dir über ihn sprechen. Er arbeitet zu viel. Und er hat keine Freundin. Er macht sich unseretwegen Sorgen. Falls wir eine emotionale Bindung zu einer Freundin von ihm entwickeln, und dann trennen sie sich. Deswegen hat er keine Freundinnen. Aber er ist wirklich nett, und er wäre bestimmt ein guter Freund, falls du interessiert bist. Außerdem weiß ich schon, dass wir beide, du und ich, viele Gemeinsamkeiten hätten.«
    »Na ja … also …« Himmel, was sollte ich sagen? Als ich losgegangen war, wollte ich nur zum Basar, und jetzt sah es so aus, als würde ich mit einer kompletten neuen Familie nach Hause kommen.
    »Die Trennung von unserer Mutter verlief sehr freund schaftlich, falls du deswegen Bedenken hast«, fuhr Bella fort. »Sie hat einen Freund, der ist cool. Wir sind oft alle zusammen, meistens sogar. Das geht sehr gut.«
    »Wirklich?«
    »Na ja.« Bella seufzte und klang plötzlich sehr erwach sen. »Es ist nicht ideal, aber wir müssen eben das Beste draus machen.«
    Bella war von meiner Wohnung hingerissen. Sie rannte von einem Zimmer zum anderen – keine weiten Wege – und erklärte: »Es fühlt sich an, als wäre jemand hier gestorben, aber gut, irgendwie! Wie wenn das ganze Jahr Halloween wäre! Aber damit meine ich nicht, dass du ein Grufti bist, es ist viel komplizierter. Mum fände deine Inneneinrichtung interessant, oder, Dad?« Zu mir sagte sie: »Mum ist Innenarchitektin. Jetzt will ich die neue Bürste mal bei deinen Haaren ausprobieren. Ist doch komisch, wie gut sie in diese Wohnung passt, oder? Sie sollte hier sein.«
    Ich musste mich vor meine Frisierkommode setzen, und sie bürstete mir die Haare, was alles ein bisschen merkwürdig war, wenn man drüber nachdachte, also ließ ich es sein.
    Artie lehnte stumm an der Schlafzimmerwand und sah mich im Spiegel mit seinen blauen, blauen Augen an. Nie zuvor oder seither habe ich einen Mann so heftig begehrt.
    Die Qualen dauerten endlos, während Bella mir die Haare bürstete und Artie und ich uns vor Begierde verzehrten und unsere Blicke sich im Spiegel ineinander verhakten.
    Plötzlich sagte Bella: »Wie viel Uhr ist es?« Mit Schwung holte sie ein kleines rosa Handy aus ihrem rosa Täschchen und sagte: »Dad, du musst mich zu Mum bringen! Sie hat heute ihre Weihnachtscocktailparty, und ich helfe ihr beim Servieren! Wir tauschen jetzt unsere Nummern aus. Helen, du gibst uns deine. Und jetzt schicken wir dir unsere.«
    Während Artie mit seinem Handy hantierte, nahm Bella meinen Arm und flüsterte mir zu: »Wir sind alle das ganze Wochenende bei Mum. Er ist frei. Ganz und gar frei.« Dann sagte sie mit lauter Stimme: »Wiedersehen, Helen, es war mir ein Vergnügen, deine Bekanntschaft zu machen. Ich weiß , dass wir uns wiedersehen werden.«
    Verlegen sagte Artie zu mir: »Es dauert ungefähr zwanzig Minuten bis zu ihrer Mum.«
    Das hieß, er wäre in vierzig Minuten wieder hier.
    Er schaffte es in einunddreißig.
    »Bella hat gesagt, ich soll wieder zu dir fahren«, sagte er, als ich die Tür öffnete und er mit einem Schwall kalter Winterluft hereinkam. »Es ist zugegebenermaßen ein recht ungewohntes

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