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Glücksfall

Glücksfall

Titel: Glücksfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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sich ein paar Schritte von Jay entfernt und sprachen leise und angespannt miteinander. Sie sahen besorgt aus, sehr besorgt sogar, und mit einem Mal setzte meine Fantasie ein. Was, wenn John Joseph und Zeezah für Waynes Verschwinden verantwortlich waren? Vielleicht hatten sie ihn sogar umgebracht! Und seine Leiche in einer flachen Grube in ihrem Garten vergraben, und morgen würden sie einen kleinen Springbrunnen aus Beton darauf errichten. Oder vielleicht lag seine Leiche in diesem Augenblick der Länge nach auf der Küchentheke, während Alfonso und Infanta, die folgsamen Bediensteten, ihn mit einer Kettensäge zerlegten, um ihn anschließend an die Hunde zu verfüttern?
    »Was gibt es zu bereden?«, fragte ich sie.
    »Wir machen uns solche Sorgen um Wayne«, sagte Zeezah.
    »Ach ja?« Ich weiß nicht, warum, aber ich nahm ihr das nicht ab. Außerdem war es gut, sie mal in richtigem Licht zu sehen. Sie war zwar immer noch sehr schön, aber ziemlich behaart. An den Schläfen in Höhe der Kieferknochen hatte sie einen so starken Haarwuchs, dass sie damit gegen Elvis’ Koteletten in seiner Las-Vegas-Phase hätte konkurrieren können. Warum ließ sie sich nicht lasern? Ich meine, ich habe mir meine Beine lasern lassen, und die Schmerzen waren zugegebenermaßen grausam – zumindest bevor ich übers Internet illegal eine Betäubungscreme gekauft hatte –, aber für die Wangenpartien würde sie keine fünf Minuten brauchen. Ich könnte ihr eine Tube anbieten, ich hatte noch zwei übrig, aber wie stellte ich das diplomatisch genug an?
    »Warum sollte jemand Wayne entführen?«, fragte Zeezah.
    »Heiliger Vater!« Frankie Delapp hatte sich zu uns gesellt. »Wayne ist entführt worden? Aber warum? Und wenn jemand mich auch entführen will? Ich bin viel wichtiger als Wayne. Ich bin im Fernsehen. Das würde sich für einen Entführer viel mehr lohnen. Außerdem bin ich Familienvater, ich muss meine Kinder ernähren.«
    Er drehte sich zu Jay Parker um. »Du musst uns bewachen lassen. Aufpasser rund um die Uhr!«
    »Halt endlich die Klappe«, knurrte Jay. »Und reiß dich zusammen. Ich spreche mit der Polizei und lass mir erzählen, was wirklich passiert ist. Niemand wird dich entführen.«
    Roger St Leger kam zu uns herübergeschlendert. »Ihr kennt mich, ich probiere alles aus, auch Inzest und alkoholfreies Bier, aber die Vorstellung, entführt zu werden, reißt mich nicht gerade vom Hocker.«
    »Ich kümmere mich drum.« Jays Gesichtsausdruck bekam etwas Panisches. »Niemand wird entführt. Ihr tanzt da jetzt mal weiter, und ich gehe zur Polizei. Ich kläre das.«
    Mein Handy klingelte. Artie. »Wo bist du?«, fragte er. »Wie schnell kannst du bei Daisy und Cain sein?«
    »Warum? Was ist los? Die sind gefährlich, die zwei, sie machen mir Angst.«
    »Nein, sie sind harmlos. Ich bin bei ihnen. Und die Officers Masterson und Quigg auch. Aber du solltest möglichst schnell herkommen.«
    »Wirklich?« Artie hatte keinerlei Hang zu Theatralik. Er hätte das nicht gesagt, wenn er es nicht ehrlich meinte. »Ist gut, bin schon unterwegs.«
    Ich legte auf und schrak vor der Menge fragender Gesichter zurück – Jay, John Joseph, Zeezah, Roger und Fran kie. Besonders Frankie. Er sah aus wie Jesus am Kreuz in den letzten Zügen.
    »Aufhören!«, sagte ich.
    »Was ist passiert?«
    »Die Polizei ist jetzt bei den beiden Leuten, die gesehen haben, wie Wayne entführt wurde, und sie wollen mit mir sprechen.«
    »Ich komme mit«, sagte Jay.
    »Wir kommen alle mit«, sagte Frankie.
    »Das geht nicht, ihr seid zu viele.«
    »Wir sind vielleicht auch in Gefahr«, sagte Frankie mit wildem Blick. »Wer Wayne entführt, würde auf jeden Fall auch mich entführen. Ich meine, ich trete im Fernsehen auf, ich bin öffentlich bekannt, ich bin ein Star .«
    »Wayne ist unser Bruder«, sagte Roger St Leger. Wieso klang alles, was er sagte, wie Hohn? »Es ist nur verständlich, dass wir uns Sorgen machen.«
    »Also gut!«, sagte ich. »Aber wir fahren mit meinem Auto, alle sechs.« Irgendwie musste ich die Situation im Griff behalten, ich wollte nicht, dass wir nacheinander eintrafen. »Und wenn die Polizisten nicht wollen, dass ihr bei der Befragung dabei seid, dann lasst das nicht an mir aus.«
    »In Ordnung.«
    »Und wenn sie es doch erlauben, dann rede nur ich. Nur ich. Verstanden?«
    John Joseph, Zeezah, Frankie und Roger quetschten sich auf die Rückbank meines Fiat 500. Jay Parker sah sich für den Beifahrersitz privilegiert, und wir machten

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