Glückskekssommer: Roman (German Edition)
den nächsten drei Tagen das Bett nicht verlassen darf.
Nichts lieber als das.
Lila bedankt sich, schleppt mich wieder nach draußen und steckt mich in eines der dort wartenden Taxis.
Gerade als sie einsteigen will, ruft jemand.
»Hi, warte doch mal! Rosa? Bist du es?«
Lila dreht sich um und lacht. »Nicht ganz«, antwortet sie.
Ich sehe nicht genau, was los ist, aber irgendein Typ im weißen Arztkittel ist ihr hinterhergelaufen und redet jetzt auf sie ein.
Kenne ich den? Er hat doch Rosa gerufen?
Lila kichert und flirtet wie ein Weltmeister.
Typisch! Während ich hier auf kleiner Flamme gar gekocht werde, versucht sie sich einen Arzt zu angeln.
Endlich lässt sie sich neben mir nieder und nennt dem Taxifahrer unsere Adresse.
»Was wollte der?«, röchele ich.
»Er hat gedacht, ich bin du«, antwortet Lila fröhlich. »Er meinte, dass ihr euch neulich kennengelernt habt. Ich habe ihm deine Nummer und unsere Adresse gegeben.«
»Du hast … was?« Entsetzt schaue ich sie an. Ich verstehe nur Bahnhof. »Ich kenne den Typen nicht. Wenn ich einen Arzt kennengelernt hätte, dann wüsste ich das doch.«
»Schade eigentlich«, sagt Lila grinsend. »Der war absolut süß.«
»Dann hättest du ihm deine Handynummer geben sollen!«, motze ich. »Was soll denn Rob von mir denken?«
»Daran habe ich überhaupt nicht gedacht«, haucht Lila und wird plötzlich so fleckig rot, dass ich schon fürchte, sie mit meiner Grippe angesteckt zu haben.
»Was machst du eigentlich, wenn der Doktor dich anruft?«, fragt mich Lila.
Wir sind endlich zu Hause. Ich versuche gerade, mir mein Kleid über den Kopf zu ziehen. Es haftet an meinem schweißnassen Körper wie angeklebt.
»Lass mich doch damit in Ruhe«, schluchze ich verzweifelt und zerre am Kleid. »Du hast einem völlig fremden Typen meine Nummer gegeben … und jetzt nervst du mich auch noch pausenlos damit.«
»Entschuldige.«
Endlich kapiert Lila, dass sie einen Fehler gemacht hat.
»Entschuldige«, sagt sie noch mal und hilft mir aus meinen feuchten Klamotten.
Dann geht sie eilig aus dem Zimmer. »Du brauchst jetzt erst einmal Ruhe.«
Von wegen!
Mitten in der Nacht wache ich auf, weil Lila mit dem Arzt in der Küche eine Party feiert. Der hatte es aber eilig, hierher zu kommen! Die beiden lachen, hören Musik und stoßen mit ihren Gläsern so klirrend an, dass mir fast der Kopf platzt. Der Doktor hat genauso eine Stimme wie Rob. Und sein Lachen erst! Wie Zwillinge. Nicht zu glauben! Das Fieberthermometer zeigt fast 40 Grad. Ich fühle mich sterbenselend!
*
»Entschuldigung!«
Die junge Frau mit Kopftuch und Kinderwagen dreht sich um. Ich lächele sie an. Ob sie mich versteht? Alle Frauen, die ich gesehen habe, seit ich aus der U-Bahn gestiegen bin, tragen ein Kopftuch. Ich irre jetzt seit einer Viertelstunde durch Wedding auf der Suche nach einer kleinen Änderungsschneiderei, die mir gestern empfohlen wurde.
»Wo ist die Malplaquetstraße?«, frage ich zaghaft.
»Zweite Querstraße rechts. Das können Sie nicht verfehlen«, kommt es im einwandfreien Hochdeutsch.
Ich bedanke mich und stürme los, meiner heißen Spur entgegen.
Gestern war ich in Reinickendorf bei einem türkischen Schneider, der niemanden einstellt, weil er sein Geschäft ganz allein führt. Aber er hat mir einen Tipp gegeben und dahin bin ich jetzt unterwegs.
Als ich beim Sexshop um die Ecke biege, ist es auf einmal ganz ruhig. Kein Autolärm mehr. Nach ein paar Schritten entdecke ich eine nette Kneipe. Die Sonne scheint auf schön bepflanzte Blumenkübel. Auf den Stühlen und Bänken liegen kunterbunte Kissen. Ein paar Leute sitzen zufrieden in der Sonne und schlürfen Milchkaffee. So ein schönes Lokal hatte ich hier gar nicht erwartet. Was man eben immer so hört über den Wedding. Fein ist es hier nicht. Aber das ist mir unterdessen auch egal. Wenn es nur Arbeit für mich gibt.
Zwei Wochen war ich krank.
Oma hat nach mir gesehen und einen Topf Hühnersuppe vorbeigebracht – angeblich das reinste Wundermittel gegen Erkältung. Sogar meine Eltern waren da – mit einem Korb Süßkirschen aus dem Garten und besten Grüßen von Tante Susanne und Onkel Thorsten.
Auch Rob ließ sich blicken und saß ein paar Mal an meinem Bett. Aber mehr als Händchenhalten war nicht drin. Er wollte mich weder küssen, noch sich ein bisschen zu mir legen. In der ersten Woche habe ich das schon verstanden. Da war ich einfach zu ansteckend, aber in der zweiten ging es mir schon
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