Glückskekssommer: Roman (German Edition)
will es aber auch wirklich wissen.
»Ich habe doch noch gar nicht ja gesagt«, protestiere ich matt. Ich will keinen Sekt. Ich will, dass Lila jetzt geht, damit ich in Ruhe überlegen kann. Mein Blick fällt auf ihre große, bunte Armbanduhr.
In Ruhe?
Ich erschrecke so heftig, als stünde Tante Augusta leibhaftig vor mir. Ich habe Sebastian vergessen! Den Mann meiner Träume! Das ist eine Katastrophe von ganz großem Ausmaß. Etwas, was mir niemals passieren dürfte. Seit über einer Stunde wartet er auf mich!
Ich sitze gemütlich labernd im ›Schraders‹ und in mir klingelt nicht das allerkleinste Alarmsignal? So ist es mit den inneren Stimmen. Wenn man sie mal ernsthaft braucht, dann sind sie nicht da. Danke schön! Schuld an allem ist sowieso Lila und ihr Gesülze vom gemeinsamen Mietvertrag. Das kann doch alles nicht wahr sein!
Als ich aufspringe, kracht mein Stuhl nach hinten. Alle anderen Gäste starren mich an. Nur die drei Damen vom Nachbartisch nicht, denn die sind schwer beschäftigt.
»Was ist denn mit dir los?« Lila guckt wie ein erschrockenes Reh.
Mit irrem Blick starre ich sie an. »Ich muss los!«, schreie ich. »Ich bin verabredet und deinetwegen habe ich es vergessen, weil du mir mit deinem Gejammer das Gehirn vernebelst.«
Das ist mies. Weiß ich. Und es ist ungerecht. Ich muss selbst an meine Termine denken.
Doch für wohlüberlegte Formulierungen habe ich jetzt weder Zeit noch Nerven. Mein verzweifelter Blick bleibt an Lilas blauen Augen hängen, als würde dort eine Lösung für mein Problem stehen.
Sie grinst jetzt. »Mit diesem Promidoktor?« Ihr Lächeln sieht irgendwie zufrieden aus, wie bei einer Katze, die gerade heimlich den Sahnetopf ausgeleckt hat. Das gibt mir den Rest. Ich brauche ein Ventil für meine Verzweiflung.
» Diesen Mann gönnst du mir auch nicht! Stimmt’s?«, fahre ich sie an. »Deshalb hast du ihm damals die Adresse von meiner neuen Werkstatt gegeben. Damit er sieht, in was für einer stinkigen Bude ich arbeite und mich nie wiedersehen will.«
»So ein Quatsch. Das war nett gemeint«, verteidigt sich Lila. »Außerdem hast du gesagt, ich soll sie ihm geben, als du aus der Wohnung gestürmt bist.«
»Das war ironisch gemeint«, fauche ich. »… falls du weißt, was das ist!«
Ich habe keine Lust, mich erneut von ihr einwickeln zu lassen. Meine ganze Verzweiflung bricht sich Bahn. »Glaubst du, ich hätte nicht gemerkt, dass du neidisch auf mich bist? Und deshalb machst du alles kaputt, was ich mir aufbaue. Alles!«
Der reine Bluff! Natürlich habe ich niemals etwas von ihrer Missgunst bemerkt. Erst Vicki hat mich auf diese Fährte gebracht. Anscheinend habe ich aber ins Schwarze getroffen. Lila steht jetzt auch auf.
»Was hast du denn für ein Problem?« Unsicher schaut sie mich an. So einen Auftritt habe ich ihr gegenüber noch nie hingelegt.
»Du zerstörst mein Leben«, wüte ich. Völlig übertrieben. Klar! Aber kann man untertrieben wüten? Ich glaube nicht. »… und das mit voller Absicht.«
Unter einer gelungenen Aussprache stellt man sich landläufig etwas anderes vor. Aber das ist mir jetzt egal. Es ist wie bei einem Vulkanausbruch. Alles kommt hoch.
»Du spinnst doch«, verteidigt sich Lila. »Ich bin deine Freundin. «
Was sie sagt, klingt gut. Aber sie guckt auf den Boden dabei, nicht in meine Augen. Sie lügt!
»Dass ich nicht lache.«
»Rosa, bitte! Ich beweise es dir.«
»Na gut. Dann sag mir jetzt die Wahrheit!« Will ich die wirklich wissen?
Ich pokere hoch. Doch das mache ich jetzt bewusst. Gewinnen oder verlieren.
Nein, ich will die Antwort wirklich nicht wissen. Aber ich muss!
»Hast du mein Kleid für Eva Andrees kaputt gemacht?«
Zuerst schaut sie mich verdutzt an. Ich hoffe immer noch, dass es nicht Lila, sondern die Senner selbst war. Doch dann zeigt Lila mit dem Finger auf mich und fängt an zu kichern. Auweia! Ich habe sie so unter Druck gesetzt, dass sie verrückt geworden ist.
»Das war peinlich, nicht wahr?«, lacht sie. »Stell dir vor, Rosa, was passiert wäre, wenn ich es nicht getan hätte. Dann wärst du jetzt noch eingebildeter. Du kriegst alles auf dem Silbertablett serviert, seit du auf der Welt bist. Und ich muss für alles kämpfen. Du solltest auch mal sehen, wie es ist, wenn man das Glück verliert.«
So einfach ist das für sie. Für alles, was in ihrem Leben schiefgegangen ist, wollte sie mich büßen lassen. Und wenn ich mich nicht täusche, hat sie es auch geschafft, zumindest ein paar Wochen
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