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Glückskinder – Warum manche lebenslang Chancen suchen - und andere sie täglich nutzen

Glückskinder – Warum manche lebenslang Chancen suchen - und andere sie täglich nutzen

Titel: Glückskinder – Warum manche lebenslang Chancen suchen - und andere sie täglich nutzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Scherer
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damit wir nicht verzweifeln.
    Der Glaube an die Unmöglichkeit schützt die Berge vor dem Versetztwerden.
    Der Glaube an die Unmöglichkeit schützt die Berge vor dem Versetztwerden. Wir glauben daran, dass die Berge nicht versetzt werden können. Weil wir daran glauben, wagen wir es nicht, und weil wir es nicht wagen, findet es nicht statt. Zumindest nicht in unserem Leben. Wir haben also Recht. Recht damit, dass die Berge nicht versetzt werden können. Wir haben immer Recht – und genau das ist unser Problem.
    Wenn der Bauer nicht schwimmen kann, liegt es immer an der Badehose.
    Wenn der Bauer nicht schwimmen kann, liegt es immer an der Badehose. Wir entwickeln unser eigenes System der Begründungen. Und durch dieses |55| System lernen wir, dass wir die richtigen Entscheidungen getroffen haben. Immerhin, wir hatten ja mit der letzten Entscheidung doch »Recht«. Und schon sind wir im Wunderland der Postrationalität, dem Ort, an dem wir unsere Entscheidungen immer begründen können, vor allem unsere Fehlentscheidungen. Welch schöner Land kann es geben?
    Nicht umsonst werden die meisten Autoprospekte erst nach dem Kauf vom Kunden geholt, um die Entscheidung im Nachhinein vor sich selbst und anderen zu rechtfertigen. Wir kaufen Dinge ein, die statt 100 Euro auf 30 Euro reduziert wurden und rechtfertigen uns für die Ersparnis. Keiner spricht darüber, dass dennoch 30 Euro ausgegeben wurden. Man hat ja Geld gespart – wer denkt da ans Ausgeben?
    Das ist wie bei einer Aufgabe der modernen Mengenlehre, die mir vor kurzem in die Hände gefallen ist: Fünf Personen sind in der Bäckerei, sieben gehen raus. Wie viele müssen reingehen, damit der Laden leer ist?
    Hallo? Das ist ja so, als würde ein Kunde in der Bäckerei sagen: »Die Brötchen sind ja von gestern, ich hätte gerne eines von heute!« – Darauf die Verkäuferin: »Dann müssen Sie morgen kommen.«
    Das Schlimme am Schlimmsein ist, das man weiß, dass man schlimm ist, und trotzdem schlimm ist.
    So machen wir das auch mit unserem Leben. Zuerst wagen wir nicht das Neue, weil der Zweckoptimismus uns hindert, dann machen wir unseren alten Trott weiter. Wenn dann die Zweifel kommen, dann werden sie von der Postrationalität im Keim erstickt. Das ist schlimm. Das Schlimme am Schlimmsein ist, dass man weiß, dass man schlimm ist, und trotzdem schlimm ist.
    Wenn ich mitten in der Welt herumwühle, so wie die meiste Zeit im Jahr, dann nehme ich dieses normale Leben mal mehr, mal weniger stark wahr. Ich merke auch immer wieder, dass ich eigentlich auch selbst so ticke. Aber nach einer Woche im Kloster, wenn mein Bewusstsein neu geeicht ist, ist die Relativität und das damit verbundene kleingeistige Mittelmaß um mich herum eine Folter für mich. Hässlich!
    |56| Das hält ein paar Tage an, wenige Wochen. Dann langsam nimmt die geistige Vermüllung wieder zu, die Wahrnehmung verwischt.
    Dann ist alles nicht mehr so schlimm.

|57| F IRST L IFE
    Warum das Leben keine Generalprobe ist
    I ch bin fast mein ganzes Leben lang immer Economy Class geflogen. Meistens bekommen Sie ja gar nicht mit, dass es noch andere Plätze gibt. Aber nach der Landung, beim Aussteigen, da laufen Sie dann durch die bereits geleerte Business Class und dann vielleicht noch durch die First Class und sehen die tollen Sitze mit dem vielen Platz vorn und links und rechts. Die Sitze lassen sich in Betten umwandeln. Die haben da richtig gewütet. Und wie die da gegessen haben müssen! Und Champagner getrunken! Und ich armes Würstchen mit meinen zwei Metern habe mich da hinten acht Stunden in den Sitz gefaltet und mit den Ellenbogen um den Platz auf der Armlehne gekämpft und Pappe mit Soße gegessen …
    Was mich immer umtrieb: Wer fliegt denn eigentlich in der First Class? Die ganz Reichen nicht. Die haben ihren eigenen Jet. Die mittelmäßig Reichen auch nicht, denn sie sind ja genau deshalb reich geworden, weil sie nicht das Geld zum Fenster rauswerfen, also zum Beispiel über 10   000 Euro ausgeben für einen schlichten Retour-Flug nach New York. Na gut, es gibt ein paar Stars und Sternchen, die es sich leisten können. Und ein paar Firmen, die es sich leisten wollen, damit ihre Topmanager optimal gepflegt, ausgeschlafen und gut gelaunt in die Verhandlung gehen. Aber wie kommt man als einfacher Privatmann da rein?
    Hier ist die Grenze. Bis hierher denken viele. Sie spüren dann die Spannung zwischen den eigenen Ansprüchen (First Class) und der Realität (Economy). Diese Spannung verursacht

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