Glücksregeln für den Alltag
wird dies vom buddhistischen Standpunkt aus als Ergebnis seines positiven Karmas der Vergangenheit gedeutet. Einfachheit gegen Luxus zu setzen, wird der Sache nicht gerecht.
Unter den Schülern Buddhas waren auch Mitglieder verschiedener Königshöfe. Ich habe das Gefühl, dass die buddhistische Einstellung zur Frage des Reichtums mehr zu tun hat mit der Geistesverfassung des Menschen, der den Reichtum besitzt und ihn verschenkt. Es wird mehr Wert auf die Schulung des Geistes gelegt, damit ein Mensch weder Besitzgier noch Geiz entwickelt und fähig wird, alle Besitzgier vollkommen zu überwinden. Und was den Reichtum selbst angeht, so gibt es einige Schriften, in denen ganz explizit steht, dass es für einen Bodhisattva 2 eine Sünde ist, dass es unmoralisch ist, auch nur am Allergeringsten festzuhalten, und sei es auch nur eine einzige Münze. Und sofern der Bodhisattva frei von jedem Besitzgefühl ist, kann er sogar große materielle Reichtümer besitzen. Das ist nicht unvereinbar mit dem Ideal. Die Geistesverfassung und die Mittel, mit denen man den Reichtum erwirbt, sind wichtiger.
In den buddhistischen Schriften werden solche besonderen Erscheinungen der menschlichen Existenz, zu denen auch der materielle Reichtum zählt, keineswegs verworfen. Dazu findet sich in einem Text von Nargarjuna eine Aufzählung der vier legitimen menschlichen Bestrebungen: zwei Ziele und ihre entsprechenden Mittel, sie zu erreichen. Ein Ziel ist materielle Erfüllung und das Mittel dazu ist der Erwerb von Reichtum, was heutzutage die Anhäufung von US-Dollars mit einschließen würde. Das zweite Ziel ist das Erlangen von Freiheit und das Mittel dazu ist die spirituelle Praxis. Das ist der buddhistische Standpunkt.“
D er Standpunkt des Dalai Lama war eindeutig. Unsere Einstellung zum Geld ist wichtiger als die Menge, die wir verdienen. Wie immer kommt in unserem Streben nach dem Glück unseren inneren Ressourcen eine wichtigere Rolle zu als unseren materiellen Ressourcen — vorausgesetzt natürlich, dass wir nicht in furchtbarer Armut leben und an Hunger oder Unterernährung leiden.
Wir hatten über die Menschen gesprochen, die „Sklaven des Geldes“ sind, Menschen, für die der Lohn oder das Gehalt die Hauptsache sind. Doch auch wenn dies für viele zutreffen mag, so gibt es auch klare Anzeichen dafür, dass es sich verändert. Martin Seligman, eine der Schlüsselfiguren für die Erforschung des menschlichen Glücks und für das Gebiet der Positiven Psychologie, stellt in seinem Buch AuthenticHappiness fest: „Unsere Wirtschaft ist dabei, sich in rapidem Tempo von einer Geldwirtschaft in eine Selbstverwirklichungswirtschaft zu verwandeln.“ Er behauptet, dass die persönliche Zufriedenheit zunehmend als wichtiger angesehen wird als das Gehalt und dass sie bei der Berufswahl vieler Menschen der entscheidende Faktor ist. Als Beispiel nennt er, dass juristische Berufe heutzutage in Amerika zwar am besten bezahlt werden, dass dies jedoch für viele Menschen kein Anreiz ist, einen solchen Beruf zu ergreifen und länger auszuüben. Die größten New Yorker Anwaltskanzleien müssen jetzt eher versuchen, ihr Personal zu halten, als Zeit darauf zu verwenden, neues Personal zu rekrutieren. Denn viele Rechtsanwälte geben ihren Beruf auf, um etwas anderes zu tun, das vielleicht nicht so gut bezahlt ist, bei dem sie sich aber glücklicher fühlen.
Vor kurzem erlebte ich selbst ein überraschendes Beispiel für eine solche Einstellungsänderung. Ich benötigte eine neue Sekretärin und setzte eine kleine Annonce in die Lokalzeitung. Ich war sehr erstaunt, als sich bereits in den ersten zwei Tagen 165 Frauen meldeten. Viele Bewerberinnen waren hoch qualifiziert und hatten Stellungen innegehabt, in denen sie viel Verantwortung trugen oder in denen sie gut bezahlt worden waren; manche waren schon etwas älter und hatten viele Jahre Arbeitserfahrung hinter sich. Was ich anbot, war keine gut bezahlte Stellung. Und ich wollte wissen, ob der Grund dafür im schlechten Zustand der amerikanischen Wirtschaft und in dem Mangel an Jobs lag. Ich fragte einige der Bewerberinnen, warum sie sich für diesen Job beworben hatten, für den sie doch ganz eindeutig überqualifiziert wären, und sagte ihnen, in Anbetracht ihres Lebenslaufs könnten sie doch ganz sicher einen besser bezahlten Posten bekommen. Was ich hörte, überraschte mich. Viele erzählten mir, sie hätten Stellungen abgelehnt, die weit besser bezahlt gewesen wären, und nicht wenige
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