Glücksregeln für den Alltag
anerkennen, dass Menschen sehr unterschiedliche Veranlagungen und Temperamente haben. Manche Menschen, insbesondere intelligente Leute, mögen im Allgemeinen intellektuelle Herausforderungen und das Lösen von Problemen, haben aber vielleicht eine gewisse Abneigung gegen körperliche Anstrengungen. Andere ziehen weniger schwierige Arbeiten vor. Beispielsweise traf ich einmal einen Tibeter, einen ehemaligen Mönch, dem es Freude macht, Arbeiten zu verrichten, die ihn nur sehr wenig fordern, das heißt, körperliche Routinearbeit und Aufgaben, die seine Gedanken nicht binden. Denn während der Arbeit denkt er gerne über das Dharma 4 nach. Eine solche Arbeit gibt seinem Geist die Freiheit, sich mit anderen Dingen zu beschäftigen.
Wenn ich sage, dass dieser Mönch Tätigkeiten vorzieht, die ihn nicht sehr fordern, dann sollte man dabei nicht vergessen, dass in allen Bereichen des Lebens Herausforderungen auf uns zukommen. Einem spirituell Übenden oder einem Menschen, der allumfassendes Mitgefühl kultivieren möchte, kann es eine Herausforderung sein, seinen Feinden mit Empathie und Mitgefühl entgegenzutreten. Sich gegenüber seinen Feinden freundlich zu verhalten, ja ihnen sogar Zuneigung zu zeigen - das ist eine wahrhaft große Herausforderung! Aber wenn man das kann und schließlich sogar positive Ergebnisse dabei erzielt, dann wird sich bei dem Betreffenden ein sehr starkes Gefühl von Zufriedenheit und Glück einstellen. Für diejenigen, die Mitgefühl üben wollen, die dazu beitragen wollen, das Leiden der Armen, der Schwachen, der Schutzlosen und der Hilfsbedürftigen zu lindern, sind es diese Herausforderungen. Eine Herausforderung muss also nicht unbedingt etwas Hinderliches oder Negatives sein. Und sie ist dann keine Herausforderung, wenn einem Menschen überhaupt nichts an solch einer Aufgabe oder Situation liegt. Beispielsweise ist das Leiden der Armen vermutlich keine Herausforderung für jemanden, den es einfach nicht kümmert. Für einen Menschen jedoch, der Mitgefühl übt, ist es das ganz bestimmt. Ich glaube, es wird immer individuelle Unterschiede in Bezug auf das geben, was jemand als Herausforderung betrachtet, und ebenso in Bezug auf das Maß an Herausforderung, auf das er sich einlassen möchte.
Wenn Sie also von Arbeit sprechen“, schloss er, „sollten Sie nie vergessen, dass es immer sehr unterschiedliche Menschen gibt. Ich glaube nicht, dass Sie kategorisch sagen können, eine schwierige Arbeit, die Herausforderungen bietet, sei besser als eine Arbeit, die keine bietet. Das hängt vom jeweiligen Menschen ab.“ Er machte eine Pause, dann kicherte er. „Ich persönlich glaube, es ist besser, nicht vor Herausforderungen gestellt zu werden, denn dann kann man sich einfach hinlegen und ausruhen. Ein kleines Schläfchen machen.“
„Glauben Sie ernsthaft, dass man ohne Herausforderungen Erfüllung und Befriedigung finden kann?“, fragte ich.
„Ich glaube nicht, dass Herausforderungen absolut erforderlich sind, damit sich Erfüllung und Befriedigung einstellen. Anderen Menschen Warmherzigkeit und Zuneigung zu schenken, kostet zum Beispiel nicht viel Mühe. Es ist keine große Herausforderung, aber Sie ziehen eine Menge Befriedigung daraus.“
„Das stimmt“, gab ich zu.
Edwin Locke, emeritierter Dekan der Fakultät für Unternehmensführung und Motivation an der Universität von Maryland, hat die neuesten sozialwissenschaftlichen Ergebnisse so zusammengefasst: ,Alle Untersuchungen zeigen, dass geistige Herausforderung ein ausschlaggebender Faktor für die Arbeitzufriedenheit ist - vorausgesetzt, jemand ist bereit, die Herausforderung anzunehmen.’ Er weist also daraufhin, dass auch die Bereitschaft, die Herausforderung anzunehmen, wichtig ist. Und hier kommen die individuellen Unterschiede ins Spiel. Der Dalai Lama macht zu Recht darauf aufmerksam, dass vermutlich nicht alle Menschen im gleichen Maße Herausforderungen suchen oder anzunehmen bereit sind. Manche Menschen mögen bei sehr schwierigen Arbeiten buchstäblich aufblühen, wohingegen andere viel weniger geneigt sind, sich darauf einzulassen. Wir sehen also, um unser Glücksempfinden bei der Arbeit zu optimieren, muss jeder selbst entscheiden, welches Maß an Herausforderung ihm am meisten Entfaltung und Befriedigung ermöglicht.
D er Dalai Lama erinnert uns daran, dass das Eingehen von zwischenmenschlichen Beziehungen, die von Liebe und Zuneigung geprägt sind, eine Quelle der Befriedigung ist und dies keine
Mühe
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