Gluehende Dunkelheit
an, dass jemand gestorben sein musste oder dass Miss Hisselpenny das Haus mit einem Hut von unvergleichlicher Abscheulichkeit aufgesucht hatte. Stattdessen bekamen sie etwas weitaus Unwahrscheinlicheres zu Gesicht – Alexia und den Earl of Woolsey auf romantische Weise miteinander verschlungen.
Miss Tarabotti wäre vom Sofa aufgesprungen und hätte sich schleunigst in angemessenem Abstand von Lord Maccon wieder niedergelassen, doch er schlang ihr einen Arm um die Taille und ließ nicht zu, dass sie von ihm abrückte.
In tiefster Verärgerung funkelte sie ihn unter dunklen Augenbrauen hervor an. »Was tun Sie da, Sie schrecklicher Kerl? Wir sind schon genug in Schwierigkeiten. Mama wird dafür sorgen, dass wir heiraten, das werden Sie schon sehen«, zischte sie flüsternd.
Lord Maccon entgegnete nur: »Still jetzt. Lassen Sie mich das machen.« Dann schmiegte er die Nase an ihren Hals.
Was natürlich Miss Tarabotti nur noch mehr in Bedrängnis und Verlegenheit brachte.
Felicity und Evylin blieben mit weit aufgerissenen Augen im Türrahmen stehen und brachen dann in hysterisches Gekicher aus. Floote erschien und drückte sich auf besorgte und unsichtbare Weise an dem Hutständer vorbei.
Mrs Loontwill schrie immer noch, mehr vor Überraschung als vor Empörung. Der Earl und Alexia ? Was würde das für Auswirkungen auf ihre gesellschaftliche Stellung haben?
Miss Tarabotti wand sich zappelnd in Lord Maccons warmer Umarmung. Verstohlen versuchte sie, seine Finger von der Stelle zu lösen, an der sie ihre Taille knapp über der Hüfte umklammerten. Sein Arm ruhte auf ihrer Tournüre – schockierend! – und zwinkerte ihr offenbar belustigt zu.
Ich muss schon sagen, dachte Alexia, also wirklich!
Squire Loontwill kam ins Empfangszimmer, eine Handvoll Haushaltsrechnungen in der Hand, da er gerade mit der Abrechnung beschäftigt gewesen war. Als er Alexia und den Earl zusammen sah, ließ er die Rechnungen fallen und sog scharf den Atem durch die Zähne ein. Dann bückte er sich, um die Papiere wieder aufzuheben, wobei er sich Zeit ließ, um zu überdenken, wie er reagieren sollte. Eigentlich hätte er den Earl natürlich fordern sollen. Doch die Situation war ein wenig komplizierter, denn der Earl und er konnten sich nicht miteinander duellieren, da einer von ihnen übernatürlich war und der andere nicht. Als Herausforderer würde Squire Loontwill einen Werwolf finden müssen, der an seiner Stelle mit dem Earl kämpfte, doch kein Werwolf aus seinem limitierten Bekanntschaftskreis würde es mit dem Woolsey-Castle-Alpha aufnehmen. Soweit er wusste, würde kein einziger Werwolf in London eine solche herkulische Aufgabe auf sich nehmen, nicht einmal der Diwan.
Andererseits konnte er an ihn als Gentleman appellieren und ihn bitten , in Bezug auf seine Stieftochter das Richtige zu tun. Aber wer würde sich Alexia schon freiwillig für den Rest seines Lebens aufbürden? Das war sogar ein noch größerer Fluch als ein Werwolf zu sein. Nein, man musste Lord Maccon wahrscheinlich dazu zwingen. Die Frage war nur, ob man den Earl ohne jegliche Gewaltandrohung dazu überreden konnte, Alexia zu heiraten, oder ob es nicht besser war, dass sie einfach eine von Woolseys Clavigern wurde.
Mrs Loontwill machte die Angelegenheit natürlich noch komplizierter.
»Oh, Herbert«, flehte sie ihren schweigsamen Ehemann an. »Du musst ihn dazu zwingen , sie zu heiraten! Ruf unverzüglich nach dem Priester! Sieh sie dir an – sie …« Mrs Loontwill fing an zu stottern. »… poussieren !«
»Na, na, Leticia, sei vernünftig. Ein Claviger zu sein ist in der heutigen Zeit nicht mehr ganz so schlimm.« Squire Loontwill dachte an die Ausgaben für Alexias dauerhaften Unterhalt. Diese Situation könnte sich möglicherweise als profitabel für alle Beteiligten erweisen, von Alexias Ruf einmal abgesehen.
Mrs Loontwill war anderer Meinung. »Meine Tochter ist nicht dazu geschaffen, ein Claviger zu sein.«
»Du hast keine Ahnung, wie recht du hast«, murmelte Alexia leise.
Lord Maccon verdrehte die Augen himmelwärts.
Ihre Mutter schenkte ihr keine Beachtung. »Sie ist dazu geschaffen, eine Ehefrau zu sein!« Ganz eindeutig träumte Mrs Loontwill von einer drastischen Verbesserung ihrer gesellschaftlichen Stellung.
Miss Tarabotti erhob sich vom Sofa, um ihren Verwandten entgegentreten zu können. Das zwang den Earl dazu, sie freizugeben, was ihn weit mehr verärgerte als die Hysterie ihrer Mutter oder die Hasenfüßigkeit ihres
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