Glut der Gefuehle - Roman
zur Verzweiflung getrieben. Mich erfüllten sie mit neuer Hoffnung.«
Tief bewegt hörte India zu. Niemals hätte sie erwartet, er würde ihr so persönliche Dinge anvertrauen.
»Aber nicht einmal in jener qualvollen Umgebung träumte ich von einer Frau wie dir, India. Dazu war ich unfähig. Wenn ich bloß außerhalb deiner Einbildungskraft
existierte, so konnte auch ich dich nicht vor meinem geistigen Auge heraufbeschwören.«
»Ja, ich verstehe, was du meinst. War es die Macht der Vorsehung, die uns zueinander führte – die uns erkennen ließ, dass es gut und richtig ist?«
»Die Vorsehung? Nur falls der Allmächtige den Oberst zu seinem Propheten ernannt hat«, entgegnete South trocken.
Empört stieß sie ihm den Ellbogen zwischen die Rippen und ignorierte seinen Schmerzenslaut. »Das ist Blasphemie!«
»Oh, ich vergaß, dass du früher als Gouvernante arbeitetest. Natürlich darfst du nicht einmal die geringfügigsten Entgleisungen dulden.«
»Das siehst du völlig falsch. Was dich betrifft, bin ich sehr tolerant. Sonst wäre dein Körper längst mit blauen Flecken übersät.«
Seufzend nickte er. Damit hatte sie wahrscheinlich Recht. »Wie lange warst du eine Gouvernante?«
»Ein paar Monate.«
»Hat dir dieser Beruf etwa nicht gefallen?«
»Ja|...« Sie wollte aufstehen, doch er hielt sie zurück. »Das Feuer ist ausgegangen«, erklärte sie, weil ihr kein besserer Vorwand einfiel, um das Bett zu verlassen.
»Darum kümmere ich mich.« Ohne Scham sprang er nackt auf, und India rutschte sofort in die warme Kuhle, die er hinterlassen hatte. »Mach dir’s nicht so bequem!«, warnte er. »Gleich bin ich wieder bei dir.«
Die Decke bis zum Kinn hinaufgezogen, erwiderte sie: »Inzwischen halte ich das Bett für dich warm.«
Grinsend nahm er ein Nachthemd aus dem Schrank und schlüpfte hinein. Nachdem er ein Feuer im Kamin entfacht hatte, fröstelte er. Doch statt sich die Hitze der
Flammen zu Nutzen zu machen, kehrte er ins Bett zurück. »Wo hast du als Gouvernante gearbeitet?«
»Lässt du dich niemals von einem Thema abbringen, wenn es deine Neugier erregt hat?«
»Nur ganz selten. Das habe ich auf hoher See gelernt. Sobald ich einen Kurs eingeschlagen habe, bleibe ich dabei.«
Obwohl er in beiläufigem Ton sprach, fand sie seine Miene viel zu selbstgefällig. »Wie entnervend|...«, murmelte sie.
»Das hast du schon einmal gesagt.«
»Und seither hat sich nichts daran geändert.« Den Kopf wieder an seiner Schulter, legte India einen Arm über seine Brust. »Mr Robert Olmstead hatte mich eingestellt – ein Wollhändler in den Cotswold Hills. Bei Chipping Campden.«
»Ein Witwer?«
»Nein. Wie kommst du darauf?«
»Weil ich es unwahrscheinlich finde, dass Mrs Olmstead dich in ihrem Haus geduldet hätte.«
»Vielleicht vertraute sie ihrem Mann«, entgegnete India bissig.
Davon ließ sich South nicht beirren. »Tat sie das?«
»Nein«, gab sie nach kurzem Zögern zu. »Aber sie vertraute mir. Außerdem schätzte sie meine Geduld mit ihren Kindern, die mir viel eher gehorchten als ihr.«
Demonstrativ rieb er das Kinn, wo India ihm bei ihrer ersten Begegnung einen Schlag versetzt hatte. »Offenbar mangelte es ihr an der Disziplin, die dir so viel bedeutet.«
»Ganz recht«, bestätigte India amüsiert. »Oh, wie schrecklich ich dich misshandelt habe, Matthew!«
Offenbar durfte er kein Mitleid von ihr erwarten. »Warum hast du die Cotswold Hills verlassen?«
»Nun, es war genau so, wie du’s vermutest«, gestand sie seufzend. »Mr Olmstead benahm sich... ungehörig. Deshalb musste ich kündigen.«
»Hat er dir wehgetan?«
»Nein, das weißt du doch.«
»Ich weiß bloß, dass er dich nicht vergewaltigt hat.«
Bevor sie weitersprach, wählte sie ihre Worte sehr sorgfältig. »Ich wusste mich zu wehren. Und letzten Endes war er froh über meine Abreise.«
Damit hatte sie Southertons Frage nur vage beantwortet. »Wann ist das geschehen?«
»Vor sechs|... nein, vor sieben Jahren.«
Erstaunt hob er die Brauen. »Da musst du noch ein Kind gewesen sein!«
»Fast siebzehn.«
»Kaum dem Schulzimmer entronnen.«
»Trotzdem besaß ich genug Kenntnisse, um die Kinder zu unterrichten.«
South entsann sich, wie seine Schwester Emma in diesem Alter gewesen war. Damals hatte sie in einem fort über ihre erste Saison geredet, die ein Jahr später stattfinden sollte. Für die Stellung einer Gouvernante hätte sie sich sicher nicht geeignet. Aber sie war natürlich auch dazu erzogen worden,
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