Glut der Versuchung
lauschte sie aufmerksam, dann lächelte sie, noch bevor Drew etwas gesagt hatte. »Sie sind gekommen. «
»Hatten Sie etwas anderes erwartet?«, fragte er und führte Roslyn ins Zimmer.
»Nicht von Ihnen, Durchlaucht. Aber ich wusste nicht, ob Ihre künftige Braut Sie aus den Augen lässt.«
Drew beugte sich zu ihr, küsste ihre altersfaltige Wange und zog Roslyn näher zu sich. »Meine Verlobte ist mitgekommen. Darf ich vorstellen, Miss Roslyn Loring. Roslyn, darf ich dir meine frühere Gouvernante vorstellen, Mrs Esther Mathers. « Bevor Roslyn etwas erwidern konnte, fügte er hinzu: »Miss Loring bat darum, Ihnen vorgestellt zu werden, Mathers.«
»Ach ja? « Die alte Frau klang erfreut.
»Ja, sie wurde neugierig, als ich ihr erzählte, wie Sie mich kleinen Jungen gequält und geprügelt haben. «
Mathers schenkte ihm ein breites, zahnloses Lächeln. »Und, glaubte sie Ihnen? «
»Das müssen Sie sie schon selbst fragen.«
»Taten Sie es, Miss Loring?«
Roslyn lachte. »Ehrlich gesagt, Mrs Mathers, ist dies das erste Mal, das ich von Ihren Grausamkeiten erfahre. Aber ich vermute, das wissen Sie. Ich freue mich, Sie kennenzulernen.«
»Ganz meinerseits.« Mathers ließ die Stricknadeln in ihren Schoß fallen. »Kommen Sie näher, damit ich Sie sehen kann, Miss Loring.«
»Oh nein, Mathers«, mischte Drew sich ein. »Sie können sie nicht so behandeln wie mich, ohne jeden Respekt.« Er lächelte die alte Frau liebevoll an, während er Roslyn zuflüsterte: »In ihren alten Augen bin ich immer noch sechs Jahre alt.«
Mathers heiseres Lachen war wie ein Feuerknistern. »Ich habe ihm die Windeln gewechselt und ihm Manieren beigebracht. Es fällt mir schwer, ihn mir als Lord vorzustellen, egal wie großartig er inzwischen ist. Also, Miss Loring, wie ich höre, unterrichten Sie an einer Akademie für junge Damen. Das hat mich sehr überrascht.«
»Ja, ich lehre dort mit meinen beiden Schwestern. Vor einigen Jahren machte unsere finanzielle Situation es nötig, dass wir uns eine Stellung suchten, und da eröffneten wir die Akademie mit Hilfe einer sehr großzügigen Schirmherrin.«
»Und missfällt Ihnen das Unterrichten?«
»Ganz im Gegenteil! Ich genieße es sehr. Wir lehren Töchter von Händlern und Kaufleuten, wie sie sich in der feinen Gesellschaft bewegen ... verfeinern ihre Manieren und ihr Auftreten, damit sie nicht allzu benachteiligt sind, wenn sie vornehm heiraten.«
Mathers nickte. »Ich hoffe, Ihre Schülerinnen sind gelehriger als dieser Spitzbube. «
Roslyns blaue Augen leuchteten, als sie Drew ansah. »War er schrecklich als Kind? «
»Nicht schrecklich, nur schelmisch, wie Jungen eben sind. Aber ich habe das wohl noch gefördert, weil der Duke und die Duchess ... « Sie schüttelte bedächtig den Kopf. »Geben Sie nichts auf das, was ich rede. Es ist unhöflich, schlecht von seinen Dienstherren zu sprechen.«
»Ich würde gern mehr Geschichten über Drew von Ihnen hören«, sagte Roslyn, um dem Moment an Schwere zu nehmen.
Mathers streckte eine zittrige Hand aus. »Würden Sie näherkommen, bitte? Ich möchte sehen, was für eine Frau mein Junge heiratet, und meine alten Augen sind nicht mehr das was sie mal waren. «
»Ja, natürlich.«
Als Roslyn zu ihr trat und sich vor Mathers hockte, ertastete diese vorsichtig ihr Gesicht. Roslyn hielt vollkommen still, während die knochigen Finger sie erkundeten, was Drew ein wenig überraschte.
Dann trat ein Ausdruck völliger Zufriedenheit auf die Züge seiner alten Gouvernante. »Sie sind keine überhebliche Dame, nicht wahr? «
»Wie können Sie das Wissen? «, fragte Roslyn lächelnd.
»Außer durch die Tatsache, dass Sie sich selbst Ihren Lebensunterhalt verdienen? Sie erlaubten mir, Sie zu berühren. Einige anständige Damen wären angewidert.« Sie wandte sich wieder zu Drew. »Ich denke, sie ist geeignet, Durchlaucht.«
»Das können Sie nach solch kurzer Bekanntschaft sagen?«, erwiderte er spöttisch.
Die alte Frau kicherte. »Ja, durchaus. Ich würde wetten, dass es nicht lange dauerte, bis Sie zu demselben Schluss gelangten.«
»Kaum vierzehn Tage.«
»Sie wird Sie im Zaum halten, dessen bin ich sicher.«
»Davon gehe ich aus«, sagte Drew freundlich.
»Also lieben Sie ihn, Miss Loring?«
Roslyn schien von der Frage überrascht und zögerte zunächst, als wollte sie nicht lügen. »Ich mag ihn sehr.«
»Es wäre schön, wenn Sie ihn lieben könnten. Seit Jahren hat es in diesem Haus keine Liebe gegeben, nicht seit er es
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