Glut der Versuchung
ihrem kleinen Finger als seine kaltherzige Mutter in ihrem ganzen Leib.
In diesem Moment endete die Musik. Seufzend stellte Drew sein Glas auf einen kleinen Beistelltisch und trat auf die Tanzfläche, um eine ältere Matrone zu suchen, die er bezaubern könnte. Er hatte Marcus nämlich versprochen, seiner Pflicht nachzukommen und mit allen alten Damen auf der Gesellschaft zu tanzen, vor allem mit jenen, die den größten Einfluss in den gehobenen Kreisen hatten. Auf die Weise sollten sie überzeugt werden, die neue Countess of Danvers zu unterstützen.
Später würde er versuchen, die Braut selbst aufzufordern und sich mit ihr auszusöhnen. Seine und Arabellas Bekanntschaft hatte keinen glücklichen Anfang genommen, weil er überzeugt gewesen war, dass Marcus mit der Heirat einen schweren Fehler beging.
Um der alten Freundschaft willen war Drew jedoch bereit, Marcus' Entscheidung lächelnd hinzunehmen und zu hoffen, dass sie nach dem ersten Überschwang nicht in Kummer und Reue mündete.
Eine Stunde später konnte er sich einen Tanz mit Fanny Irwin sichern. Als er sie zum Maskenball befragte, schlug sie jedoch vor, dass er Roslyn selbst nach dem Grund ihrer Anwesenheit dort befragte.
Dann zögerte Fanny. »Falls ich direkt sein darf, Durchlaucht ... Es ist vielleicht das Beste, wenn Sie Roslyn in Ruhe lassen. Verglichen mit ihnen, ist sie die Unschuld schlechthin, glauben Sie mir, ganz und gar nicht in Ihrer Liga.«
Drew sah die schöne Kurtisane fragend an. Einem Mann zu sagen, dass er etwas nicht bekommen könnte, war die sicherste Methode, sein Interesse erst recht zu wecken, und das wusste Fanny, so ahnungslos sie sich äußerlich auch gab.
»Dasselbe könnte ich von Ihnen sagen, meine liebe Fanny«, erwiderte Drew. »Entsprechend wirft es kein gutes Licht auf Sie, eine unschuldige junge Dame zu derlei Ausschweifungen zu verleiten. «
Fanny lächelte. »Ich versichere Ihnen, ich habe Roslyn zu nichts verleitet. Sie weiß sehr wohl, was sie will, Durchlaucht.«
Auf diese Bemerkung hin schweifte sein Blick unwillkürlich wieder durch den Saal, auf der Suche nach der fraglichen Dame. Wenn er ehrlich sein sollte, hielt er schon den ganzen Tag über immer wieder nach ihr Ausschau, dabei begriff er selbst nicht, was ihn an Roslyn so faszinierte. Eigentlich war sie überhaupt nicht sein bevorzugter Typ. Gemeinhin mochte er kurvenreichere Frauen, während ihre zarte Schönheit eher etwas von einer Porzellanfigur hatte - obwohl er aus eigener Erfahrung wusste, dass sie aus Fleisch und Blut war. Ohne Frage hatte sie ihn an jenem Abend bezaubert, zum Teil, gerade weil sie ihm entflohen war.
Plötzlich sah er sie mit Lord Haviland tanzen. Mit einem sanften Lächeln blickte sie zu dem Earl auf, und bei dem Anblick zog sich Drews Magen unangenehm zusammen.
Ein solch reizendes Lächeln hatte sie ihm noch nie geschenkt. Was ein vollkommen absurder Gedanke war, hatte er doch nicht vor, ihr den Hof zu machen. Nein, er war lediglich irritiert, weil sie Havilands Aufforderung zum Tanz akzeptiert hatte, nachdem sie seine so deutlich ablehnte.
Er spürte, wie sich seine Gesichtszüge ein wenig verhärteten, was einer Frau wie Fanny selbstverständlich nicht entging. Immerhin lebte sie davon, Männer zu verstehen. »Sie sind befreundet, Durchlaucht. Haviland ist ihr nächster Nachbar.«
»Das hörte ich bereits«, sagte Drew betont gleichgültig.
Nach dem Tanz jedoch suchte Drew als Erstes nach Haviland, den er bisher nur flüchtig kannte.
Eine Weile plauderten sie harmlos, wobei Drew mehr über den Earl erfuhr. Dann fragte Haviland ihn, ob er die Feierlichkeiten genoss.
»Durchaus«, antwortete Drew. »Wenn man berücksichtigt, dass ich Hochzeiten allgemein ablehne.«
Haviland grinste. »Ich verstehe Ihre Vorbehalte. Ich habe ständig das Gefühl, meine Krawatte erwürgt mich. Anlässe wie dieser sind nicht unbedingt meine Stärke. Ich empfinde es als geradezu beängstigend, ganzen Scharen junger Damen ausgesetzt zu sein, die mit ihren Müttern auf der Pirsch sind und mich beäugen, als wäre ich ihre bevorzugte Beute.«
Nun grinste auch Drew, denn er verstand die Situation des Earls allzu gut. Ein wohlhabender Adliger, der noch über Zähne, Haare und intakte Körperfunktionen verfügte, galt auf dem Heiratsmarkt als Hauptgewinn.
Als Drew allerdings vorschlug, gemeinsam in einen der Salons zum Kartenspiel zu gehen, musste Haviland wegen anderweitiger Verpflichtungen ablehnen. »Ich habe später am Abend noch
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