Glut der Versuchung
verlockend genug. Falls ich einen Beschützer wünsche, kann ich einen besseren finden als einen arroganten Lord, der meint, er bräuchte bloß mit den Fingern zu schnippen, und schon fielen alle Damen in Ohnmacht. «
Immerhin hatte diese Erklärung die gewünschte Wirkung, denn er ließ sie los. Erleichtert trat Roslyn einen Schritt zurück und richtete ihr derangiertes Mieder.
Dann sah sie betont kühl zum Duke auf. »Seien Sie so gütig, mir zu glauben, dass ich es ernst meine, Durchlaucht. Ich möchte nicht, dass Sie mir noch einmal folgen.«
Sein ungläubiges Gesicht war überaus komisch, dachte Roslyn. Vermutlich konnte sie sich einiges darauf einbilden, den eleganten, herrischen Duke of Arden sprachlos gemacht zu haben.
Da sie ihr Glück allerdings nicht herausfordern wollte, wandte Roslyn sich ab und ging mit wackligen Beinen an ihm vorbei durch die Nische hinaus. Sie empfand eine gewisse Erleichterung, als sie bemerkte, dass er ihr tatsächlich nicht folgte. Immer noch schlug ihr Herz zu schnell, und ihr Atem ging schwer wie nach einem längeren Lauf. Außerdem war ihr furchtbar heiß.
Von der Nische aus eilte sie die dunkle Galerie entlang. Sie kam sich ein bisschen wie Aschenputtel vor, das um Mitternacht vom königlichen Ball floh. Erst als sie ganz am Ende der Galerie war, fiel ihr ein, dass sie ihre Haube nicht mehr hatte. Auf keinen Fall wollte sie riskieren, sie zu holen. Stattdessen musste sie Fanny suchen, sich bei ihr entschuldigen und umgehend nach Danvers Hall fahren. Es war viel zu gefährlich, länger auf dem Ball zu bleiben. Überhaupt hierherzukommen war närrisch gewesen, wie sich Roslyn nun eingestehen musste.
Andererseits ...
Vor den Türen zum Ballsaal blieb sie stehen. Sie spürte noch den brennenden Abdruck seines Mundes auf ihrer Haut. Nie würde sie seine unglaublichen Küsse vergessen, seine erotischen Liebkosungen ...
Hast da vollends den Versand verloren?, schalt eine innere Stimme sie.
Als sie den Ballsaal betrat, blinzelte sie zunächst im hellen Licht. Sie war zutiefst empört über sich selbst. Schließlich hatte sie einen ganz anderen Adligen ins Auge gefasst. Folglich konnte sie sich unmöglich zu dem arroganten Duke of Arden hingezogen fühlen!
Dennoch bedauerte sie fast ein klein wenig, dass sie sein Angebot ausschlagen musste, ihr seine Fähigkeiten als Liebhaber zu demonstrieren. Zweifellos wäre es sehr aufregend, eine Nacht in seinen Armen zu verbringen.
Kaum hatte sie den Gedanken zu Ende gedacht, schüttelte sie verärgert den Kopf. Die letzten vier Jahre hatte sie damit verbracht, unerwünschte Avancen abzuwehren, und sie war viel zu sehr Dame, um das jetzt zu ändern. Ganz zu schweigen davon, dass Ardens Mätresse zu werden, sei es auch bloß für eine Nacht, ihre Chancen auf eine Vermählung mit einem anderen Gentleman auf immer ruinieren würden.
In diesem Augenblick entdeckte sie Fanny, die mit einem Herrn im Ritterkostüm tanzte. Roslyn ignorierte das Lachen und die Ausgelassenheit um sich herum und stürzte sich ins Getümmel.
Inzwischen hegte sie keinen Zweifel mehr daran, dass Arden ein fantastischer Liebhaber war. Wie schade, dass sie nicht gewagt hatte, seine Künste etwas intensiver für sich selbst in Anspruch zu nehmen ...
Zweites Kapitel
Manche Adlige bilden sich so viel auf ihren gesellschaftlichen Rang ein, dass sie vom anderen Geschlecht erwarten, ihnen sofort zu Füßen zufallen.
Roslyn Loring an Fanny Irwin
Chiswick, im Juni 1817
Es war ein idealer Tag für eine Hochzeit, der mit einem strahlenden, vielversprechenden Morgen anbrach. Trotzdem vermochte Drew Moncrief, Duke of Arden, sich wenig für den Anlass zu begeistern, als er mit seinen beiden engsten Freunden vor dem Kirchentor wartete.
Vor allem deshalb nicht, weil er glaubte, der Bräutigam beginge einen schwerwiegenden Fehler.
Drew lehnte an einer Säule des Kirchenportals und beobachtete Marcus, den neuen Earl of Danvers, der nervös auf und ab ging.
»Teufel nochmal, Marcus, beruhigst du dich bitte?«, mahnte Heath Griffin, der Marquess of Claybourne. Er lehnte Drew gegenüber an der anderen Säule des Portals. »Deine Nervosität zerrt an meinen Nerven.«
»Er leidet gerade unter klassischer Junggesellenpanik«, murmelte Drew spöttisch. »Ich habe dir gesagt, dass sie ihn noch einholen wird. «
Marcus warf den beiden einen empörten Blick zu. »Ich habe keine Angst! Ich bin lediglich ungeduldig.« Doch um seine Freunde zufriedenzustellen, stieg er die
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