Glut unter der Haut
utausbruch war mehr als ungewöhnlich bei ihm. Nie hatte Kathleen ihn schreien hören. Sie wand sich unter seinem bohrenden Blick. »Warum, Kathleen? Um Himmels willen, warum ? Ich dachte, es gefällt Ihnen bei uns und Sie mögen Ihren Job.«
Unfähig, ihn noch länger anzuschauen, sah sie aus dem großen Fenster, das einen Blick auf die Skyline der Stadt bot. »Das tue ich ja auch. A ber wenn ich die Stellenbeschreibung richtig verstanden habe, dann lautet meine A ufgabe, den Einkauf für Ihr Geschäft, in Bälde sogar Ihre Geschäfte, abzuwickeln. Ich selber soll auch als mode- und trendbewusste Frau auftreten.«
Er verzog verwundert die A ugenbrauen. »Ja und?«
Sie löste den Blick von der nebligen Stadt und sah Seth direkt in die A ugen. »Das ist nicht so einfach für eine Schwangere.«
Wieder starrte er sie an, als würde er ihre W orte nicht fassen können. Er schaute kurz auf ihren flachen Bauch, dann wieder in ihr Gesicht. »Sie wollen damit sagen, dass Sie schwanger sind?«
Sie reckte die Schultern. »Ja.«
Es war Mitte Oktober. Zwei W ochen waren vergangen, seit Kathleen im Ruheraum der Klinik zu Bewusstsein gekommen war und verzweifelt hatte wissen wollen, ob sie noch immer Eriks Baby trug. Dr. Peters war zugegen gewesen, hatte sie beruhigt und ihr dann ermutigend zugesichert, dass sie mit dem Kind prima allein fertig werden würde.
Die vergangenen zwei W ochen waren nicht leicht gewesen. Ihr war ständig unwohl, aber mehr als ihre körperlichen Beschwerden machten ihr ihre Gedanken zu schaffen.
Sie hatte Edna anrufen und ihr alles erzählen wollen, es aber dann doch nicht getan. Die Harrisons würden sich nur noch mehr Sorgen um sie machen, als sie es zweifellos ohnehin schon taten. Nein, sie würde die schwierige Situation ganz allein meistern müssen. Sie war fest entschlossen, es zu schaffen, auch als Single.
Seth aber würde es unverzüglich erfahren müssen. Seine Geschäftserweiterungspläne liefen auf vollen T ouren, und er telefonierte täglich mit den Herstellern in New York und vereinbarte T ermine für Kathleen für ihre Ende des Monats anstehende Einkaufsreise. Sie musste es ihm sagen, und doch fürchtete Kathleen nichts mehr als das. Sie hasste es, ihn geschäftlich im Stich zu lassen, zumal sie sich darüber im Klaren war, welch großes V ertrauen er in ihre Fähigkeiten setzte. V or allem aber wollte sie ihn menschlich nicht enttäuschen, da er sie so respektierte. Nichts wäre schmerzlicher, als die Enttäuschung in seinen A ugen sehen zu müssen.
Nun hatte sie es ihm gesagt, aber sie las in seinem Gesicht nichts von der A bscheu, die sie erwartet hatte. Stattdessen schienen seine A ugen vor Glück und V erwunderung zu leuchten. Er rollte um seinen Schreibtisch herum bis zu ihrem Sesselund nahm ihre Hand.
»Ich vermute, dass Glückwünsche nicht unbedingt angebracht sind.« Es war keine Frage und auch nicht schnoddrig gemeint, aber Kathleen lachte freudlos.
»Nicht direkt.« Sie blickte in seine tiefen A ugen und sah weder A rgwohn noch V orwürfe darin. Sie würde diesem Mann gegenüber völlig aufrichtig und ehrlich sein können, ohne je Spott fürchten zu müssen. »Ich habe es nicht gewusst, als ich die Stelle annahm. Ich schwöre es. Ich hätte fast eine A btreibung vornehmen lassen, aber … aber …« Zu ihrem V erdruss traten ihr die T ränen in die A ugen. W ie viel kann ein Mensch weinen, ehe keine T ränen mehr kommen? Sie musste kurz davor sein, denn während des vergangenen Monats hatte sie endlos geweint.
»Ich bin sicher, dass es für Sie die richtige Entscheidung ist, das Kind zu bekommen. W arum haben Sie es mir erst jetzt gesagt?«
»Ich war durcheinander, wusste nicht, was ich tun sollte.«
»Und jetzt wissen Sie es?«
Sie schüttelte betrübt den Kopf. »Nein. Ich versuche einfach, nur an den jeweiligen T ag zu denken und den Kopf über W asser zu halten.«
Er legte ihr die Hände auf die Schultern und zog sie zu sich, bis ihr Kopf an seiner Brust ruhte. Sie weinte leise, von Schluchzern geschüttelt, während er ihr mit einer Hand über den Rücken strich und ihr tröstende W orte ins Ohr flüsterte. Schließlich versiegte der T ränenfluss; Kathleen richtete sich auf und nahm das T aschentuch, das Seth ihr reichte.
»Und der V ater?«, fragte er sanft.
Sie spielte mit dem Gedanken, ihn anzulügen und zu sagen, der V ater sei tot, doch das brachte sie nicht fertig. »Es war eine einmalige Sache. A m nächsten T ag war er verschwunden.«
Seth hob
Weitere Kostenlose Bücher