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Gnadenfrist

Titel: Gnadenfrist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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seiner Ehre muß gesagt werden, daß Porcius nicht zusammenklappte. Er war weiß wie Schnee. Auch seine Knöchel wurden kalkweiß, als er die Hände am Tunikasaum zu Fäusten ballte. Er war gerade von einem Mann zusammengeschissen und angegriffen worden, der berühmt dafür war, nie aus der Haut zu fahren. Ihm war klar, daß Fusculus und Martinus hinter ihm so taten, als würden sie ihm dafür bewundernde Blicke zuwerfen.
    Er atmete tief durch. »Der Sklavenjunge sah, wie Nonnius in ein Haus gezerrt wurde.«
    Mein alter Freund hielt sich nur mühsam zurück. »Erzähl mir davon«, preßte er hervor.
    »Der Junge weiß nicht, wessen Haus es war. Er war ein Haussklave. Normalerweise kam er kaum raus.«
    »Aber wir haben ihn am nächsten Morgen im Haus seines Herrn gefunden. Wenn er den Entführern gefolgt ist, wie ist er dann wieder nach Hause gekommen?«
    »Er sagt, er sei stundenlang herumgeirrt und hätte dann zufällig zurückgefunden. Als wir eintrafen, war er gerade erst heimgekommen. Die Eingangstür war zertrümmert, und so konnte er sich ungesehen reinschleichen.«
    »Verstehe. Jetzt zurück zu dem Moment, als es passiert ist. Er hat die Entführung mit angesehen. Was genau hat er beobachtet?«
    »Er schlief in einem Nebenraum und rannte raus, als er den Krach hörte. Dann sah er, wie Nonnius von mehreren Männern aus seinem Schlafzimmer gezerrt wurde. Da war Nonnius schon mit einem Schal oder so was geknebelt. Sie brachten ihn in aller Eile raus, marschierten mit ihm durch die Straßen und schubsten ihn dann in dieses andere Haus. Der Junge versteckte sich draußen. Irgendwann sah er, wie eine Leiche an den Füßen aus dem Haus gezogen wurde. Da ist er in Panik geraten. Er ahnte, daß es sein Herr war. Er war so verängstigt, daß er wegrannte.«
    »Der Junge hat also nicht gesehen, wie die Leiche ins Forum Boarium gebracht wurde?«
    »Er sagt nein«, verkündete Porcius.
    »Glaubst du ihm?«
    »Ich schätze, wenn er gewußt hätte, wo sie die Leiche hinbringen, hätten wir ihn weinend neben ihr gefunden statt zu Hause unter dem Bett.«
    Petronius Longus verschränkte die Arme. Er legte den Kopf zurück und starrte hinauf zu den schmutzigen Dachbalken des Wachlokals. Porcius gelang es, stumm zu bleiben, während sein Chef nachdachte. Martinus, Fusculus und ich sahen uns an.
    Petronius senkte den Kopf und funkelte den niedergeschlagenen Rekruten an.
    »Das hast du also rausgekriegt, während du versucht hast, den Zeugen zu weiteren Aussagen zu ›verlocken‹. Jetzt werden wir dir alle helfen, die Dinge in Ordnung zu bringen, Porcius. Sag uns – wie sah dein Plan genau aus?«
    »Ich dachte«, stotterte Porcius kläglich, »ich könnte den Sklavenjungen dazu bringen, das Haus zu identifizieren, in dem Nonnius umgebracht wurde. Um ihn nicht durch den Anblick vieler Straßen zu verwirren, wollte ich ihn in einen geschlossenen Tragestuhl setzen und zu den wahrscheinlichsten Lokalitäten bringen – ihm die Häuser bestimmter Verdächtiger zeigen.«
    »Verstehe.«
    Während Petronius noch den unglücklichen jungen Mann anfunkelte, riskierte Fusculus, sich einzumischen: »Also, wie geht’s jetzt weiter, Chef?«
    »Das ist doch klar«, schnappte Petro. »Wir setzen den Jungen in einen Tragestuhl und zeigen ihm die Häuser von Verdächtigen! Unser junger Kollege mag zwar verantwortungslos sein, aber seine Idee hat durchaus was für sich. Wo ist der Junge, Porcius?«
    »Ich hole ihn …«
    »Nein. Fusculus wird ihn holen. Du sagst Fusculus, wo er hin muß.« Dieses Mißtrauen Porcius gegenüber erschien hart. Petronius verließ den Raum, bevor jemand versuchen konnte, zu vermitteln.
    Porcius appellierte an mein Mitgefühl: »Ich dachte, es sei eine gute Idee!«
    Ich klopfte ihm auf die Schulter. »Mach dir keine Sorgen. Aber nimm dich bei diesem Fall in acht, Porcius. Vergiß deine Ideen.«
    Fusculus schlenderte davon; dann blieb er stehen und winkte Porcius zu sich, der ihm rasch nacheilte. Martinus blieb und grinste mich an.
    »Wird er kündigen?« fragte ich und deutete mit dem Kopf auf den verschwindenden Rekruten.
    »Wer weiß? Netter Kerl«, meinte Martinus. »Schickt seinen ganzen Verdienst nach Hause zu seiner Mutter, macht nicht mit Frauen rum, ist auch nicht hinter Kerlen her, hat keine Stinkefüße, erzählt keine dreckigen Witze und erscheint rechtzeitig zum Dienst. Absolut mustergültig, der Knabe.«
    »Kein Wunder«, sagte ich und tat so, als hätte ich endlich kapiert. »Der hätte doch nie zu dieser

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