Gnadenfrist
mit einem finsteren Blick. »Ich habe ebenfalls mit ihm geredet.« Erleichterung durchströmte mich. Petro hatte sich der Sache gestellt. Er hatte sogar mit seinem Tribun reinen Tisch gemacht. Ich fragte mich, ob Petro aus eigenen Stücken um das Gespräch gebeten hatte, oder ob Rubella – der trotz seiner mürrischen Art unbestreitbar helle war – erkannt hatte, daß da etwas schiefgelaufen war, und auf einer Besprechung bestanden hatte. »Schon irgendeine Idee?« versuchte es Rubella.
Ich hatte nicht vor, ihn in meine Gedanken einzuweihen. »Ich halte mich zurück. Petronius Longus will das intern klären.« Das wußte ich, auch ohne Kontakt mit ihm zu haben.
»Ich habe seinem Vorgehen zugestimmt. Er wird alles überprüfen, was mit dem schiefgegangenen Versuch, Balbinus ins Exil zu schicken, zu tun hat. Dann wird er seine Leute einzeln befragen.« Einen Moment lang hatte ich das seltsame Gefühl, daß alles, was Petro und ich zu Rubella sagten, dem anderen zu Ohren kam. Es war, als würden wir uns durch eine Mittelsperson unterhalten, um das Gesicht zu wahren. Vielleicht verstand der verdammte Tribun seine Männer ja doch. Vielleicht konnte er vermitteln.
»Halten Sie mich auf dem laufenden«, schloß er, als wolle er das bestätigen.
Dann wünschte mir der Heuchler Glück (hoffte natürlich, ich würde auf die Schnauze fallen), und ich machte mich auf, meine Fähigkeiten in der Welt gestohlener Luxusgüter zu erproben.
Rubella hatte mir eine Liste der gestohlenen Gegenstände gegeben. Ich warf einen raschen Blick auf die endlose Aufzählung sechs Fuß hoher etruskischer Terrakottaständer und Schalen, alter rotfiguriger Vasen aus Athen, Gold und Juwelen, Porphyr und Elfenbein. Dann, um zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen, konzentrierte ich mich auf das Stück, das ich kannte: Papas Glaskrug.
In dieses ganze Epos war ein Mann verwickelt, den sich bisher noch niemand vorgeknöpft hatte. Also schlang ich mir den Umhang fester um die Schulter und beschloß, mit Florius zu sprechen.
Doch erst mal mußte ich ihn finden.
LIV
Mein Schwager Famia, Maias Herzallerliebster, war stolz darauf, ein Mann mit Verbindungen zu sein. Alles Quatsch. Famias Verbindungen bestanden aus einbeinigen Jockeys und versoffenen Salbenverkäufern. Er war Tierarzt und arbeitete für die Grünen. Daß sie ausgerechnet ihn als Pferdedoktor eingestellt hatten, mochte ein Grund für ihr mieses Abschneiden bei den Rennen sein.
Famia nahm ebenfalls gern einen zur Brust: Er hatte ein rotes Gesicht und vorquellende Augen. Maia fütterte ihn gut und versuchte, für ordentliche Kleidung zu sorgen, aber das war harte Arbeit. Er bevorzugte lange, schlammfarbene Tuniken, über denen er eine dreckige Lederschürze und einen Gürtel trug, an dem seltsame, teilweise von ihm selbst ersonnene Instrumente baumelten. Ich hatte ihn nie auch nur eines davon bei einem kranken Tier einsetzen sehen.
Ich fand ihn auf einer Tonne bei den Ställen sitzen und mit ein paar Besuchern plaudern. Ein lahmes Pferd wartete geduldig. Es schien zu wissen, daß es keine Chance hatte, noch diese Woche von Famia behandelt zu werden. Hinter ihm an der Wand hing eine beeindruckende Sammlung von Pferdegeschirren, Schmiedehämmern, Zangen und Hufeisen.
»Schau, schau, der liebe Falco! Wie ich höre, hast du mit deiner vornehmen Tussi Mist gebaut?«
»Falls das ein Hinweis auf meine bevorstehende Vaterschaft sein soll …«
»Sei doch nicht blöd. Helena wird’s bestimmt wegmachen lassen.«
»Ach ja? Ich bin gern auf dem laufenden, Famia. Danke, daß du’s mir gesagt hast!«
»Na ja, Maia hat mir die Geschichte wenigstens so erzählt.« Sobald er merkte, daß er eine draufkriegen könnte, ging Famia schniefend auf Abstand. Er konnte einfach nicht glauben, daß eine Senatorentochter das Kind eines Privatschnüfflers austragen würde. Ich hatte längst aufgegeben, einen Pfad durch das dunkle Gestrüpp seiner gesellschaftlichen Vorurteile zu hacken. Er war kein vernünftiges Gespräch wert.
Der Drecksack hatte mich allerdings beunruhigt. Das ließ sich nicht leugnen.
Daß Famia Florius persönlich kannte, war nicht anzunehmen, aber da Florius ein Wettbesessener war, würde Famia jemand wissen, der ihn kannte. Ihm diese Information zu entlocken, bereitete mir für den Rest des Tages Bauchgrimmen. Er genoß es, auf stur zu schalten.
Fast der ganze Nachmittag ging dabei drauf. Die lange Folge unerfreulicher Gestalten, die ich auf Famias Anraten aufsuchen sollte,
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