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Gnadenlose Gedanken (German Edition)

Gnadenlose Gedanken (German Edition)

Titel: Gnadenlose Gedanken (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Wagner
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zu bestellen und es sich dann ins Maul zu schieben. Besonders geschickt konnte er mit seiner Sprache nicht unbedingt umgehen. Da war er eher schwach. Aber ein Versuch war es allemal wert. Was blieb ihm denn auch anderes übrig? Er konnte den Riesen ja schlecht zu Tode spucken, oder mit den Ohren erwürgen! Also war schwafeln angesagt.

    „Ich würde aber so gerne mit dir spielen! Ehrlich gesagt, ist mein Ding auch schon ganz hart! Willst du nicht mal fühlen? Du wirst überrascht sein!“

    „Sie denken wohl, ich sei so ein Homosexueller!“, brüllte Jesus mit überraschend greller Stimme, die so gar nicht zu seiner Statur passen wollte.
    Dabei schossen ihm kleine Speichelfäden aus seinem Raubtiermaul. Er wurde fast hysterisch.
    „Ich bin nicht schwul! Nicht schwul! Nicht, nicht, nicht! Die Schwestern haben das auch immer gesagt, aber das ist nicht wahr! ICH BIN NICHT SCHWUL!!!“

    Er schien wirklich etwas größere Schwierigkeiten mit seiner sexuellen Identität zu haben. Hier bestand vielleicht eine Möglichkeit, anzusetzen.

    „Aber du hast doch gerade gesagt, dass dein Ding so hart ist, da dachte ich…“

    Laschek ließ bewusst offen, was er sich dabei gedacht hatte. Er fragte es sich selber gerade, was er damit beabsichtigt hatte, den Riesen derart zu provozieren. Besonders vorsichtig war das nicht unbedingt. Er sollte ihn vielleicht ein wenig beruhigen, bevor der Große das Spiel vergessen würde, und direkt ernstmachen würde.

    „Sie sollen gar nichts denken! Bleiben Sie einfach da hängen, und warten Sie, bis ich mir die Zeit für Sie nehmen kann. Haben Sie bitte etwas Geduld!“

    Nein. Laschek konnte es kaum noch abwarten, endlich das Spielzeug des Irren zu werden. Das musste doch herrlich sein, ein unvergessliches Vergnügen!

    Der Riese wollte sich scheinbar verabschieden, Lascheks Taktik zeigte nicht die gewünschte Wirkung. Er musste ihn aufhalten! Scheiß auf das, was er mit ihm anstellen würde! Früher oder später würde er es ja doch tun. Dann doch lieber früher. Er hatte keine große Lust darauf, hier abzuhängen und auf seinen Tod zu warten. Er wollte es lieber hinter sich haben. Dabei spielte für ihn das Schicksal der Schulkinder eine kleinere Rolle als er es sich eingestehen wollte. Er wollte einfach nur nicht leiden. Er hatte gesehen, was der Irre mit dem Pfarrer angestellt hatte, und mit
dem
hatte er nicht gespielt! Bei dem Geistlichen hatte er keine Zeit für Spielchen gehabt. Der glückliche Kirchenmann! Laschek wollte auch ein wenig Glück beim Sterben haben. Es sollte kurz und schmerzlos sein. Ein oft gesprochener Satz, mit ungeahnt tiefer Bedeutung. Kurz und schmerzlos. Laschek wusste nicht, was ihm dabei wichtiger war, die Dauer oder die Intensität der Qualen. Am liebsten natürlich beides.

    Der Riese trat näher an ihn heran, doch zu Lascheks Bedauern schien er sich überraschenderweise beruhigt zu haben. Sein Atem ging wieder ganz regelmäßig, und er sprach wieder mit normaler Stimme.
    „Na gut, ich bin ja gar nicht so! Wenn Sie schön lieb bleiben, während ich fort bin, kann ich ja schon ganz kleines Bisschen mit unserem Spiel beginnen. Aber nicht schummeln, abgemacht?“

    Beinahe zärtlich, setzte er die kleine Laubsäge an Lascheks Kehlkopf an, und ritzte vorsichtig die Haut ein. Vorwitzig lugte ein kleines Tröpfchen Blut hervor, neugierig, wie die Welt wohl aussehen würde. Es hatte nicht wehgetan. Laschek hatte beim Anblick der Säge die Augen geschlossen und versucht, an etwas Schönes zu denken. Doch er konnte nur an geköpfte Hühner denken, deren Blut meterhoch spritzte. Er hatte das leise Kratzen kaum gehört, das seine zerfurchte Haut verursacht hatte. Gefühlt hatte er überhaupt nichts. Nur spürte er jetzt, wie das Bluttröpfchen langsam seinem Hals herunterlief. Blinzelnd öffnete er seine Augen. Etwas Schweiß geriet ihm ins rechte Auge, das war unangenehmer als das Gefühl an seiner Gurgel.

    Der Riese hatte ihm den Rücken zugewendet. Die Säge hatte er aus der Pranke gelegt. Jetzt hielt er etwas anderes fest. Laschek musste noch einmal blinzeln, um den Schweiß aus seinen Augen zu spülen. Jetzt konnte er erkennen, was der Irre in die Hand genommen hatte. Es war eine Schachtel. Es sah aus wie ein Karton Rasensamen, oder so etwas in der Art. Wollte er sich nun der Gartenarbeit zuwenden? Nein. Laschek sah genauer hin. Da war eine Abbildung auf dem Karton. Es war ein Totenkopf. Und noch etwas erkannte er, es sah aus wie eine Ratte. Rattengift! Was

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