Gnadenlose Jagd
brauchte Zeit, um sich gegen ihn zu wappnen.
Verdammt, wie viel Zeit werde ich noch brauchen?, fragte sie sich angewidert. Sie hatte neun Jahre Zeit gehabt, aber der Schutzwall, den sie um sich herum errichtet hatte, war innerhalb von wenigen Tagen eingestürzt. Sie musste also so schnell wie möglich von vorne anfangen und aufhören, an Kilmer zu denken, daran, wie er aussah, wie er sich bewegte, wie er Sie musste sich beschäftigen. Im Stall wartete ein Pferd darauf, eingeritten zu werden. Der Grauschimmel würde sie schon von ihren Gefühlen ablenken.
Und wenn sie nicht aufpasste, würde der Hengst ihr die Knochen brechen.
»Du bist aber ein Hübscher«, sagte Grace, während sie den Grauschimmel tätschelte. »Du hast ein großartiges Leben hinter dir, nicht wahr? Du konntest beliebig über die Prärie galoppieren und mit den Hufen ausschlagen, ohne dass dir jemand dazwischenfunkt. Ich wünschte, ich könnte dich einfach so weitermachen lassen. Es gibt nichts Schöneres als ein Pferd in freier Wildbahn. Allein dir zuzusehen würde mich glücklich machen. Aber das Leben meint es nicht immer gut mit den Pferden. Es ist sicherer für dich, wenn du lernst, mit uns zurechtzukommen. Du kannst ja so tun, als wäre es ein Spiel. Eine oder zwei Stunden am Tag machst du, was wir von dir verlangen, und dann kannst du wieder tun und lassen, was du willst. Was hältst du davon?«
Der Graue wich vor ihr zurück.
»Es scheint dir nicht zu gefallen. Aber es geht nicht anders. Ich werde dafür sorgen, dass du in Sicherheit bist und dass es dir gut geht. Wir haben noch keinen Namen für dich. Soll ich dich Samson nennen? Samson war groß und stark und wollte auch nicht gezähmt werden. Aber du bist bestimmt klüger als er.« Sie trat näher an das Pferd heran und streichelte seine Nüstern. »Jetzt hör mir gut zu, dann sage ich dir, was wir heute machen werden. Merkst du nicht, wie sehr ich möchte, dass es dir gut geht? Du wirst es schon noch merken, Samson …«
»Ich dachte, sie würde das Pferd einreiten.« Robert trat neben Kilmer und stützte sich auf den Zaun, der die Koppel umgab. »Ich sehe schon die ganze Zeit von der Veranda aus zu, aber sie macht überhaupt nichts. Sie steht nur da und starrt ihn an.«
Kilmer fühlte sich gestört. Er musste Blockman wohl oder übel auf der Ranch dulden, aber er musste ihn nicht mögen. Und er wollte ihn nicht in seiner Nähe haben, wenn er versuchte, sich auf Grace und den Hengst zu konzentrieren. »Sie macht etwas.« Er schaute unverwandt zu Grace hinüber, die vor dem Pferd stand und mit ihm redete, aber sie war zu weit weg, als dass er ihr die Worte hätte von den Lippen hätte ablesen können. »Haben Sie sie noch nie ein Pferd zureiten sehen?«
Robert schüttelte den Kopf. »Ich bin nicht gerade ein Pferdenarr. Ich bin nur auf die Farm gefahren, wenn ich zum Essen eingeladen war, aber ich weiß, dass Charlie sie im Umgang mit Pferden für eine Art Voodoo-Priesterin hielt.«
»Kluger Mann.« Kilmer kletterte auf den Zaun und setzte sich auf die oberste Latte. Geduld. Es war seine Entscheidung gewesen, Blockman mit hierherzubringen. Jetzt musste er seine Anwesenheit akzeptieren und mit dem Mann auskommen. »Ich habe sie schon zweimal dabei beobachtet. Die Pferde scheinen sie zu verstehen.«
»Soll das heißen, er wird nicht versuchen, sie abzuwerfen?«
Kilmer schüttelte den Kopf. »Sie sagt, das kommt selten vor. Pferde brauchen unterschiedlich lange, um Vertrauen zu einem Menschen zu fassen. Aber es geht schneller, wenn sie langsam und behutsam eine Beziehung zu dem Pferd herstellt, ehe sie aufsteigt.«
»Beziehung?«
Kilmer zuckte die Achseln. »Fragen Sie sie.«
»Wenn es keine beeindruckende Show gibt, warum sind Sie dann hier?«
Kilmer ließ sich Zeit mit seiner Antwort. »Falls es eine beeindruckende Show gibt, könnte der Grauschimmel sie töten. Deswegen muss ich hier sein.« Er sah Robert herausfordernd an. »Und warum sind Sie hier?«
»Aus demselben Grund.« Roberts Lippen spannten sich. »Aber ich war mir nicht sicher, ob der Hengst tatsächlich eine Gefahr für sie darstellt. Was Pferde angeht, wirkt Grace immer so sicher.«
»Er ist gefährlich. Alles andere würde Grace nicht interessieren. Sie sagt, ein Pferd ohne Kampfgeist ist ein Pferd ohne Herz.«
»Sie scheinen sie ziemlich gut zu kennen«, sagte Robert bedächtig. »Wie lange hat sie für Sie gearbeitet?«
»Ein halbes Jahr.«
»Das ist nicht lange.«
Kilmer sträubten sich die
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