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Gnosis

Gnosis

Titel: Gnosis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Fawer
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erwachsen.»
    «Das verstehe ich nicht», sagte Susan ratlos.
    «Es gibt keine absoluten Sünden. Um zu wachsen, müssen wir Erfahrungen sammeln. Denn ohne Erfahrung kann es keine Weisheit geben. Und ohne Weisheit keine spirituelle Entwicklung. Nur dadurch, dass wir die Gesetze des Schöpfergottes brechen, können wir den Einzig Wahren Gott begreifen und uns ihm nähern.
    Und erkennen wir dann die göttliche Wahrheit, können wir uns von den Fesseln unserer Existenz befreien und heimkehren ins Pleroma.»
    «Aber …» Susan fand nicht die richtigen Worte und fürchtete, ihre Frage würde zweifelnd oder ungläubig klingen. Sie schluckte. «Woher wissen Sie das alles?»
    «Weil ich meinen göttlichen Funken gesehen habe. Ich spüre die Verbundenheit zwischen den Völkern dieser Welt. Ich kenne ihren Schmerz und erlebe ihn, als wäre er mein eigener.
    Denn … ich bin der letzte Bote des Lichts.»
     
    Susan wusste, dass Valentinus’ Behauptungen verrückt waren. Und doch schien alles, was er sagte, plausibel. Und dieses Gefühl, das er ihr vermittelte …
    War dieses Gefühl denn nicht ebenso unglaublich wie Valentinus’ Behauptung, ein Übermensch zu sein?
    Sie durchbrach die Stille.
    «Wenn Sie sagen, wir sollen uns nicht den Gesetzen Gottes fügen …»
    «Den Gesetzen des Schöpfergottes!», unterbrach Valentinus. «Der Einzig Wahre Gott hat keine Gesetze ausgegeben, nur dass wir zu leben und zu lernen haben.»
    «Was sollen wir denn tun?»
    «Das Leben in vollen Zügen genießen. Es ist ja kein Zufall, wie gut es sich normalerweise anfühlt, etwas ‹Unrechtes› zu tun. Wenn der Schöpfergott gewollt hätte, dass wir alle brave kleine Jungen und Mädchen werden, warum hat er uns dann so programmiert, dass es uns ein derartiges Vergnügen bereitet, gegen eines seiner Gesetze zu verstoßen?
    Die Antwort lautet: Ihm ist ein Fehler unterlaufen. Der göttliche Funke in uns jubelt jedes Mal, wenn wir etwas erleben, von dem der Schöpfergott gesagt hat, dass wir es nicht tun sollen. Denn wenn man so etwas erlebt, nähert man sich dem an, was es zu lernen gibt.
    Die ersten drei Gebote – Ich bin der Herr, dein Gott. Du sollst keine anderen Götter haben neben mir. Du sollst den Namen Gottes nicht missbrauchen – drehen sich alle nur um ihn. Warum ist Gott so unsicher damit, auf welche Weise wir ihn verehren?
    Ich will Ihnen sagen, warum. Damit wir ihm treu bleiben. Damit wir nicht nach der größeren Wahrheit suchen. Denn sollten wir diese Wahrheit jemals finden, sollten wir die Gnosis erreichen, wäre die Welt zerstört, die er erschaffen hat, und er würde sterben. Wir würden seinem Kerker entkommen und heimkehren in das Pleroma. »
    «Sie meinen, wenn wir die Gnosis erreichen, dann … verlässt der göttliche Funke unseren Körper?»
    «Nein», sagte Valentinus und schüttelte den Kopf. «Ihr Körper ist das letzte Gefängnis, dem der göttliche Funke entkommen muss.»
    «Und wie?»
    «Es gibt nur eine Möglichkeit: Sie müssen sterben.»

KAPITEL 9
31. DEZEMBER 2007 – 00:52 UHR (23 STUNDEN, 8 MINUTEN BIS ZUR NACHT DES JÜNGSTEN GERICHTS)
     
     
    Winter und Elijah hasteten durch die leeren Straßen des Meat Packing District.
    Elijah hatte keine Ahnung, wie sie jetzt vorgehen sollten. Seit ihm die Kette gestohlen worden war, hatte er keinen Moment Zeit zum Durchatmen gehabt. Er war immer überzeugt davon gewesen, es sei schlecht, wenn einem keine Zeit bleibt, etwas zu durchdenken. Jetzt war er da nicht mehr so sicher.
    «Was denkst du?», fragte Winter.
    «Dass wir gearscht sind.»
    Winter lächelte beinahe. «Das dachte ich auch gerade. Ich habe keinen Schimmer, wo wir anfangen sollen.»
    «Von vorn», dachte Elijah laut. «Wir müssen logisch vorgehen. Zuerst müssen wir ihn finden.»
    «Wie denn?»
    «Ich weiß es nicht.» Elijah schob die Hände in seine leeren Taschen, um sie zu wärmen – seine leeren Taschen. «Mein Telefon!», rief Elijah, zog die Hände aus den Taschen und klopfte seine Jacke ab. «Ich hab’s nicht dabei!»
    «Wen musst du anrufen?»
    «Mich selbst», sagte Elijah. «Hast du ein Handy?»
    «Ja», sagte Winter und reichte ihm ein schmales, silbernes Ding.
    Elijah klappte es auf und tippte seine Nummer ein. Während er darauf wartete, dass das Signal vom Sendemast zum Satelliten und wieder auf die Erde zurückgeworfen wurde, dachte Elijah über das Gerät in seiner Hand nach.
    Radiowellen. Elektromagnetische Strahlung. Darum drehte sich alles. Unendlich viele unterschiedliche

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