Gnosis
wollte sie sagen: Das wundert mich nicht.
«Beweisen Sie es», sagte Valentinus und kippelte lässig mit dem Stuhl. «Erzählen Sie mir irgendwas, das Sie nicht heute Morgen von SpyGurl erfahren haben. Dann glaube ich Ihnen vielleicht.»
Und da sagte Bennett zwei Worte, die Valentinus seit Jahren nicht gehört hatte. Es war, als hätte man ihm ins Gesicht geschlagen, aber er zügelte sich. Wahrscheinlich hatten sie seine Identität über die Fingerabdrücke herausgefunden. Plötzlich sah alles ganz anders aus. Er biss sich auf die Zunge. Er musste unbedingt herausfinden, was sie noch wusste.
«Keiner meiner Jünger kennt diesen Namen», sagte Valentinus. «Die Information kann also nicht von einem Spitzel stammen. Nun, Agent Bennett: Was steht wirklich in meiner Akte?»
Sie öffnete eine braune Mappe und holte ein Blatt Papier hervor, hielt es hoch, sodass er nur die Rückseite sah.
«Warum fragen Sie, wenn Sie es schon wissen?»
«Lesen Sie es mir vor! Schließlich kommt am Ende ja doch alles raus.»
Er gab ihr reine Arroganz ein.
«Lesen Sie selbst!», sagte sie und reichte ihm das weiße Blatt. Valentinus nahm es und tat gelassen. Das Dokument bestand aus nicht einmal dreißig Worten, und doch traf ihn jedes einzelne wie eine Kugel in die Brust.
Er riss sich zusammen, legte das Blatt auf den Tisch und ließ von ihrem Geist ab. Bennett blinzelte und griff schnell wieder nach dem Dokument. Valentinus musterte sie, während sie sich sammelte und ihre Selbstzweifel niederrang.
«Sie haben sich in den letzten siebzehn Jahren ziemlich verändert, was? Gute Arbeit übrigens. Aus Ihnen ist ein ganz ansehnlicher Mann geworden.»
Valentinus schwieg. Sein Geist war von einer violetten Wolke der Verachtung umgeben. Er ballte die Hände zu Fäusten und grub sich die Fingernägel tief in die Haut.
«Sie machen einen Fehler», sagte Valentinus mit zusammengebissenen Zähnen.
Bennett lächelte und lehnte sich zurück. «Dann lassen Sie uns reden. Oder ich rufe die CIA. Sie werden feststellen, dass diese Leute um einiges ungeduldiger sind als ich. Manche von denen können richtig unangenehm werden.»
Valentinus überlegte, welche Möglichkeiten ihm blieben. Er musste sie hinhalten. Aber was war, wenn die CIA schon draußen wartete? Wenn sie Silberketten um den Hals trugen und immun gegen ihn waren? Was war, wenn …
«Was ist denn?», fragte Bennett. «Sie wirken so nervös.» Und dann sagte sie wieder diese beiden Worte, die für den Menschen standen, der er damals gewesen war – bevor er als sein wahres Ich wiedergeboren wurde.
«Das ist nicht mein Name», sagte Valentinus langsam.
«Aber sicher doch», antwortete Bennett. «Da steht es ja.» Bennett beugte sich vor. «Warum …»
«Mein Name», sagte er, «ist Valentinus.»
«Wie Sie wollen», sagte sie achselzuckend. «Größenwahnsinnige geben sich oft neue Namen. Warum sollten Sie da eine Ausnahme sein?»
Valentinus wusste, dass sie ihn provozieren wollte, und spürte, wie ihr Selbstvertrauen wuchs, aber er konnte seinen Zorn nicht bändigen. Dass diese Frau – diese dreiste, ignorante Schnepfe – ihn für größenwahnsinnig erklärte, war einfach zu viel.
«Nun, ich verstehe, dass Sie Ihren richtigen Namen nicht verwenden wollen, weil er so, na ja, so gewöhnlich ist. Aber warum ‹Valentinus›? Warum nicht etwas Pompöseres wie … ‹Napoleon›?»
Er schlug nach ihrem Gesicht. Doch sie packte sein Handgelenk, drehte es um und warf ihn mit dem Gesicht voran auf die Tischplatte.
«Beruhigen Sie sich, oder muss ich Ihnen den Arm brechen?»
Ihre blasierte blaue Arroganz drang in ihn ein, schürte seinen Zorn, und ihre Emotionen plärrten in seinem Kopf.
«Lassen Sie mich los, oder Sie werden es bereuen!»
«Das möchte ich ernsthaft bezweifeln.»
Sie versetzte seinem Handgelenk einen kleinen Ruck, woraufhin ein atemberaubender Schmerz ihn durchzuckte. Er konzentrierte seine ganze Energie auf diesen Schmerz und projizierte ihn auf Bennett, sodass sie augenblicklich zurückschreckte, als hätte sie sich an Valentinus verbrannt.
«Mein Name ist Valentinus», sagte er und stand auf. «Sag es!»
Bennett schüttelte den Kopf, und Valentinus gab ihr wahnwitzigen Ekel ein.
«Mein Name ist Valentinus.»
Bennett sank auf die Knie und hielt mit beiden Händen ihren Kopf.
«Sag es!»
Sie machte den Mund auf, um zu schreien, aber kein Laut kam heraus. Er lockerte seinen Griff und ließ einen Augenblick von ihr ab, nur um dann umso härter
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