Go vegan!: Warum wir ohne tierische Produkte glücklicher und besser leben (German Edition)
wir auf viele Missstände gestoßen. Darunter Tiere, die offenbar seit Wochen in Krankenbuchten untergebracht waren und tief in ihren eigenen Exkrementen standen. Diese Tiere hatten offene Darmvorfälle. Das heißt, hinten guckte der blutige Darm raus. So etwas sehe ich in Schweinemastbetrieben relativ häufig.
Einige dieser Tiere hatten kein Trinkwasser und kein Futter. Die hockten einfach nur in ihren Verschlägen und warteten darauf, dass sie sterben. Eingeschläfert werden Tiere in der Massentierhaltung meist nicht, auch nicht, wenn sie krank sind, denn dazu müsste man den Tierarzt rufen, und das wäre zu teuer und wohl auch zu viel Aufwand. Angesichts der Marge, die ein Tierwirt für so ein Schwein erzielt, sind die Kosten für die Anfahrt des Arztes und die Spritze, deren es für das Einschläfern bedarf, viel zu hoch. Also überlässt man kranke Tiere einfach ihrem Schicksal und wartet, bis sie von allein verenden. Manchmal erschlagen die Bauern sie auch ohne Erlaubnis mit der Axt oder verpassen ihnen eine Überdosis Wurmmittel.
Früher gab es in der Landwirtschaft mal den Beruf des Notschlachters. Der ist von Hof zu Hof gefahren und hat kranke Tiere, die nicht mehr heilbar waren – oder deren Heilung nicht mehr wirtschaftlich gewesen wäre – vor Ort mit einem Bolzenschussgerät getötet. Dieser Beruf wurde aus Hygienegründen abgeschafft. Man befürchtete, dass der Notschlachter, der ja immer wieder mit kranken Tieren in Berührung kommt und dann von Hof zu Hof fährt, Krankheitskeime ausbreiten könnte. Nun gibt es für diese Funktion keinen Ersatz. Der Tierwirt wurde mit der Problematik alleingelassen, und das führt in den allermeisten Fällen dazu, dass kranke Tiere ohne tierärztliche Behandlung dahinsiechen, bis sie sterben.
Als wir in diesem Stall mit unseren Messgeräten die Luft untersuchten, stellten wir fest, dass der Ammoniakanteil bei 60 parts per million lag. Gesetzlich erlaubt sind dauerhaft 20 ppm. Und das gilt nur für Tiere. Wir konnten nur mit der Gasmaske in den Stall gehen. Die Schweine stehen da den ganzen Tag drin. Einige Buchten in dem Stall waren so verstopft, dass die Gülle zwischen den dafür vorgesehenen Ritzen gar nicht mehr abgeflossen ist. Die Tiere waren von oben bis unten schwarz von ihren eigenen Exkrementen. Auch Käfer und tote Mäuse, die bereits am Boden festgerottet waren, haben wir dort gefunden und ohne Ende Rattenkot. Außerdem natürlich einen Haufen Fliegen und Fliegenmaden – sowie ein totes Schwein.
Das Schlimme ist: Solche Beobachtungen machen wir immer und immer wieder. Einmal war ich in einem Stall, da war die ganze Wand einer Bucht blutverschmiert, weil das Schwein mit seinem blutigen ausgetretenen Darm ständig an der Wand entlangschrammte. Ich habe schon Tiere mit Nabelbrüchen gesehen, mit melonengroßen Geschwüren am Bauch. Solche Vorfälle melden wir dann an das Veterinäramt, und wenn die Tiermediziner die Vorwürfe bestätigen, können wir Strafanzeige stellen.
Wenn wir in einen Stall gehen, lassen wir von Anfang an die Videokamera mitlaufen. Zuerst filmen wir draußen mit Infrarotlicht ein bisschen die Umgebung, damit nachweisbar ist, an welchem Ort wir uns befinden, dann schalten wir drinnen den Infrarotmodus aus und filmen mit sichtbarem Licht. Meist nehmen wir auch irgendwelche Unterlagen, wie zum Beispiel eine Tageszeitung mit dem aktuellen Datum, mit rein, damit wir beweisen können, dass die Aufnahmen an dem besagten Tag gemacht wurden. Und wir blenden ein GPS-Gerät ein, um die Koordinaten des Ortes zu belegen.
Leider arbeiten nicht alle Veterinärämter gut mit uns zusammen. Aus Erfahrung weiß ich: Etwa 80 Prozent sind eine Katastrophe. Vor ein paar Jahren war ich mal in einem anderen Schweinemastbetrieb, der in einem ähnlichen Zustand war wie der eben beschriebene. Nur der Rattenkot stand dort stellenweise noch höher, außerdem war die gesamte Decke des Stalls mit Schimmel überzogen. Dort habe ich 14 tote Tiere gefunden, obwohl das nur ein ganz kleiner Betrieb war. Die lagen zum Teil draußen frei zugänglich herum, sodass Wildtiere ohne Probleme hingehen und sich mit Krankheitserregern hätten anstecken können. Die restlichen Schweine drinnen hatten alle kein Trinkwasser. Ein sterbendes Tier habe ich in seiner Bucht gefunden. Auf unsere Meldung hin kam am selben Abend noch der Oberamtstierarzt auf den Hof und bestätigte unsere Beschwerden. Aber er sagte auch, dass der Betrieb erst zwei Jahre zuvor kontrolliert worden sei.
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