Go West - Reise duch die USA
Dahinten parken sie den Strand zu, verpesten die Luft und lassen ihr Motoröl in den Sand tropfen, und ein paar Meter weiter darf ich nicht mal pupsen?«
»Von Pupsen hat er nichts gesagt.« Ich musste lachen.
»Idioten!«, brüllte Liz in die Richtung, in der die Beamten verschwunden waren.
Ich nahm sie am Arm. »Hey, bleib cool. Schwachsinnige Gesetze gibt es doch überall auf der Welt.«
»Und schwachsinnige Gesetzeshüter auch!«, fauchte Liz. »So einen Blödsinn hab ich noch nie gehört! Ich werde an den Präsidenten schreiben!«
»Schönen Gruß«, sagte Sandy trocken und klopfte auf Liz’ Rucksack. »Aber unsere Muscheln haben sie nicht gefunden.«
»Ich würde ja verstehen, wenn wir etwas zertrampelt oder verdreckt hätten, aber im Sand liegen …«
Liz bekam sich gar nicht mehr ein, und sie hatte ja recht. Daraus kann man lernen, dass Amerikaner, die sonst in der Welt nicht gerade Vorreiter in Sachen Umweltschutz sind, in ihrer Heimat manche Stellen dermaßen gut schützen, dass niemand mehr etwas davon hat. Na, außer möglichst schnell durchzuwandern. Toleranz in der Auslegung solcher Regeln ist den Cops auch nicht mitgegeben. Na gut, wir mussten die fünfhundert Dollar nicht zahlen. Danke, Jungs!
Das Erlebnis beschäftigte uns noch eine Weile. Ich konnte nur den Kopf schütteln über die sture Auslegung von eigentlich gut gemeintem Schutz der Natur. Aber Amerikaner verurteilen ja auch Vierzehnjährige nach Erwachsenenstrafrecht. Entschuldigung, ihr seht, ich werde immer noch sauer, wenn ich an die Cops denke, die uns einen herrlichen Nachmittag versaut haben.
Aber so sauer, dass wir gleich nach Hause gingen, waren wir nun doch nicht. Da, wo es erlaubt war, aber etwas abseits der am Strand versammelten Horden von Pick-up-Besitzern gingen wir baden. Und das versöhnte uns auf Anhieb. Das Meer war so warm, dass man sich stundenlang hätte treiben lassen können. Leider kam kein einziger Delfin, um uns Gesellschaft zu leisten, aber wir sollten auf unserer Reise noch genügend zu Gesicht bekommen. Wir drei Mädchen blieben in dem Bereich, wo man gerade noch stehen konnte, und genossen das Gefühl, von warmem, smaragdgrünem Wasser umspült zu werden. So lange, bis Liz ganz nebenbei einen Satz losließ, der mich aus dem Wasser hüpfen ließ.
»Barrakudas gibt’s hier wohl nicht, aber auf stingrays müsst ihr aufpassen.«
Ich verschwand erst mal ans rettende Ufer, und Sandy und Liz kamen lachend hinter mir her.
»Keine Sorge«, kam es von unserer Freundin, die ihre nassen Haare auswrang. »Ein stingray hat zwar Steve Irvin auf dem Gewissen, aber in der Regel merken sie an der Erschütterung, dass jemand kommt, und verschwinden rechtzeitig. Es ist echt selten, dass jemand gestochen wird, aber wenn, tut’s höllisch weh.«
Stingrays sind Stachelrochen, und das Wort reicht ja schon, um gewarnt zu sein. Aber Liz hatte recht, wenn man nicht gerade direkt auf sie drauftritt, sind sie harmlos. Wir haben sogar einige gestreichelt, als wir in Florida in einem Reptilienpark waren. Dass Steve Irvin, der bekannte Abenteurer und Tierfilmer, einem stingray zum Opfer fiel, lag wohl eher daran, dass Steve immer den Nervenkitzel gesucht hatte und dem Tier vermutlich zu sehr auf die Pelle gerückt war. Tödlich war der Stich nur deswegen gewesen, weil der Stachel ihn ausgerechnet ins Herz traf. Doch nachdem Liz uns das alles erzählt hatte, ging ich nur noch trampelnd ins Wasser, damit die lieben Rochen auch schön vorgewarnt waren.
Pünktlich um fünf Uhr waren wir zur tea time zurück. Es gab viel zu erzählen, und so ließen wir uns mit unserem Tee (den ich zu Hause nie trinken würde!) im backyard nieder und tauschten unsere Erlebnisse mit denen der anderen Gäste aus. Am Abend gingen wir Pizza essen, und bis zum Schlafengehen saßen wir wieder auf der Veranda in den Schaukelstühlen und genossen die geruhsame Stimmung. Vielleicht kommt es euch komisch vor, aber ich vermisste gar nichts. Weder eine Disco noch den Flirt mit den Jungs oder meinen Computer. Bestaunt mich ruhig, komm ich euch auch komisch und viele Jahre älter vor bei dem, was ich da tat, aber in Virginia wird man nach wenigen Tagen gelassener.
Auch den nächsten Tag verbrachten wir mit Strand, Tee und Veranda, und wir fanden es alle ein wenig schade, dass wir uns an dem darauffolgenden Morgen von Bob und Caroline verabschieden mussten. Wir wären noch länger geblieben, aber die Zimmer waren von da an ausgebucht. Leider haben wir an keinem
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