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Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition)

Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition)

Titel: Gods and Warriors - Die Insel der Heiligen Toten: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Paver
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ablehnen.«
    »Keineswegs. Das können sie nicht. Wir Keftiu sind zu mächtig. Du wirst nach Laphitos gehen, genau wie vereinbart. Mit dem einzigen Unterschied, dass dich jetzt niemand mehr anschauen möchte.«
    Userref band den Umschlag mit einem Leinenstreifen unter ihrem Kinn fest. »So. Mehr kann ich nicht für dich tun.«
    Damit er sie nicht alleine ließ, fragte Pirra, was die Salbe enthielt, und er erwiderte, darin seien Mohnsamensaft, Henna und etwas wadju.
    Diese Antwort munterte Pirra ein bisschen auf, denn so böse konnte er ihr nicht sein, wenn er ihr sein kostbares wadju gab. Dabei handelte es sich um eine besonders fein gemahlene Gesteinsart, die genauso grellgrün gefärbt war wie das Gesicht von Userrefs Gott. Die Paste war eine wirksame Medizin, half aber auch gegen Heimweh. Wenn Userref sich nach Ägypten sehnte, strich er etwas davon auf seine Lider und träumte von seiner Heimat.
    Draußen waren gedämpfte Männerstimmen zu vernehmen, und sie fragte ihn, was vor sich ging.
    »Die Krähen sind zurückgekehrt«, sagte er. »Sie haben den Jungen im Nebel verloren.«
    »Wer war dieser Junge? Und warum sind sie hinter ihm her?«
    »Angeblich ist er bloß ein Ziegenhirte. Sie behaupten, er hätte den Sohn ihres Anführers getötet.«
    »Sie behaupten es?«, wiederholte Pirra fragend.
    Userref schürzte die Lippen. »Du weißt doch, dass ich niemals Fremden glaube, sondern nur Ägyptern. Außerdem haben zwei Fischerboote angelegt«, fügte er hinzu. »Zuerst hatten sie Angst, aber als wir ihnen den Fang abgekauft haben, hat sich das schnell gelegt.« Er machte Anstalten, zu gehen, aber sie hielt ihn zurück.
    »Userref, du bleibst doch bei mir, hier in Lykonien, oder?«
    Sein Zögern ließ nichts Gutes ahnen und ihr wurde kalt vor Angst. »So war es eigentlich geplant«, sagte er sanft. »Aber nach deinem Unfall hat die Hohepriesterin befohlen, dass ich mit den anderen nach Keftiu zurückkehre.«
    Ein Abgrund tat sich vor ihr auf. »Aber – ohne dich schaffe ich es nicht.«
    »Die Entscheidung liegt nicht bei mir, Pirra, das weißt du.«
    »Warum darfst du denn nicht bei mir bleiben?«
    »Wie gesagt, es ist die Strafe dafür, dass du dich entstellt hast. Sie weiß, wie empfindlich sie dich damit trifft.«
    »Nein!« Pirra umklammerte seinen Arm. »Das kann sie doch nicht einfach machen.«
    »Tut mir leid, Kleines, ich weiß, ich habe dir versprochen, dass ich immer bei dir bleibe. Aber es geht nicht.«
    »Userref.«
    Aber er war bereits verschwunden.
    Pirra lag zusammengekrümmt im Dunkeln, die Arme um die Knie geschlungen. Sie fühlte sich wie ausgehöhlt. Seit sie denken konnte, war Userref immer für sie da gewesen. Ihre früheste Erinnerung an ihn war, wie sie auf einer Mauerkrone entlangtapste und er sie gerade noch rechtzeitig herunterhob, bevor sie stürzte. Er hatte ihr Eidechsen zum Spielen gefangen und sie mit Geschichten seiner tierköpfigen Götter unterhalten. Userref war für sie wie ein großer Bruder.
    Die Zeltwände schienen plötzlich bedrohlich auf Pirra zuzurücken. Sie schnappte nach Luft, dann sprang sie auf und rannte barfuß ins Freie.
    Feuchter Nebel kroch ihr in die Kehle, und die spitzen Steine bohrten sich in ihre Fußsohlen. Sie stolperte an schattenhaften Gestalten in langen schwarzen Umhängen vorüber, die auf dem Weg zu ihrem Lagerplatz im Pinienwald unterwegs waren und sie nicht beachteten.
    Pirra hasste die Krähen. Wie echte Krähen, die sich auf Aas stürzten, waren sie aus dem Wald gekommen, als das Schiff vor Anker gegangen war. Angeblich hatte der lykonische Stammesfürst die Männer gesandt, aber Pirra glaubte kein Wort davon. Diese Krieger mit den starren Gesichtern und den unheimlichen Pfeilen aus Obsidian hatte niemand geschickt. Sie war ihr ganzes Leben lang von mächtigen Gewalten umgeben gewesen und kannte den Geruch des Bösen. Von der tiefen Dunkelheit, die die Krähen umgab, bekam sie eine Gänsehaut.
    Im Halbdunkel sah sie ein altersschwaches Boot am Kieselstrand liegen. Offenbar hatte sie das Ende der Bucht erreicht.
    Neben dem Boot flickte ein alter Mann sein Netz im trüben Licht einer Tranleuchte. Er stank wie ein Misthaufen. Pirra hatte noch nie eine derart verschmutzte Tunika gesehen. Der struppige Bart des Alten war mit Schnodder verkrustet.
    Ihr Starren quittierte er zuerst nur mit einem kurzen, triefäugigen Blick, wurde aber plötzlich aufmerksam, als er die Goldreifen an ihrem Handgelenk bemerkte.
    In den Hügeln ertönte ein schriller

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