Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band
entfernt.
Nun gilt ein Schild „Rauchen verboten“ in einem Kino nicht für die Gestalten im Film — im Film gibt es keine Übernahme aus der wirklichen Welt in die Fantasiewelt. In der Aussagenlogik jedoch gibt es eine Übernahme von der wirklichen Welt in die Fantasien, sogar eine Übernahme von einer Fantasie zu Fantasien, die in ihr enthalten sind. Das ist in der folgenden Regel formuliert:
Ü BERNAHMEREGEL : Innerhalb einer Fantasie kann jeder S ATZ aus der um eine Stufe höheren „Wirklichkeit“ eingebracht und verwendet werden.
Es ist, als gelte das Schild „Rauchen verboten“ in einem Kino nicht nur für alle Besucher, sondern auch für alle Schauspieler im Film, und, durch Wiederanwendung derselben Idee, für jedermann innerhalb vielfach ineinander verschachtelter Filme! (Warnung: Es gibt keine Übernahme in umgekehrter Richtung: Die S ÄTZE innerhalb von Fantasien können nicht nach außen exportiert werden! Wäre dem nicht so, könnte man irgendetwas als erste Zeile einer Fantasie niederschreiben und es dann als S ÄTZE in die wirkliche Welt übernehmen.)
[
push
P
Voraussetzung der äußeren Fantasie
[
abermals push
Q
Voraussetzung der inneren Fantasie
P
Übernahme von P in die innere Fantasie
< P ∧ Q >
Verbindungsregel
]
aus der inneren Fantasie in die äußere poppen
< Q ⊃< P ∧ Q >>
Fantasieregel
]
aus der äußeren Fantasie in die wirkliche Welt poppen
< P ⊃< Q ⊃< P ∧ Q >>>
Fantasieregel
Man beachte, daß ich die äußere Fantasie einmal , die innere Fantasie zweimal eingerückt habe, um so die Eigenart dieser verschachtelten „Wirklichkeitsebenen“ zu betonen. Die Fantasieregel kann so betrachtet werden, daß man sagt, eine Beobachtung über das System werde in das System eingefügt. Besonders der hier erzeugte S ATZ kann als eine Repräsentation der Aussage über das System innerhalb desSystems aufgefaßt werden: „Wenn x ein S ATZ ist, dann auch y “. Um es deutlicher zu sagen: die beabsichtigte Interpretation von < P ⊃ Q > ist „wenn P , dann Q “, oder, gleichwertig, „ P impliziert Q “.
Die Umkehrung der Fantasieregel
Nun handelt Lewis Carrolls Dialog von „Wenn-dann“-Aussagen. Insbesondere hatte Achilles viel Mühe, Herrn Schildkröte zu überzeugen, daß er den zweiten Halbsatz einer „Wenn-dann“-Aussage akzeptieren müsse, sogar wenn die „Wenn-dann“-Aussage selbst wie auch ihr erster Halbsatz akzeptiert wurden. Die nächste Regel gestattet, auf den zweiten „Halbsatz“ einer „⊃“-Kette zu schließen, vorausgesetzt daß die „⊃“-Kette selbst ein S ATZ ist und desgleichen der erste „Halbsatz“.
A BTRENNUNGSREGEL : Wenn sowohl x als auch S ÄTZE sind, dann ist auch y ein S ATZ .
Diese Regel wird übrigens oft „Modus Ponens“, die Fantasieregel oft „Deduktionstheorem“ genannt.
Die beabsichtigte Interpretation der Symbole
An diesem Punkt können wir die Katze ruhig aus dem Sack lassen und die „Bedeutung“ der restlichen Symbole unseres neuen Systems enthüllen. Wenn es noch nicht klar sein sollte: das Symbol „∧“ soll dem normalen umgangssprachlichen „und“ isomorph sein. Das Symbol „~“ repräsentiert das Wort „nicht“ — es ist eine formale Art der Verneinung. Die spitzen Klammern „<“ und „>“ haben gruppierende Funktion und sind den Klammern in der gewöhnlichen Algebra sehr ähnlich. Der Hauptunterschied ist der, daß man in der Algebra die Freiheit hat, nach Belieben Klammern einzufügen oder wegzulassen, während eine solche anarchische Freiheit in einem formalen System nicht geduldet wird. Das Symbol „∨“ repräsentiert das Wort „oder“ („vel“ ist lateinisch für „oder“). Das hier gemeinte ist das sogenannte inklusive „oder“, was bedeutet, daß die Interpretation von < x ∨ y > „entweder x oder y oder beides“ lautet.
Die einzigen Symbole, die wir nicht interpretiert haben, sind die Atome. Ein Atom besitzt keine Einzelinterpretation — es kann durch irgendeine deutsche Aussage interpretiert werden (es muß aber durch die gleiche Aussage interpretiert werden, wenn es in einer Kette oder Ableitung mehrfach vorkommt). So könnte zum Beispiel die wohlgeformte Kette < P ∧~ P > durch den zusammengesetzten Satz interpretiert werden:
Dieser Geist ist Buddha, und dieser Geist ist nicht Buddha.
Betrachten wir nunmehr jeden der bisher abgeleiteten S ÄTZE , und interpretieren wir sie. Der erste war < P ⊃~~ P >. Wenn wir diese Interpretation von P
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