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Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Titel: Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas R. Hofstadter
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unseres Gehirn codiert ist, können wir fast sofort Zutritt zu dem entsprechenden schlummernden Bereich gewinnen und eine geballte Beschreibung, d. h. Ansicht über dieses Thema geben. Man beachte, daß wir mit absoluter Null-Information über die Neuronenstufe diese Gehirnteils wieder zurückkommen; unsere Beschreibung ist so geballt, daß wir nicht einmal eine Ahnung davon haben, auf welchen Teil unseres Gehirns sie sich bezieht. Im Gegensatz dazu denke man an den Programmierer, dessen geballte Beschreibung aus der bewußten Analyse jedes einzelnen Teils des Memory Dump hervorgeht.
    Wenn jemand nun eine geballte Beschreibung irgend eines Teils seines Gehirns geben kann — warum sollte nicht auch ein Außenstehender, der, ohne es zerstören zu müssen, Zugang zu demselben Gehirn hat, nicht nur imstande sein, begrenzte Teile des Gehirns zu ballen, sondern tatsächlich eine vollständige geballte Beschreibung von ihm zu geben, in anderen Worten, eine vollständige Dokumentation der Überzeugungen dieser Person, zu deren Gehirn wir Zugang haben? Eine solche Beschreibung nähme natürlich astronomische Ausmaße an, aber das tut hier nichts zur Sache. Was uns dagegen interessiert, ist die Frage, ob prinzipiell eine wohldefinierte Beschreibung eines Gehirns auf hoher Stufe existiert, oder ob vielleicht die Beschreibung auf der Neuronenstufe — oder etwas anderes, vom physischen und vom intuitiven Standpunkt aus weniger Einleuchtendes — die beste Beschreibung ist, die es grundsätzlich gibt. Die Antwort auf diese Frage wäre bei unseren Bemühungen um das Problem, ob wir uns jemals selbst verstehen können, von größter Bedeutung.
Potentielle Meinungen, potentielle Symbole
    Ich behaupte, daß eine geballte Beschreibung möglich ist, aber es wird nicht alles klar und licht sein, wenn wir sie haben. Das Problem ist, daß wir, um eine geballte Beschreibung aus dem Gehirn herauszuholen, eine Sprache brauchen, in der wir unsere Erkenntnisse formulieren können. Nun scheint das angemessenste Vorgehen bei der Beschreibung eines Gehirns darin zu bestehen, die Art von Gedanken, die es hegen kann, und die, die es nicht hegen kann, aufzuzählen, oder vielleicht die Ansichten, die es hat, und solche, die es nicht hat. Streben wir in einer geballten Beschreibung nach einem derartigen Ziel, dann läßt sich leicht erkennen, gegen welche Schwierigkeiten wir anzugehen haben.
    Nehmen wir an, wir wollten alle möglichen Reisen aufzählen, die sich in einer ARD ausführen lassen; es gibt unendlich viele. Wie bestimmt man nun aber, welche plausibel sind? Und was heißt überhaupt „plausibel“? Genau die gleichen Schwierigkeiten werden wir haben, wenn wir zu bestimmen suchen, was in unserem Gehirn ein „möglicher Weg“ von einem Symbol zu einem anderen ist. Wir können uns einen auf dem Rücken fliegenden Hund mit einer Zigarre im Maul vorstellen oder den Zusammenstoß zweier Riesenspiegeleier auf der Autobahn oder noch beliebig viele andereabsurde Bilder. Die Zahl der ausgefallenen Bahnen, die in unserem Gehirn verfolgt werden können, ist grenzenlos, genau wie die Anzahl wahnwitziger Reiserouten, die man in einer ARD entwerfen könnte. Was aber stellt eine „gesunde“ Reiseroute in einer bestimmten ARD dar? Und was stellt einen „vernünftigen“ Gedanken in einem bestimmten Zustand des Gehirns dar? Der Zustand als solcher verbietet keinen der Wege, denn es gibt für jeden Weg immer Umstände, die das Einschlagen dieses Weges erzwingen könnten. Der physische Zustand des Gehirns, wenn richtig „gelesen“, gibt nicht darüber Auskunft, welchen Wegen man folgen könnte, sondern darüber, wieviel Widerstand unterwegs zu erwarten ist.
    Nun gibt es in einer ARD viele Reisen, die man wahlweise auf zwei oder mehr vernünftigen Routen ausführen könnte. Zum Beispiel könnte man von Frankfurt nach München entweder die Autobahn über Nürnberg oder die über Stuttgart einschlagen. Beide Wege sind ganz vernünftig, aber man wählt diesen oder jenen je nach den Umständen. Ein Blick auf die Karte zu einem bestimmten Zeitpunkt sagt nichts darüber aus, welche Route zu einem weit in der Zukunft liegenden Zeitpunkt vorzuziehen sein wird — das hängt völlig von den äußeren Bedingungen ab, unter denen man die Reise antritt. Gleichermaßen wird das „Lesen“ eines Gehirnzustands zeigen, daß verschiedene vernünftige Wege zur Wahl stehen, die eine bestimmte Menge von Symbolen miteinander verbinden. Jedoch braucht die Reise unter

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