Götterfluch 1 - Der Geraubte Papyrus
Schreibers.
Dieses wunderbare Trugbild würde sich bald in Luft auflösen.
»Die Oberpriesterin will dich sehen«, meldete ihm einer der Schreiber.
Kel ging zum Haus der Weberinnen, wo ihn Nitis und Wahibra erwarteten.
Die junge Frau verriegelte hinter ihm die Tür.
»Irgendwelche Zwischenfälle?«, wollte sie von ihm wissen.
»Nein, man hat mir keine unangenehmen Fragen gestellt.«
»Da sich die reinen Priester nur kurzfristig im Tempel aufhalten, ist man an neue Gesichter gewöhnt«, erinnerte Wahibra. »Wenn Kel seine Arbeit anstandslos erledigt, wird er kaum auffallen.«
»Habt Ihr schlechte Neuigkeiten?«, fragte der Schreiber ängstlich.
»Ich dachte zunächst, Menk hätte mit der ganzen Sache nichts zu tun«, sagte Nitis, »aber er benimmt sich irgendwie verdächtig. Er behauptet steif und fest, nicht unterrichtet worden zu sein, und will auch nichts von diesem Unglück wissen. Andererseits ist er aber sofort zu Udja, dem Siegelbewahrer, geeilt, um ihm zu berichten, dass ich ihm von der Ermordung der Übersetzer erzählt habe. Und auf mich hat er heftig eingeredet, ich solle mich nur um meine neue Aufgabe kümmern und die Ordnungshüter ihre Arbeit machen lassen.«
»Menk ist in dich verliebt«, gab der Hohepriester zu bedenken. »Er will dich davor bewahren, einen Fehler zu begehen.«
»Ist das denn kein Beweis für seine Mitwisserschaft? Er kennt einen oder sogar mehrere Täter und versucht, mich von der Wahrheit abzulenken.«
Kel war mit einem Mal sehr traurig.
Menk, der Herr über die Feste von Sais, war in Nitis verliebt! Und wahrscheinlich war er nicht der Einzige, der sie begehrte. Eines Tages würde sie einen Würdenträger seines Rangs mit einem tadellosen Ruf heiraten.
»Menk scheint sehr erschrocken zu sein«, fuhr Nitis fort, »aber spielt er nicht nur den Angsthasen? Zu geschickt und zu verführerisch – vermischt er dabei nicht vielleicht Wahrheit und Lüge? Man darf ihm auf keinen Fall trauen.«
»Immerhin hat er dir gegenüber zugegeben, dass er sich mit Udja getroffen hatte«, gab der Priester zu bedenken.
»Vielleicht gehört das aber nur zu einem ausgeklügelten Plan?«, meinte Kel. »Menk, der Mann für niedere Dienste, tut so, als gehorche er den Befehlen des königlichen Siegelbewahrers und unterwerfe sich seiner Macht, um Nitis schützen zu können.«
»Warum sollte man an so viel Falschheit glauben?«
»Weil so viele Morde begangen wurden.«
»Und du giltst als der einzige Mörder«, sagte Wahibra.
»Was mit deinem Freund Demos ist, scheint niemand zu kümmern. Mag sein, dass er dein Helfershelfer ist, aber er ist nicht der Täter. Richter Gems Meinung steht fest: Man wird dich bald festnehmen, und dann wirst du die Hintergründe dieses Verbrechens enthüllen.«
Kel war verzweifelt.
Mit wenigen Worten hatte der Hohepriester die Lage gerade äußerst treffend geschildert. Und ihm blieb keine Möglichkeit, diesem Schicksal zu entkommen.
Wahibra legte dem jungen Mann seine mächtige Hand auf die Schulter.
»Sei nicht so hoffnungslos, ich glaube an deine Unschuld.«
Nitis' Lächeln tröstete ihn auch ein wenig.
»Der Hohepriester und ich wissen, dass die wahren Urheber dieser Morde Euch zum Sündenbock bestimmt haben. Und wir sind und bleiben entschlossen, sie zu finden.«
»Mein Freund Pef konnte mir auch nicht viel helfen«, bedauerte Wahibra. »Angeblich hatte man ihn nicht unterrichtet, und der Herr über den Geheimdienst hätte sich auch noch ausdrücklich geweigert, dies zu tun.«
»Ist es denkbar, dass man so mit dem Minister umgeht?«, fragte Nitis erstaunt.
»Bisher hat mich Pef jedenfalls noch nicht ein Mal belogen.«
»Seid Ihr sicher, dass er nicht etwa sein eigenes Spiel spielt?«, fragte Kel.
»Er ist Maats Gesetz verpflichtet und hat noch nie etwas Schlechtes getan.«
»Nun gut, aber er führt die Befehle des Königs aus.«
»Das ist richtig, aber dabei bleibt er hellsichtig und zieht in Erwägung, dass die Tat von nach Ägypten eingeschleusten persischen Spitzeln stammt, die uns in den Beziehungen zu den Nachbarländern blind und taub machen wollen. Seiner Meinung nach versucht Kambyses, seinen Einflussbereich zu vergrößern, ohne Ägypten anzugreifen. Sein Ziel soll Palästina sein. Weil Amasis auf keinen Fall einen neuen Krieg will, wird er nicht eingreifen.«
»Warum hat er mich zu dem Festmahl eingeladen?«
»Diese Frage scheint geklärt zu sein«, sagte der Hohepriester. »Für gewöhnlich bereitet Pefs Verwalter eine Gästeliste
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